Merken

Bergbauverein in der Warteschleife

In Glashütte gibt es viele Schächte und Stollen. Deren Erforschung liegt gegenwärtig auf Eis. Das soll sich ändern.

Teilen
Folgen
© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte. Axel Rüthrich kommt gern nach Glashütte. Und das liegt nicht an den schönen Uhren, die hier produziert werden, sondern an der Bergbaugeschichte der Stadt. Diese sei etwas ganz besonders, sagt der 42-Jährige, der als Industriearchäologe an der TU Bergakademie Freiberg arbeitet und sich intensiv mit dem Glashütter Bergbau beschäftigt hat. Dieser hatte seine Blüte zwischen 1500 und 1545. Im Vergleich zu anderen Regionen wie in Annaberg oder Freiberg kam er schon sehr zeitig zum Erliegen. Aus Sicht der Forschung sei das interessant. Denn so blieb die im 16. Jahrhundert geschaffene Bergbaulandschaft weitgehend erhalten. Entstanden ist ein spannendes Forschungsgebiet.

Auch ein alter Topf aus dem 16. Jahrhundert wurde entdeckt. Dieser wurde wahrscheinlich zum Wasserschöpfen genutzt, sagt Axel Rüthrich.
Auch ein alter Topf aus dem 16. Jahrhundert wurde entdeckt. Dieser wurde wahrscheinlich zum Wasserschöpfen genutzt, sagt Axel Rüthrich. © Axel Rüthrich
Unter Tage entdeckte der Verein – im Bild Vereinsmitglied Claudia Rüthrich – in einem 1749 angelegten Schacht die Inschrift IESU, die für Jesus steht.
Unter Tage entdeckte der Verein – im Bild Vereinsmitglied Claudia Rüthrich – in einem 1749 angelegten Schacht die Inschrift IESU, die für Jesus steht. © Axel Rüthrich
Vor etwa 15 Jahren hat der Bergbauverein diese Kaue auf den Hirtenwiesen errichtet.
Vor etwa 15 Jahren hat der Bergbauverein diese Kaue auf den Hirtenwiesen errichtet. © Egbert Kamprath

Dass viele der Schächte und Stollen auf dem Gebiet der Hirtenwiesen – einer Garten- und Waldlandschaft oberhalb der Glashütter Grundschule – wieder zugänglich sind, ist ein Verdienst des von Thomas Witzke geführten Fördervereins für den Bergbau im Osterzgebirge, sagt Rüthrich, der diesen oft unterstützte und vor drei Jahren dessen Mitglied wurde. Mit den anderen Vereinsmitgliedern legte er in den letzten Jahren vieles frei und ermöglichte den Zugang zu den unterirdischen Gängen.

Vereinsarbeit gestoppt

Doch seit zwei Jahren ruhen die Arbeiten im Bergbauverein, sagt Rüthrich. „Wir hatten dem Verein weitere Arbeiten unter Tage untersagen müssen“, erklärt Bürgermeister Markus Dreßler (CDU). Grund waren Hinweise aus einer Gartensparte. Diese ist zum Teil auch auf dem Gebiet der in städtischer Hand befindlichen Hirtenwiese tätig. Der Bergbauverein habe hier Grabungen vorgenommen, die einigen Anliegern Sorgen bereiteten, sagt Dreßler. Zudem errichtete der Verein in einem Garten ein Dach über einem rekonstruierten Mundloch. Doch dafür habe es keinen Bauantrag gegeben. Deshalb musste der Verein das Dach wieder abtragen.

Da die Stadt die Arbeit des Bergbauvereins selbst nicht bewerten konnte, bat sie das Oberbergamt in Freiberg um Hilfe. Die gab es. Das Oberbergamt hat sich mit dem Bergbauverein und der Stadt zu Gesprächen getroffen, „in denen wir gemeinsam Lösungen zur planmäßigen und sachbezogenen Fortführung der Arbeiten des Bergbauvereins aufgezeigt haben“, sagt Oberberghauptmann Bernhard Cramer.

Stadt und Verein sollen demnach eine Studie erarbeiten, in der aufgezeigt werden soll, wie die stillgelegten Anlagen als Sachzeugen des regionalen Bergbaus in Glashütte genutzt und erhalten werden können. Liegt die Studie vor, werde das Oberbergamt entscheiden, was möglich ist. Für die Stadt soll die Studie die Grundlage sein, um mit dem Verein einen Nutzungsvertrag abzuschließen. In diesem würde die Stadt ihren Beitrag zur Erhaltung der Bergbaulandschaft beschreiben, sagt Dreßler. Noch wartet die Stadt auf die Zusage von Fördermitteln, mit denen diese die Erarbeitung der Studie finanzieren will. Dreßler rechnet damit, dass der Bescheid in den nächsten Wochen eingeht. Auch Rüthrich hofft, dass die Studie so schnell wie möglich erarbeitet werden kann, damit der Verein eine Grundlage für die weitere Arbeit hat.

Ideen, wie die Hirtenwiesen für Besucher attraktiver gemacht werden könnten, gibt es schon. Der Bergbauverein müsse nicht bei null anfangen, sagt der 42-Jährige. Es gibt bereits einen kleinen Lehrpfad durchs Gelände, in dem der Verein in den letzten Jahren sechs Mundlöcher wieder hergestellt hat. Auch eine Kaue, die allerdings auf Vordermann gebracht werden müsste, steht hier. Hinzukommen könnte noch eine Art Schauschmiede und Infotafeln, auf denen die Geschichte des Altbergbaus erzählt werden soll. Und die gibt einiges her, berichtet Rüthrich.

Was viele heute nicht mehr wissen, Glashütte hatte einst das größte Revier im Erzgebirge. 1502 holten die Bergleute 120 Kilogramm Silber aus der Glashütter Erde, 40 Jahre später sogar 374 Kilogramm. Die Stadt wurde reich, bekam Privilegien. Hier durfte geschlachtet, gebraut und Bier ausgeschenkt werden. Nach einem kurzen Aufschwung um 1590 wurde nur noch selten Silber gefunden. Viele Gruben wurden aufgegeben. Und das macht das Besondere in Glashütte aus. Überirdisch blieben aus dieser Zeit nur wenige Akten und Dokumente erhalten. „Schuld hierfür trägt sicher maßgeblich der verheerende Stadtbrand im Jahr 1634“, sagt Rüthrich. Zudem seien die Akten im früheren Glashütter Bergamt so schlecht gelagert worden, dass viele Unterlagen verloren gegangen sind.

Aus diesem Grund sei die weitere Erforschung der Stollen und Schächte wichtig. Forschung lohne sich – denn was viele so nicht wissen: Bergbau gab es in Glashütte noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals mischten auch einige bekannte Uhrenfabrikanten wie Moritz Großmann mit. Großmann war auch Bergbauunternehmer und nahm 1874 als Vorsitzender des Grubenvorstandes die Auflösung der Bergbaugewerkschaft vor. Danach begann dann endgültig das Zeitalter der Uhrenindustrie, die Glashütte bis heute prägt.