Merken

Besucherschwund am Bärwalder See

Trotz Sommerferien ist es unter der Woche still am Bärwalder See. Dabei gab es im vorigen Jahr phänomenale Zahlen.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Schulze

Von Jenny Thümmler

Die Hälfte der Sommerferien ist vorbei, aber große Zufriedenheit herrscht am Bärwalder See noch nicht. Zwar sind die Parkplätze und Strände bei entsprechendem Wetter am Wochenende voll, unter der Woche aber sind wenige Menschen am See unterwegs. Mitten im Sommer, mitten in den Ferien. „Was ist denn bei euch hier los?“, fragen Touristen aus Westdeutschland ungläubig, die an einem Imbiss gerade einen Kaffee bestellen. Totentanz, nennen es Anbieter am See drastisch.

Ist das Wetter schuld? Die Großwetterlage in diesem Sommer ist unschön, immer wieder Regen und Temperaturen wie im Herbst. Sind es die Veränderungen am See? Anders als in den ersten Jahren nach der Flutung dürfen die Kitesurfer seit zwei Jahren nicht aufs Wasser. Am Wochenende Anfang Juli hat die Polizei welche verwarnt, die sich nicht ans Verbot hielten. Gleiches gilt für Jetski und Wasserski. Alles, was Spaß macht, ist verboten, heißt es bitter aus den entsprechenden Kreisen. Bremst die Lage den Besucherandrang? In der Region, im Lausitzer Seenland, entstehen immer mehr Seen zur Freizeitgestaltung, mit immer mehr Attraktionen und Ideen. Die Zahl der Touristen steigt aber nicht wesentlich. Hinzu kommt die Überalterung. Radfahren, Schwimmen und Bootfahren am See gehören nicht zu den ersten Dingen, die gebrechliche Menschen tun wollen. „Seit zwei, drei Jahren ist die Zahl der Besucher am See rückläufig“, schätzt Arndt Gundlach. Er ist seit Langem einer der Aktiven am See, hat vor fünf Jahren seine Segelschule an der Marina Klitten aufgebaut, verleiht Boote und hat den ersten Leuchtturm des Seenlands aufstellen lassen. Er hat sich immer wohl gefühlt am Bärwalder See und bleibt auch optimistisch, wie er sagt. Aber: „Ich möchte einmal wissen, wo Herr Krautz die Zahl von 400 000 Besuchern herhat!“

Eine Schätzung aus dem vergangenen Jahr, teilt Seebeauftragter Roman Krautz mit. „Wir errechnen das unter anderem aus den eingenommenen Parkgebühren und Erfahrungen aus dem Touristeninformationszentrum.“ Große Veranstaltungen wie Festivals brächten gleich mehrere Tausend Besucher an der See. „Und die vielen Radtouristen! Die lassen sich gar nicht zählen, weil sie nicht mit dem Auto kommen.“

400 000 Besucher im Jahr, das wären fast 1 100 pro Tag. Rechnet man vier Monate außerhalb der Saison weg, müssten es sogar mehr als 1 660 Gäste sein – täglich. Im Boxberger Gemeinderat, wo Bürgermeister Achim Junker die Zahl schon im November verkündet hatte, schien niemand über die Höhe zu stolpern. „Das sind ganz klar Schätzungen“, sagt der Bürgermeister heute und nennt ähnliche Kenngrößen wie Roman Krautz. Dazu kämen etliche Einheimische, von denen man wisse, dass sie nahezu jeden Tag an den See kommen. Aber Achim Junker schränkt auch ein: „In diesem Jahr werden es wohl nicht so viele sein. Wir sind noch nicht zufrieden bislang.“ 2015 sei hingegen ein Supersommer gewesen, mit einem sehr guten Ergebnis. Im Jahr davor hätten rund 350 000 Gäste den Bärwalder See besucht.

Zahlen, die den Anbietern am See nicht weiterhelfen. Sie brauchen andere Zahlen – die in der Kasse. Aber genau das wird immer schwieriger. Imbissbetreiber ächzen über weniger Umsätze und Badegäste, die sich ihr Essen und Getränke immer häufiger von zu Hause mitbringen. Auch Jonny Belka, der seit dieser Saison das Marina Camping in Klitten betreibt, reagiert verhalten. „Es läuft noch nicht so richtig gut.“ Ob das Sternencamp auf Boxberger Seite eine zu harte Konkurrenz ist, will er noch nicht einschätzen. Es habe eine ganz andere Ausrichtung.

Arndt Gundlach bekommt bei seinem Bootsverleih immer häufiger Anfragen von Menschen, die sich ein Boot nur für eine halbe, eine Segeljolle nur für eine Stunde ausleihen wollen. Gerade bei Letzterem ist jedoch viel Vorbereitungszeit nötig – so viel, dass Gundlach diese Boote nach etlichen Erfahrungen nur noch für einen ganzen Tag ausleiht. „Ist das nicht traurig, dass sich ein Vater mit seinen zwei Kindern ein Motorboot nicht einmal für eine ganze Stunde leisten kann?“ Das wenige Geld in der Tasche der Menschen, gar die „Verarmung der Region“, wie Gundlach es nennt, ist für ihn einer der Hauptgründe für den Rückgang der Gästezahlen. Was man dagegen tun kann? „Ich weiß es leider nicht.“