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Belgier investieren in Buchholzer Klinkerwerk

Vandersanden will den Standort in Vierkirchen ausbauen. Für das Team vor Ort gibt es weitere gute Nachrichten.

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© Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Von Anja Gail

Blau-rot leuchtet die Fassade am Christ’s College in Guildford. Das ist eine englische Stadt, etwa 65 Kilometer von London entfernt. Mehr als 300 000 Fassadenklinker wurden dafür verbaut. Das dafür zuständige britische Architektenbüro ließ die Klinker auf Wunsch in einer außergewöhnlichen Größe und in dem beschriebenen Farbton produzieren. Nicht in Großbritannien, sondern über 1 200 Kilometer weiter östlich, mitten in der Oberlausitz: im Ziegelwerk bei Buchholz.

Das gehörte, als das College vor zehn Jahren gebaut wurde, zu dem weltweit operierenden irischen Baustoffhersteller CRH. Der hatte das Werk 1998 von der AKA-Ziegelgruppe übernommen. Vor über einem Jahr wiederum verkaufte CRH an die belgische Vandersanden Group.

Werkleiter Michael Gerbert hat die wechselvolle Firmengeschichte von Beginn an miterlebt. Wenige Monate nachdem die Ziegelei 1996 auf der grünen Wiese fertiggestellt worden war, fing er als Ingenieur an und war schon bald als Produktionsleiter im Einsatz. Zehn Jahre später übernahm er die Leitung des Ziegelwerkes von seinem Vorgänger, der sich in den Ruhestand verabschiedete.

Michael Gerbert hat an der Bauhaus-Universität in Weimar studiert, seine Diplomarbeit im Ruhrgebiet geschrieben und anschließend in einer Ziegelei am Bodensee gearbeitet. Der erneute geografische Wechsel des gebürtigen Thüringers geschah aus familiären Gründen. Seine Frau stammt aus Bischofswerda. Die Familie wollte gern in die Oberlausitz zurückkehren und verlegte den Wohnsitz nach Burkau. Da passte der Job im Buchholzer Ziegelwerk. Bis zur Autobahn bei Weißenberg sind es zwei Kilometer, bis nach Burkau eine knappe halbe Stunde Fahrt.

Die Nähe zur Autobahn und zum Markt in Richtung Osteuropa war schon vor über 20 Jahren, als das Werk gebaut wurde, ein wichtiger Punkt bei der Standortentscheidung der damaligen Gesellschafter. Ein weiterer ausschlaggebender Grund kam dazu: der Rohstoff Ton aus dem benachbarten Tagebau zwischen Buchholz und Tetta. Er besitzt besondere Eigenschaften und kann durch eine spezielle Brennweise unter anderem zu Klinkern mit stahlblauer Oberfläche verarbeitet werden, ohne dass dabei färbende Zusatzstoffe zum Einsatz kommen. Solche Vormauerziegel sind zum Beispiel an vielen Fassaden in England zu finden und dort äußerst beliebt. „Der Rohstoff aus Buchholz ist dafür genau richtig“, sagt Michael Gerbert. Dass der Tagebau, aus dem das Ziegelwerk hauptsächlich seinen Ton bezieht, um zwei Abbaufelder erweitert wird, sichert den Rohstoff für die nächsten 30 Jahre.

Diese Aussicht ist für das Werk genauso zukunftsweisend wie die Übernahme durch die Vandersander-Group und die angekündigten Investitionen, sagt der Werkleiter. Der Übergang sei dabei äußert fair und geordnet verlaufen und unter Mitspracherecht der „Buchholzer“. Die Belgier sind das größte Ziegel produzierende Familienunternehmen in Europa. Sie expandieren unter anderem auf dem englischen Markt.

Für die rund 50 Mitarbeiter im Buchholzer Ziegelwerk sei mit der jüngsten Übernahme eine ganz neue Erfahrung verbunden gewesen. Alle waren mit Angehörigen vor wenigen Wochen zu einem großen Familienfest bei Vandersanden eingeladen. Dafür wurden zwei Busse gechartert und die Mitarbeiter waren plötzlich Teil einer internationalen Großfamilie. Das sei ein Stück weit auch Anerkennung für das Team gewesen, sagt Michael Gerbert.

Produktion soll ganzjährig laufen

Vandersanden plane, in die Ziegelwerk Oberlausitz GmbH, wie das Unternehmen jetzt heißt, 1,8 Millionen Euro zu investieren. Das Geld soll in den Bau einer weiteren Produktionshalle auf dem Firmengelände und in Technik fließen. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits. Mit diesem Schritt will das Unternehmen die Produkte künftig veredeln, das Angebot an Oberflächen und Farben der Klinkerziegel erweitern und vor allem ganzjährig produzieren.

Je nach Auftragslage mussten die zwei Öfen in der Vergangenheit zeitweise runtergefahren werden. Das wurde zwar immer auch für eine technische Inspektion und Instandsetzungen der Öfen genutzt. Aber, an sich, so erklärt der Werksleiter, sei das unnötig. Die Produktion wird weiterhin auf Pflasterklinker, die für Plätze, Wege, Straßen und Terrassen verwendet werden und auf die Vormauerziegel für Fassaden ausgerichtet sein. Verklinkerte Häuserwände sind traditionell eher im Norden üblich. Dort sollen sie einen besonderen Schutz vor Wind und Regen bieten. Sie sind lichtbeständig und schmutzabweisend. Neben diesen Eigenschaften spielte heutzutage aber auch der ästhetische Aspekt eine große Rolle, erklärt Michael Gerbert. Glatte Oberflächen weichen zunehmend rustikalen Varianten. Im Werk werden neue Produkte nach den Vorgaben vom Vertrieb entwickelt. Die Herstellung verläuft hochautomatisiert und soll möglichst in großen Mengen erfolgen. Bei besonderen Wünschen, die sich nicht durch eine automatische Anpassung der Maschinen umsetzen lassen, wird auch auf Leiharbeiter zurückgegriffen.

Im Werk sind vor allem Maschinenbediener, Mechaniker, Elektroniker, SPS-Programmierer, Industriekeramiker, Mechatroniker und artverwandte Berufe gefragt. Die Ausbildung von eigenen Fachkräften gestaltet sich zunehmend schwierig. „Wir finden kaum Lehrlinge“, sagt der Werkleiter, weil die Berufe in der Ziegelei nicht so bekannt sind. Die Vorstellungen darüber würden eher in die Richtung gehen, dass die Beschäftigten Ziegel stapeln und im Schmutz arbeiten müssten. Dabei sei an vorderer Stelle Verständnis für Maschinen- und Anlagentechnik gefragt. Es sei auf jeden Fall interessant und lohnenswert für junge Leute, sich zu informieren.

Kontakt: unter 035876 484 0 und im Internet www.akaklinker.de