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Berufsfachschule vor dem Aus

Der Kreistagsbeschluss zur Krankenhausakademie in Görlitz ist das Todesurteil. Zittau hat das Nachsehen.

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© Rafael Sampedro

Von Mario Heinke

Zittau. Ab September 2018 bleibt das Gebäude der Medizinischen Berufsfachschule in der Schillerstraße dunkel. Die Zittauer Bildungsgesellschaft bildet dort im Auftrag des Klinikums Oberlausitzer Bergland bislang 60 Gesundheits- und Krankenpfleger, früher Krankenschwester genannt, sowie elf Krankenpflegehelfer aus. Die Zahl der Bewerber ist zurückgegangen, die Klassen werden nicht mehr voll. Deshalb bemüht sich der Landkreis seit 2014, die Ausbildung in Görlitz zu zentralisieren.

Die medizinische Ausbildung am Klinikum Görlitz mit seiner Funktion als Schwerpunktversorger soll neue Bewerber locken, verhindern das Interessenten zur Ausbildung nach Dresden abwandern und dem drohenden Pflegenotstand entgegenwirken. Der Kreistag hat deshalb mehrheitlich der Gründung eines Ausbildungsverbundes zugestimmt. In der neuen Krankenhausakademie des Landkreises sollen an der bestehenden Berufsschule in Görlitz künftig die Auszubildenden des Städtischen Klinikums Görlitz, des Carolus-Krankenhauses Görlitz, des Klinikums Oberlausitzer Bergland, des Kreiskrankenhauses Weißwasser, des Martin-Ulbricht-Hauses Rothenburg und des Sächsischen Fachkrankenhauses Großschweidnitz ausgebildet werden.

Bisher bildete die Medizinische Berufsfachschule Zittau die Fachkräfte für das Klinikum in Zittau und Ebersbach aus, bis 2013 auch noch für das Krankenhaus Großschweidnitz. Die fünf in Zittau beschäftigten Lehrkräfte sollen in die neue Akademie überführt werden, sagt Schulleiter Thomas Zerbe. Er leitet die Schule in Zittau seit fünf Jahren und wird am 31. August 2018 das Licht ausmachen. Er macht auch die seit 2014 geführte Diskussion um den künftigen Standort und die dadurch entstandene Unsicherheit für die zurückgegangene Zahl der Bewerber verantwortlich. Zerbe hat da wohl nicht ganz unrecht, denn die Auszubildenden, die 2016 und 2017 ihre Ausbildung in Zittau begonnen haben, werden diese nun in Görlitz zu Ende führen müssen. „Wieder wird Zittau durch den Abzug einer Einrichtung geschwächt“, erklärt der Zittauer Kreisrat Jens Hentschel-Thöricht (Linke), der gegen den Beschluss stimmte. Er bezweifelt, dass ein neuer Bildungsträger an der Bewerbersituation etwas ändert und kritisiert, dass die kreiseigene Gesellschaft ZiBi zugunsten einer externen Gesellschaft geschwächt wird, auf die der Kreis keinen unmittelbaren Einfluss mehr habe.

Ähnlich hatte sich Ernst Lieb, Geschäftsführer der MBN Maschinenbaubetriebe Neugersdorf und Vorsitzender des Firmenausbildungsrings Oberland in einem SZ-Interview im August geäußert. Die Konzentrationsbestrebungen des Landkreises zerstören die Infrastruktur im ländlichen Raum, sagte Lieb damals. Als Vertreter des Schulträger-Gesellschafters forderte er vom Landkreis eine Ersatzlösung, wenn die Schule in Zittau nicht bleiben kann. 25 Jahre nach ihrer Gründung verliert die Zittauer Bildungsgesellschaft, die auch das Bildungszentrum Neugersdorf betreibt, ein wichtiges Standbein und rund 20 Prozent des Umsatzes. Bisher gebe es noch keine alternativen Angebote vom Kreis, sagt ZiBi-Geschäftsführer Winfried Scholze und fügt hinzu: „Wo sollen die auch herkommen?“

Thomas Zenker (Zkm), Kreisrat der Freien Wähler und Oberbürgermeister von Zittau, enthielt sich der Stimme. Er sehe sich nicht als Lobbyist Zittaus, sondern diskutiere als Kreisrat Entscheidungen mit den Fachleuten. „Im vorliegenden Fall haben sich alle Kliniken im Kreis nicht nur zum Ausbildungsverbund bekannt, sondern dessen Gründung vorangetrieben“, so Zenker. Als OB kritisiere er, dass die ZiBi aus der Entwicklung eines neuen Modells der medizinischen Berufsausbildung offensichtlich bewusst herausgehalten wurde. Die vom Kreis formulierten Vorschläge, den Umsatzverlust der ZiBi durch Projekte auszugleichen, hat Zenker bereits in der Stadtratssitzung als nicht im Ansatz ausreichend bezeichnet.