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Bei Weltbild-Verlagsgruppe müssen mehr als 650 Mitarbeiter gehen

Zwei Monate nach dem Insolvenzantrag werden harte Einschnitte bei Weltbild bekannt. Mehr als 650 Mitarbeiter sollen in Kürze das Unternehmen verlassen und in eine Auffanggesellschaft wechseln. Auch Filialen werden geschlossen. Wie viele, ist noch unklar.

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© dpa

Augsburg. Bei der existenzbedrohten Verlagsgruppe Weltbild verlieren bis zum Herbst 656 Mitarbeiter ihren Job. Die meisten von ihnen wechseln bereits zum 1. April in eine Auffanggesellschaft. Mit diesem Schritt will Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz die Grundlage für die Rettung des katholischen Unternehmens durch einen Investor schaffen.

Geiwitz informierte am Donnerstag die Mitarbeiter der Konzernzentrale in Augsburg über die geplanten Maßnahmen, die mit der Gewerkschaft in den vergangenen Wochen ausgehandelt wurden. Dieser Tarifvertrag sei „im Rahmen einer Insolvenz einzigartig“, sagte der Augsburger Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck. Die Bedingungen für die Betroffenen seien sehr gut.

Wenn die Mitarbeiter der Bereiche Verwaltung und Logistik das Angebot zum Wechsel in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft annehmen, müssten derzeit keine betriebsbedingten Kündigungen ausgesprochen werden, sagte Geiwitz.

Bei dem Insolvenzantrag im Januar waren laut Verdi noch mehr als 2.200 Mitarbeiter bei der Weltbild-Mutter. Allerdings seien damals noch Saisonkräfte des Weihnachtsgeschäfts dabei gewesen. Zudem haben mittlerweile 240 Männer und Frauen selbst gekündigt. Aktuell sind nach Angaben des Unternehmens noch 1.776 Mitarbeiter bei der Konzernmutter direkt von der Insolvenz betroffen. Verdi rechnet damit, dass künftig nur noch rund 1.000 Beschäftigte übrigbleiben.

Weitere 1.400 Mitarbeiter bangen um Jobs

Bei der Tochter, die in ganz Deutschland etwa 220 Weltbild-Geschäfte betreibt, bangen weitere 1.400 Mitarbeiter um ihre Jobs. Die Filialtochter befindet sich im sogenannten Schutzschirmverfahren, einer Vorstufe eines Insolvenzverfahrens. Geiwitz machte klar, dass mit Schließungen von Buchläden zu rechnen sei. Eine Größenordnung nannte er nicht. Eine Entscheidung werde es frühestens Ende April geben.

Der Insolvenzverwalter bezeichnete es als sinnvoll, an einem Multichannel-Vertrieb mit Online-Handel und Geschäften vor Ort festzuhalten. Er strebe weiterhin eine Gesamtlösung für Weltbild an und plane keine Zerschlagung und somit Veräußerung einzelner Bereiche. „Der Weg bis zum Gelingen einer gesamtheitlichen Sanierung der Verlagsgruppe ist noch hart und der Ausgang des Verfahrens noch nicht gewiss, ich bin jedoch vorsichtig optimistisch“, sagte Geiwitz.

Die Mitarbeiter, die in die Auffanggesellschaft wechseln, sollen bis zu ein Jahr lang 85 Prozent ihrer bisherigen Nettogehälter erhalten. Zudem sollen sie weitergebildet werden, damit sie neue Jobs finden. Laufzeit und Entgelt seien außergewöhnlich hoch, sagte Geiwitz. Dazu soll auch die katholische Kirche beitragen, die bis zu 65 Millionen Euro zur Rettung der Arbeitsplätze zur Verfügung stellen will. Verdi betonte, dass niedrige Lohngruppen bis zu 90 Prozent ihrer Bezüge behielten.

Die kirchlichen Gesellschafter hatten Weltbild den Geldhahn zugedreht und so den Insolvenzantrag der Verlagsgruppe herbeigeführt. Im vergangenen Jahr hatte Weltbild laut Geiwitz etwa 100 Millionen Euro Verlust verbucht. Um das Unternehmen zu retten, sei auch der Einstieg eines Investors notwendig. Bislang seien mehrere unverbindliche Angebote eingegangen. Namen von Interessenten nannte er nicht. Verdi sprach davon, dass es Gespräche mit fünf sehr interessanten potenziellen Käufern gebe. (dpa)