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Bei der Tafel ist Armut Alltag

Hunderte profitieren in Niesky von dem Angebot. Doch die Einrichtung hat selbst Sorgen. Ihre Technik muss erneuert werden.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Mancher kommt erst am Ende des Monats, wenn das Geld knapp wird. Aber viele kommen auch mehrfach in der Woche in die Cottbuser Straße 13 in Niesky, um dort günstig viel Essen für wenig Geld zu erhalten. Insgesamt profitieren gegenwärtig 420 Menschen in und um Niesky von dem Service der Oberlausitzer Tafeln, erzählt der Vorsitzende des Vereins Frank Grübe. Schlangen vor dem Gebäude sind dennoch selten. Denn oft holt einer das Essen für mehrere Bedürftige. Sechs Tage in der Woche gibt es das Angebot. Es nutzen Flüchtlinge und Hartz-IV-Empfänger, aber auch Auszubildende oder Rentner.

Doch mittlerweile ist der Verein, der anderen eine große Hilfe ist, selbst auf Unterstützung angewiesen. Denn die Kühltechnik in der Nieskyer Ausgabestelle ist in die Jahre gekommen. Eigentlich müssten mehrere Geräte ausgewechselt werden, erzählt der Vereinsvorsitzende. „Doch wenn wir nur eines austauschen könnten, dann wären wir schon glücklich“, sagt Frank Grübe. Doch die dafür notwendigen 500 Euro kann der Verein selbst nicht aufbringen. Darum haben der Vorsitzende und seine Stellvertreterin Claudia Kreibisch nun beim Nieskyer Stadtrat angeklopft und im Verwaltungsausschuss die Stadträte um finanzielle Unterstützung gebeten.

Dort sind mehrere Gewählte ob der hohen Nachfrage bei der Tafel überrascht gewesen. „Das hätte ich so nicht erwartet“, staunt zum Beispiel SPD-Stadtrat Harald Prause-Kosubek. Das Engagement der vielen Ehrenamtler bei der Tafel stößt bei ihm und anderen Stadträten auf Anerkennung. „Die Tafel hat ihre Situation sehr gut dargelegt und ich denke, dass es bei den Stadträten eine breite Zustimmung gibt, das zu unterstützen“, sagt er und geht davon aus, dass Niesky die Modernisierung der Kühltechnik auch finanziell unterstützt. Die Große Kreisstadt würde dann dem Beispiel Löbaus folgen, dort habe der Verein schon 500 Euro für ein neues Gerät erhalten, berichtet der Vorsitzende Frank Grübe.

Neben Niesky und Löbau betreibt die Oberlausitzer Tafel außerdem Ausgabestellen in Ebersbach-Neugersdorf, Neusalza-Spremberg und Zittau. In der Stadt im Dreiländereck sei die Nachfrage am größten, so Frank Grübe. Auf den Plätzen folgen Löbau und Niesky. Das ausgegebene Essen sind Lebensmittelspenden von nahezu allen Supermarktketten in der Region sowie von einzelnen Handwerksbetrieben. Je nach Monat verändert sich das Angebot. Wenn etwa Ferien sind, erhält die Tafel mehr Brot und Brötchen von Bäckern. Im Januar sind viele Lebensmittel aus der Weihnachtszeit weitergereicht worden.

Mit dem Obolus, den die Bedürftigen bei der Essensausgabe zahlen, werden die Unkosten der Tafel gedeckt. Viele Lebensmittel müssen gekühlt werden, außerdem braucht es für die Logistik Fahrzeuge und Kraftstoffe. Damit das Angebot in Niesky aufrechterhalten werden kann, sind dort 22 Mitarbeiter im Einsatz, darunter Ehrenamtler und Ein-Euro-Jobber. „Manchmal unterstützen uns aber auch Menschen, die ihre vom Gericht auferlegten Stunden ableisten müssen“, erklärt Frank Grübe. Die Aufgabe der Mitarbeiter sei es, die vorrätigen Lebensmittel so einzuteilen und dann gerecht zu verteilen, dass es für alle lange.

Hat sich denn der Wegfall des Asylbewerberheimes in der Klenke-Straße bei der Tafel in Niesky bemerkbar gemacht? Sicherlich habe das einen Effekt gehabt, antwortet der Vereinsvorsitzende Frank Grübe. Doch bei den Asylbewerbern gebe es ohnehin eine große Fluktuation. Die Essensausgabe an Flüchtlinge sei für die Mitarbeiter der Tafel oft zu Beginn aufgrund der Sprachbarriere eine Herausforderung. Denn in anderen Kulturen ist etwa Schweinefleisch verpönt. Das versuchen die Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Auch verstehe nicht jeder Asylbewerber am Anfang, warum bei der Tafel oft nur bestimmte Lebensmittel vorrätig sind. „Wenn das Modell erst einmal klar ist, dann funktioniert das auch“, sagt Frank Grübe. Er hat beobachtet, dass sich die Flüchtlinge oft so verhalten, wie auch die Deutschen auftreten. Der Neid hält sich in Grenzen. „Wenn es für alle langt und es keinen Unterschied macht, ob man als Erster oder Letzter kommt, dann legt sich das auch“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Ihn freut außerdem, dass bei der Oberlausitzer Tafel in der Vergangenheit immer mehr Privatspenden eingehen. Gerade in der Erntezeit würde viel Obst wie beispielsweise Äpfel gebracht. Das nehmen die Ehrenamtler gerne an, um es weiterzureichen. „Das spricht sich auch in den Gartenanlagen herum“, sagt Frank Grübe.