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Beinahe Superstar

Für die Show mit Dieter Bohlen werden neue Talente gesucht. Am Freitag stoppte die TV-Karawane erstmals in Bautzen.

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© Uwe Soeder

Von Miriam Schönbach

Bautzen. Lässig sitzt Martin Michel vor dem Truck mit der großen Aufschrift „Deutschland sucht den Superstar“. Auf seiner Gitarre spielt er ein paar Töne von Udo Jürgens Erfolgsschlager „Aber, bitte mit Sahne.“ Diesen Satz hat er schon häufiger in seinem Café „Goliath“ nur wenige Schritte vom Hauptmarkt entfernt gehört. Doch an diesem Nachmittag müssen die Gäste kurz auf den singenden Wirt verzichten. Stattdessen bekommt er die Nummer 4744 beim Casting zu „Deutschland sucht den Superstar“. „Ich bin einfach losgegangen. Ich habe doch nichts zu verlieren“, sagt der 28- Jährige schmunzelnd.

Impressionen vom DSDS-Casting in Bautzen

Das DSDS-Casting auf dem Bautzener Hauptmarkt.
Das DSDS-Casting auf dem Bautzener Hauptmarkt.
Auch in anderen Städten wird nach Gesangstalenten gesucht.
Auch in anderen Städten wird nach Gesangstalenten gesucht.
Das DSDS-Casting auf dem Hauptmarkt. Auch Martin Michel aus Bautzen versuchte sein Glück.
Das DSDS-Casting auf dem Hauptmarkt. Auch Martin Michel aus Bautzen versuchte sein Glück.
In diesen Vans stellten sich die Bewerber den Talentscouts.
In diesen Vans stellten sich die Bewerber den Talentscouts.
Auch Vicky Kogel aus Bautzen will der nächste Superstar werden.
Auch Vicky Kogel aus Bautzen will der nächste Superstar werden.
Zahlreiche junge Leute strömten am Mittag zum Hauptmarkt.
Zahlreiche junge Leute strömten am Mittag zum Hauptmarkt.
Vor dem Anmeldetisch bildete sich schnell eine kleine Schlange.
Vor dem Anmeldetisch bildete sich schnell eine kleine Schlange.
Inka Marcas-Menz aus Freiberg erhielt sogar eine Einladung zum Casting.
Inka Marcas-Menz aus Freiberg erhielt sogar eine Einladung zum Casting.
Gespannt wartet ein Kandidat auf seinen Auftritt.
Gespannt wartet ein Kandidat auf seinen Auftritt.
Bevor es zum Vorsingen ging, mussten die Bewerber ihre Anmeldung ausfüllen.
Bevor es zum Vorsingen ging, mussten die Bewerber ihre Anmeldung ausfüllen.
Das DSDS-Casting auf dem Bautzener Hauptmarkt.
Das DSDS-Casting auf dem Bautzener Hauptmarkt.
Auch viele Schaulustige versammelten sich auf dem Hauptmarkt.
Auch viele Schaulustige versammelten sich auf dem Hauptmarkt.

Mit ihm und seiner Frau Mandy stehen Dutzende Schaulustige vor dem Bautzener Rathaus. Die meisten sind nur gekommen, um einen Blick auf die Szenerie zu werfen. Die Kandidaten für das DSDS-Casting müssen sich zuerst bei zwei Security-Herren melden. Von dort geht es weiter zu zwei Mitarbeitern der Produktionsfirma Ufashow & Factual. Ihr Chef ist René Krone. Der Aufnahmeleiter ist für den reibungslosen Ablauf zuständig. Seit zehn Jahren arbeitet er für das RTL-Erfolgsformat. Und ein bisschen ist er daran schuld, dass der Tross heute in der Spreestadt haltmacht. „Bautzen stand als Casting-Station schon lange auf meiner Wunschliste“, sagt der gebürtige Löbauer. Noch vor der Wende reiste er in den Westen aus. In Köln fand der gelernte Zimmermann sein neues Glück. „Meine Heimat aber ist die Oberlausitz“, sagt er und verschwindet hinterm Absperrband.

