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Beten und Fasten in Zittau

Am Montag beginnt Ramadan. Auch in Deutschland können viele Muslime dessen Regeln ohne Probleme leben, wie Beispiele aus Löbau-Zittau zeigen.

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© Bernd Gärtner

Von Jan Lange

Tagsüber nichts essen und trinken und nicht rauchen – das alles kommt in den nächsten vier Wochen auf Flamur Rama und seine Familie zu. Es ist Ramadan. Und der Fastenmonat schreibt Muslimen den Verzicht von bestimmten Tätigkeiten wie Essen und Rauchen vor – zumindest so lange, bis die Sonne untergegangen ist. Für den Kosovaren ist das Fasten doppelt schwer, er arbeitet tagsüber im Döner-Imbiss auf der Ludwigstraße in Zittau. Der stämmige junge Mann teilt Essen aus, ohne selbst etwas zu sich nehmen zu können. Der Hunger sei aber weniger das Problem, meint Flamur. Die durch die Grillspieße entstehende Hitze und der so aufkommende Durst seien belastender. Auch die Zigarette zwischendurch wird ihm fehlen. Flamur Rama sitzt allzu gern in den Zeiten, in denen gerade kein Kunde einen Döner oder Dürüm bestellt, auf dem weißen Stuhl vor dem Imbiss und zieht an einem Glimmstängel.

Seit sechs Monaten in Deutschland: Familie Awada aus dem Libanon feiert das Fest des Fastenbrechens zum Abschluss des Ramadans diesmal nur in kleinem Kreis.
Seit sechs Monaten in Deutschland: Familie Awada aus dem Libanon feiert das Fest des Fastenbrechens zum Abschluss des Ramadans diesmal nur in kleinem Kreis. © Jan Lange

Und so weiß der Kosovare noch nicht, ob er die vier Fastenwochen bis zum 5. Juli durchhalten wird. Am heutigen Montag, dem ersten Tag des Ramadan, will er sich aber auf jeden Fall daran halten. „Ob es die restlichen Tage klappt oder nicht weiß nur Gott“, meint der aus einer überwiegend muslimisch geprägten Region des Kosovo stammende Mann. Im Vorjahr hatte er das Fasten nicht bis zum Ende durchgehalten.

Bestraft worden ist er dafür nicht. Flamur lebt seit mehr als fünf Jahren in Deutschland. In religiösen Ländern wie Saudi-Arabien und Marokko wurden schon Muslime, die sich nicht an die Fastenpflicht hielten, bestraft. Hierzulande droht das keinem muslimischen Mitbürger. Sie können die Regeln des Ramadan nach eigenem Empfinden befolgen oder nicht. Egal, ob sie Flüchtling, Student oder ein seit vielen Jahren in Deutschland lebender Muslim sind.

Auch in den Asylbewerberheimen können Muslime fasten und beten. Als Betreiber der Flüchtlingsunterkunft nehme man Rücksicht auf die religiösen Feiertage der Bewohner, betont Frank Schütze von der Asyl-Betreuung- und Beherbergungsgesellschaft (ABUB). „Da wir seit mehr als 20 Jahren Flüchtlingsunterkünfte betreiben, sind uns die Besonderheiten der verschiedenen Religionen weitestgehend bekannt“, sagt der Leiter für Öffentlichkeitsarbeit. Die ABUB sei darauf vorbereitet und gestalte das Leben im Heim entsprechend.

Bei den dezentral untergebrachten Asylbewerbern sieht das teilweise anders aus. Vielen deutschen Nachbarn sind die Regeln des Ramadan unbekannt, wenn nicht gar fremd. Dass es dennoch zu keinen Problemen kommt, darauf wirken die Betreuer hin. So hat das Deutsche Rote Kreuz in Zittau die Nachbarn darüber informiert, dass am Montag der muslimische Fastenmonat beginnt. Gleichzeitig wurden auch die Flüchtlinge selbst darauf hingewiesen, dass die anderen Bewohner im Haus nicht belästigt oder gestört werden dürfen. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es keine großen Probleme gab, sagt DRK-Mitarbeiterin Sabine Ridder.

Gleiches vermeldet Kerstin Groß vom Löbauer DRK: „Bisher gab es keine gravierenden Schwierigkeiten im Zusammenleben bei dezentraler Unterbringung.“ Die muslimischen Flüchtlinge seien darauf hingewiesen worden, dass die Nachtruhe trotz Ramadan eingehalten werden muss. Denn nachdem die Sonne untergegangen ist, dürfen Muslime essen und trinken.

Der Fastenkalender von Familie Awada zeigt, dass sie von früh Viertel vier bis kurz vor halb zehn am Abend keine Speisen und Getränke zu sich nehmen dürfen. Die sechsköpfige Familie aus dem Libanon, die im Internationalen Begegnungszentrum (IBZ) St. Marienthal wohnt, nimmt die Regeln des Ramadans sehr ernst. Damit sie aber nicht erst abends nach neun mit Kochen beginnen, werden die Speisen bereits ab halb acht vorbereitet. Auch beim traditionellen Fest des Fastenbrechens werden sie reichlich kochen. Dennoch fällt das Fest diesmal kleiner aus als in den Vorjahren, als mit allen Tanten, Onkel und Cousins gefeiert wurde. Diesmal bleibt die Familie unter sich. Vielleicht wird ja die Nachbarin mit eingeladen, zu der die Libanesen ein sehr familiäres Verhältnis haben.

Dass in den Zittauer Flüchtlingsunterkünften während des Ramadans bis in die Nacht hinein gekocht wird, sieht Frank Schütze nicht als Problem. „Da unsere Einrichtungen über separate Küchen verfügen und stets zur freien Benutzung geöffnet sind, funktioniert das reibungslos“, erklärt der ABUB-Mitarbeiter. Für das Gebet – Muslime sollen fünfmal täglich beten – findet sich ebenfalls eine Möglichkeit. Die Asylbewerberunterkünfte verfügen über einen Gebetsraum, der genutzt werden kann und an dem durch die Heimleitung die jeweiligen Gebetszeiten ausgehangen werden, erklärt Schütze. Auch Sabine Ridder will ihrem muslimischen Kollegen Sayd Modzhiburakhman die Möglichkeit geben, regelmäßig zu beten. Wobei es bei den Gebetszeiten eine gewisse Spanne gebe, meint die DRK-Mitarbeiterin zu wissen. Das ist auch gut, denn bei offiziellen Terminen bei Behörden wird keine Rücksicht auf Ramadan genommen.

Und die Flüchtlingskinder müssen ebenfalls in den nächsten vier Wochen normal zur Schule gehen. An den Inhalten sozialer Betreuung ändert sich während des Fastenmonats nichts, da alle Asylbewerber religionsunabhängig gleich begleitet werden, erklärt Kerstin Groß. Die eine oder andere Minute zu Beten wird Flamur während der Arbeit finden. In einem Hinterraum des Imbisses gibt es die Möglichkeit, zu Allah zu sprechen. Der Kosovare will es bis zum 5. Juli öfter tun, als er es zuletzt getan hat.