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Bekommt Welxande Windräder?

Bewohner des Thiendorfer Ortsteiles machen sich Sorgen um die Lebensqualität in ihrem Dörfchen.

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© Fotomontage: Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Thiendorf. Die Windparks, die bei Strauch und in der Rödernschen Heide entstehen sollten, sind Geschichte. Die umstrittenen Areale wurden aus dem Vorentwurf des Landes-Regionalplans gekippt. Gleiches gilt für die ursprünglich vorgesehene Potenzialfläche bei Skassa. Nördlich von Thiendorf allerdings werden die Windenergiepläne weiter verfolgt. In unmittelbarer Nachbarschaft des Gewerbegebietes gelegen, ist hier – nahe der Autobahn – eine Fläche festgelegt, auf der nach wie vor Windräder errichtet werden können. Begründet wird das damit, dass der Eingriff in die Landschaft minimal sei und dass in der Umgebung bereits Industriebauten stünden. So etwa das Werksgelände von Kronospan mit seinem weithin sichtbaren Schornstein oder die Silos der Firma Grafe-Beton. Diese „technogene Vorbelastung“ sowie das Thiendorfer Gewerbegebiet selbst und die Autobahn sollen den Weg für den Bau von Windkraftanlagen ebnen.

Allerdings gibt es eine Reihe von Argumenten, die dagegen sprechen. Würden an der Autobahn tatsächlich bis zu 200 Meter hohe Türme errichtet, lägen sie nur etwa 1000 Meter vom Thiendorfer Ortsteil Welxande entfernt. Darauf machte Anwohner Kai Großmann in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Mittwoch aufmerksam. Welxande gilt als Wohnoase des durch Gewerbe und Verkehr stark belasteten Kern-Ortes. Es liegt gerade noch entfernt genug von Industriegebiet und Autobahn, um nicht von Lärm und Abgasen heimgesucht zu werden. Deshalb ist das Dörfchen bei Häuslebauern sehr beliebt. Die Kommune trug dem Rechnung, indem sie in ihrem Vorentwurf zum Flächennutzungsplan nördlich der bisherigen Bebauung einen Eigenheimstandort auswies. Hier sind in der Perspektive mehr als 50 Bauparzellen vorgesehen. Die Häuser würden dann allerdings quasi im Schatten der Windräder stehen.

Thiendorfs Bürgermeister Dirk Mocker sieht die Sache skeptisch. „Wir haben ja vor zwei Jahren schon einmal eine Stellungnahme zum Regionalplan abgegeben“, erklärt er. „Darin lehnt die Gemeinde Anlagen ab, bei denen das sogenannte 10-H-Kriterium nicht erfüllt ist. Das heißt, das Windrad sollte zehnmal weiter von der Wohnbebauung entfernt sein, als es hoch ist. Bei einem der gängigen 200-Meter-Riesen müsste also ein Abstand von zwei Kilometern eingehalten werden. Dem allerdings will der Planungsverband nicht folgen. Er hat als Ziel einen generellen Abstand von 750 Metern ausgegeben.

Auch wirtschaftlich verspreche sich die Gemeinde von der Windenergienutzung nicht viel, sagt Mocker. Die Anlagen würden meist von Firmen betrieben, die ihren Sitz weit entfernt von deren Standort haben und die deshalb vor Ort keine Gewerbesteuern zahlen. Deshalb will die Kommune die Fläche, um die es geht, lieber industriell weiterentwickeln. Sie hat zumindest einen Teil davon im Flächennutzungsplan-Entwurf als Gewerbestandort ausgewiesen. Windpotenzialflächen sucht man dort vergeblich.

Allerdings befindet sich die Gemeinde in einem rechtlichen Dilemma, weil die kommunalen Vorhaben den landesweiten Planungen nicht zuwiderlaufen dürfen. Und Thiendorfs Flächennutzungsplan ist noch nicht einmal beschlossen, geschweige denn genehmigt.

Aber auch aus Sicht des Naturschutzes gibt es Einwände. Haben sich doch beiderseits der Autobahn in den vergangenen Jahren etliche Seeadler-Brutpaare angesiedelt. Der Planungsverband ist zwar der Auffassung, dass die Windräder nicht zentral zwischen Horstgebieten und Nahrungsgewässern liegen, aber die Greifvögel reagieren auf solche Eingriffe in ihr Revier. Eigentlich sollte mindestens ein Abstand von zehn Kilometern zum nächsten Brutplatz eingehalten werden. Auch vonseiten der Fledermaus-Experten kommen Bedenken. „Die A 13 ist ein bekannter Zugkorridor des Großen Abendseglers ins Elbtal“, erklärt Artenschützer Steffen Pocha. Windkraftanlagen seien gerade für hochfliegende Fledermaus-Arten eine tödliche Falle. Nicht, dass die Tiere stracks in die Rotorblätter fliegen würden – sie sterben durch den Unterdruck, den diese erzeugen. Da an der Autobahn regelmäßig größere Abendseglerschwärme beobachtet werden, so Pocha, sei ein Konflikt zwischen Windkraftnutzung und Naturschutz unausweichlich.