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Besuch im Irrenhaus

Das Laienensemble des Naturtheaters Reichenau führte das Stück „Pension Schöller“ auf. Die Besucher waren begeistert

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© Bernd Goldammer

Von Bernd Goldammer

Reichenau. Verrückte Zeitgenossen erleben und sich dabei vergnügen: Der Gutsbesitzer namens Philipp Klapproth (Ingolf Bergmann) reist für dieses Erlebnis extra nach Berlin. Alfred, sein Neffe (Domenic Prater) hatte Zugang als Beobachter in eine Berliner Nervenheilanstalt bekommen. Irre und ihre Umgangsformen wollte der Gutsherr gern einmal aus nächster Nähe beobachten. Zwischen Onkel und Neffen gab es eine Abhängigkeit. Alfred Klapproth hatte seinen reichen Onkel schon mehrmals um eine Finanzspritze gebeten. Er wollte sein eigenes Etablissement gründen. Bisher war der Geizhals unzugänglich. Doch das versprochene Erlebnis – vermeintlich „Irren“ zu begegnen – machte ihn gefügig. Eine größere Summe stellte der Philipp Klapproth in Aussicht.

Alfred hat allerdings ein Problem. Wo befindet sich eine reale Irrenanstalt in Berlin? Und unter welchen Umständen lässt sie ihre Insassen begaffen? Alfred sucht fieberhaft eine Lösung. Sein Freund empfiehlt ihm, dem Onkel die Pension Schöller zu zeigen. Hier sind die Gäste als höchst exzentrisch bekannt.

Perfektes Verwirrspiel beginnt

Als der Gutsbesitzer ankommt, ist er begeistert. Mit großer Fantasie erzählt er Josephine Zillertal (Kathleen Kunath) von seinen Weltreisen. Sogar auf die Speisekarte der Kannibalen habe er es geschafft. Das kommt gut an. Er wird die Schriftstellerin nicht mehr los. Für Klapproth ist klar. Hier muss jeder ein Verrückter sein. Der elitäre Kreis ahnt davon nichts. Ein Verwirrspiel beginnt. Eigentlich das perfekte Psychiatrieabenteuer. Allerdings ohne dass je Diagnosen gestellt worden wären. Eigenheiten dieser Art wurden damals zwar als exzentrisch gesehen, doch man kam damit klar. Solange Geld fließt ist alles normal.

Die Schauspieler der Naturbühne haben die Rollen dieses Lustspieles, das 1890 von Wilhelm Jacoby und Carl Laufs in Berlin uraufgeführt wurde, sehr gut ausgefüllt. Kurz nach den ersten Szenen gab es das große Lachen unter dem Nachthimmel von Reichenau. Besonders Gutsherr Philipp Klapproth amüsierte das Publikum. Denn der begegnet einigen schillernden Gestalten. So dem durchgeknallten Major von Mühlen. Ihn fordert Onkel Klapproth mehrmals zum Duell, weil er sich beleidigt fühlt. Nur eine schnelle Abreise verhindert das Schlimmste.

Nächste Aufführung am 17. Juni

Doch die Geschichte hat sich längst verselbstständigt. Als der Gutsherr auf seinen Landsitz zurückgekehrt ist, fahren dort die Kutschen der vermeintlichen „Geisteskranken“ vor. Er versucht sie einzusperren und von Pensionsbetreiber Schöller - den er ja für den Anstaltsarzt hält - in Zwangsjacken abholen zu lassen. Die Geschichte begeistert immer wieder. Das die Reichenauer Schauspieler am Ende von den Theaterbesuchern gefeiert wurden hat mit ihrer witzigen Spielfreude zu tun. Premiere gut alles Gut. Wer die Premiere am Sonnabend verpasst hat, dem sei gesagt: Am 17. Juni geht es hier weiter.