Extra-Einladung für Sängerin aus Freiberg

Dieser Bereich mit zwei fahrbaren Tonstudios im DSDS-blau und einem aufgeblasenen Kuppelzelt ist den Mitarbeitern der Produktionsfirma und den Superstars in spe vorbehalten. Dort wartet gerade Inka Marcas Menz mit der Nummer 33508 auf ihren Auftritt. Die 16-Jährige kommt aus Freiberg im Erzgebirge. Für das Casting gab es für sie extra schulfrei. Unruhig sucht sie immer wieder den Blick ihrer Eltern. Die Mutter flüstert leise: „Toi, toi, toi!“. Vor zwei Jahren beteiligte sich die Neuntklässlerin bereits an einem anderen Casting. Damals war sie noch zu jung. Nun erhielt sie sogar für das Vorsingen in Bautzen eine Extra-Einladung. Das Lied „Memory“ aus dem Musical „Cats“ und „Ave Maria“ hat sie unter anderem vorbereitet.

Mit der CD in der Hand verschwindet das Mädchen im fahrbaren Studio. Dafür huscht nun Martin Michel mit der Gitarre unterm Arm auf einen Platz im Zelt. Er wirkt entspannt, spielt ein bisschen vor sich hin und schiebt sich seinen Strohhut ins Genick. Im Gegensatz zu seiner Vorsängerin ist er ein alter Showhase. Mit zehn Jahren sitzt er das erste Mal am Klavier, später lernt er auch noch Klampfe. „Das macht sich am Lagerfeuer besser“, sagt er schmunzelnd. Die Bautzener aber kennen den gelernten Grafiker aus der Band Wolkenflug und seinem Platz am Piano im Café Goliath in der Großen Brüdergasse.

Tanztraining für den nächsten Versuch

Die gläserne Tür zum Aufnahmestudio öffnet sich. Zwei Musikredakteure reden noch im Herausgehen mit Inka Marcas Menz. Strahlend kommt das zierliche Mädchen auf ihre Eltern zu. Sie schüttelt ihre schwarze Mähne aus dem Gesicht. „Es hat nicht gereicht. Sie sagen, die Stimme sei gut, aber sie hätten Angst, dass Dieter Bohlen mich zerfleischt, weil ich mich kaum bewege“, sagt sie ohne Bitternis. DSDS-Juror Bohlen ist für seine deftigen Sprüche bekannt. Wer will sich da schon vor aller Augen blamieren. Vielleicht aber nimmt sie im kommenden Jahr den nächsten Anlauf. Die Zwischenzeit will sie nutzen. Mit einem Tanzkurs könnte sie es in die nächste Runde schaffen, überlegt Inka laut.

Zum Nachdenken kommt Martin Michel nun nicht mehr. Selbstbewusst steigt er die kleine Treppe zu seinem Vorsingen herauf. Schnell zwinkert er noch seiner Frau zu. Die gläserne Tür schließt sich. Aus der Ferne ist der wippende Fuß zu sehen. Ansonsten gibt das TV-Studio auf Rädern keinen Ton frei. Endlose Minuten vergehen. Dann spukt das Auto den Kandidaten wieder aus. Er strahlt über das ganze Gesicht. Stellt Bautzen etwa einen Kandidaten für „Deutschland sucht den Superstar“?

Martin Michel schüttelt den Kopf. Im „oberen Mittelfeld“ hätten die Redakteure ihn eingeordnet. „Der Funke ist nicht übergesprungen. Aber den Spaß war es wert“, sagt er. Nebenher plauderten die Mitarbeiter der Produktionsfirma mit ihm sogar ein bisschen über Bautzen. Sie seien begeistert von der charmanten Stadt. Möglicherweise kommen sie zum nächsten Staffelcasting ja wieder in die Oberlausitz.

Bis dahin dauert es aber noch eine ganze Zeit: Die Talente aus dem aktuellen Vorsingen können die Zuschauer voraussichtlich Anfang 2016 auf RTL sehen. Martin Michel wird dann wahrscheinlich ganz entspannt in seinem Café stehen oder sein kleines Publikum am Piano begeistern. Jetzt schultert er erst einmal die Gitarre und schlendert davon. Dabei summt er: „Aber bitte mit Sahne.“