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Betrug fällt erst nach sieben Jahren auf

Mehr als 17 000 Euro hat ein Freitaler vom Staat ergaunert. Er bekam Hartz IV, obwohl er einen Job hatte.

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© Symbolbild: dpa

Von Andrea Schawe

Sven D.s Fall sorgte gestern für reichlich Verwunderung im Amtsgericht Dippoldiswalde. Sowohl Richterin Daniela Höllrich-Wirth als auch Staatsanwalt und Verteidiger fragten sich: Wie konnte das so lange funktionieren? Warum hat das keiner gemerkt? „Ihr Fall fällt völlig aus dem Rahmen“, sagte der Staatsanwalt.

Sven D. hat über sieben Jahre Hartz IV bezogen, obwohl er einen Job hatte. Seit April 2005 beantragte der 38-Jährige alle sechs Monate neue Sozialleistungen und belog das Jobcenter. „Ich gebe das zu, es tut mir leid“, sagte der Freitaler, der wegen gewerbsmäßigen Betrugs angeklagt war. „Es war ein großer Fehler.“ D. hätte schon im Januar 2006 angeben müssen, dass er in einem Kaufland-Supermarkt arbeitet und dort monatlich etwa 500 Euro verdient – doch er verschwieg das Einkommen. Das Jobcenter überwies insgesamt 17 697 Euro an ihn – bis der Betrug 2012 auffiel.

„Es ist mir nicht klar, wie es sein kann, dass das nicht festgestellt wurde“, sagte eine Sachbearbeiterin des Jobcenters Sächsische Schweiz-Osterzgebirge als Zeugin. Eigentlich wird in der Arbeitsagentur alle drei Monate ein Datenabgleich mit Sozial- und Rentenversicherung gemacht. „Ich kann nicht sagen, ob der Arbeitgeber das nicht gemeldet hat oder die Datenabgleiche einfach nicht beachtet wurden.“ Sven D. sei immer zu den Terminen gekommen und habe gesagt, dass er Bewerbungsgespräche hatte. Von seinem unbefristeten Job erzählte er nichts. „Er hat jedes Mal gelogen“, sagte die Zeugin.

Weil der Betrug niemandem auffiel, ist ein Teil der Forderung mittlerweile verjährt. Angeklagt ist D. nur wegen der Fälle von 2008 bis 2012 – insgesamt 12 700 Euro. „Ich habe das einfach so laufen lassen“, sagte der gelernte Bürokaufmann. „Von 500 Euro kann keiner leben.“ Für den Staatsanwalt ist das unverständlich. „Sie sind intelligent und wollen arbeiten“, sagte er. „Aber sie haben die Nerven und setzen sich ins Jobcenter und lügen.“ Er forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung.

Richterin Daniela Höllrich-Wirth verurteilte Sven D. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die sie zur Bewährung aussetzte. „Sie haben eigentlich von Anfang an betrogen“, sagte sie. Trotz des Geständnisses des Angeklagten sei das wegen des langen Zeitraums und der hohen Summe ein schwerer Fall von gewerbsmäßigem Betrug. „Wenn man einmal angefangen hat, wird es wohl schwierig, aufzuhören“, sagte die Richterin. „Was wäre gewesen, wenn das nicht aufgeflogen wäre?“

Sven D. muss außerdem monatlich 100 Euro an das Jobcenter zahlen, um die Schulden abzubauen. „Sie dachten, man kann so nicht leben“, sagte Höllrich-Wirth. „Sich dann aber auf Kosten der Gesellschaft zu bereichern, ist natürlich unschön.“