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Betreten erlaubt!

Normalerweise mögen es Bauern nicht so sehr, wenn Fremde über ihre bestellten Felder laufen. Bei Techritz gibt’s eine Ausnahme.

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© Uwe Soeder

Von Madeleine Siegl-Mickisch

Techritz. Der Mais ist schon ziemlich trocken, einige Halme sind abgeknickt. Markus Gallasch schaut mit kritischem Blick auf die übermannshohen Stängel. Richtige Freude will dabei nicht aufkommen. Aber hier steht ja ausnahmsweise nicht der Ertrag im Vordergrund. Hier – auf dem Feld zwischen Techritz und der Neukircher Straße – hat die Agrargenossenschaft Gnaschwitz in diesem Jahr etwas in der Region Einmaliges geschaffen: ein Mais-Labyrinth, in dem sich jeder kostenlos verirren darf.

Die Kuh im Maisfeld sieht man so freilich nur von oben.
Die Kuh im Maisfeld sieht man so freilich nur von oben. © PR

Bisher hat sich wohl auch jeder wieder herausgefunden. Markus Gallasch sind zumindest keine Hilferufe bekannt geworden, vielmehr Besucher-Bemerkungen wie „Es hat Spaß gemacht“. Das freut den jungen Mann, der seit einem knappen Jahr Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft Gnaschwitz ist. Zusammen mit Pflanzenbau-Chef Robert Hänsgen hat er im Frühjahr die Idee und das Motiv für das besondere Mais-Labyrinth entwickelt. „Wir wollten unseren Besuchern einfach eine zusätzliche Attraktion bieten“, sagt der 33-Jährige. Und so wurde der Mais an dieser Stelle zunächst doppelt gedrillt, das heißt dichter ausgesät, als es üblich ist – weswegen die einzelnen Pflanzen nun nicht so prächtig stehen wie anderenorts. Doch da man später ja nicht so einfach durchs Labyrinth durchschauen sollte, gingen die Landwirte hier den Kompromiss ein. Mit einem Rasentraktor fuhr Robert Hänsgen zusammen mit einem Mitarbeiter dann die Labyrinth-Wege in den noch jungen Bestand. Die bilden aber nicht einfach ein Wirrwarr zum Verirren, sondern – was nur aus der Luft zu sehen ist – das Motiv einer Kuh.

Den Anwohnern Danke sagen

Das hat seinen besonderen Grund. Denn gegenüber steht der moderne Kuhstall, und daneben kann sich jeder am Automaten von früh bis abends frische Milch zapfen. Die Milchtankstelle werde – wie auch die vor wenigen Wochen in Bautzen beim Eisdealer und bei Edeka am Husarenhof aufgestellten Automaten – gut angenommen, sagt Markus Gallasch. Oft stehen Autos auf dem Parkplatz am Stall, auch Eltern oder Großeltern mit Kindern kommen Milch holen – und können nun eben noch einen Abstecher ins Maisfeld machen. „Und wir wollen mit dieser kleinen Geste auch den Anwohnern Danke sagen für ihr Verständnis“, so Markus Gallasch, der in einer Familie groß geworden ist, die seit Generationen Landwirtschaft betreibt. Nach seinem Agrarökonomie-Studium absolvierte er berufliche Stationen in einem Institut in Göttingen und in zwei landwirtschaftlichen Betrieben im Raum Meißen. „Unsere Arbeit ist manchmal eben auch mit Staub, Krach und unangenehmem Geruch verbunden“, sagt er. Vor allem wenn Gülle auf die Felder gefahren wird, sorge das mitunter für Ärger bei Anliegern. „Aber es gibt nur recht wenige Tage im Jahr, an denen wir das tun können.“ Da sei man darauf angewiesen, dass Anlieger auch mal in Kauf nehmen, wenn es riecht.

Zwei Wochen Zeit

Um dafür eine gute Basis zu schaffen, suchen die Gnaschwitzer Landwirte immer wieder mal Gelegenheit, „ungezwungen ins Gespräch zu kommen“, wie es Markus Gallasch nennt. Der Bauernball, der im Winter erstmals auf dem Stützpunkt in Gnaschwitz stattfand, war so ein Versuch, der auf gute Resonanz stieß und deshalb wiederholt werden soll. Die nächste Gelegenheit zum Umschauen und Fragenstellen haben Besucher schon an diesem Sonnabend. Dann ist Hoffest mit vielen Angeboten – unter anderem Technikschau, drei Führungen durch den Kuhstall und Erntedankfest am Abend, „denn wir haben allen Grund, für die gut ausgefallene Ernte zu danken“, so Markus Gallasch.

Auch durchs Maislabyrinth können die Besucher noch mal laufen. Viel Zeit ist allerdings nicht mehr, etwa zwei Wochen noch, schätzt Gallasch, dann wird es plattgemacht. Der Mais wird geerntet und landet auf kurzem Weg als Futter drüben bei den Kühen. Aber im nächsten Jahr gibt’s höchstwahrscheinlich wieder die Gelegenheit, sich im Mais zu verirren.

Hoffest am Sonnabend ab 10 Uhr auf dem Stützpunkt in Gnaschwitz, Hauptstraße 30, mit zahlreichen Ständen, Ochse am Spieß, alter und neuer Technik, Stroh- und Hüpfburg, Offroadstrecke zum Testen von SUVs; Führungen durch den Stall bei Techritz um 11, 13 und 15 Uhr.