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Begeisterung und Ernüchterung

Im Kulturhaus Bischofswerda gastierte die als großes Spektakel angekündigte Rockoper. Hunderte Schüler sind begeistert. Aber was lief schief?

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch und Gabriele Nass

Bischofswerda. Immer wieder Szenenapplaus. Die Arme im Publikum gehen hoch, schwingen im Takt der Rockmusik mit. Es gibt pyrotechnische Effekte auf der Bühne, eine lange Zugabe und anschließend Gelegenheit, bei den Hauptdarstellern Autogrammkarten einzuheimsen. Auch so kann Goethes Klassiker Faust ’rüberkommen.

Nach der Vorstellung gaben die Darsteller Autogramme. Besonders gefragt waren Denise Viloehr, die das Gretchen mimte, und Faust-Darsteller Christian Venzke.
Nach der Vorstellung gaben die Darsteller Autogramme. Besonders gefragt waren Denise Viloehr, die das Gretchen mimte, und Faust-Darsteller Christian Venzke. © Ingolf Reinsch

Rund 580 Schüler, die mit ihren Lehrern aus Bischofswerda und aus anderen Schulen zwischen Radeberg und Zittau kamen, erlebten am Freitag im Kulturhaus die zweieinhalbstündige, als Spektakel angekündigte Show von „Faust – die Rockoper“. Das Programm, mit dem die Künstler deutschlandweit auftreten, ist als Schülerveranstaltung konzipiert. Aufgeführt wird Goethes Originaltext, allerdings auf unkonventionelle Art. Liveband, Sänger, Schauspieler und Tänzer waren auf der Bühne zu erleben – und vier junge Tänzerinnen aus der Region, die sich auf einen Aufruf hin meldeten.

Am Ende sind die Schüler in Schiebock begeistert. „Super“ war immer wieder beim Hinausgehen zu hören. „Eine coole Sache. Dass alles live gespielt und gesungen wird, hatte ich gar nicht erwartet“, sagt Neuntklässler Paul aus Kamenz. Am stärksten fand er die Stimme von Mephisto. Hannah gefiel die Gretchen-Darstellerin am besten. Die Schüler bekamen vor dem Besuch eine Einführung in Goethes Drama durch ihre Deutschlehrerin. Im zweiten Schulhalbjahr werden sie sich intensiv mit Faust beschäftigen.

Kulturhausbetrieb nicht in Gefahr

Als so nachhaltig wirksam für den wirtschaftlichen Erfolg des Kulturhauses wie erhofft, lief die Rockoper nicht. Dietrich Schulz – seit einem Jahr Besitzer des Kulturhauses –  hatte die Veranstaltung in einem SZ-Gespräch als Leuchtturm bezeichnet und erklärt, Shows wie diese, die es in Bischofswerda und der Region nie oder sonst nur selten gibt, sollen Aushängeschild werden und dazu beitragen, die Kultur rentabler und das gesamte Projekt Kulturhaus wirtschaftlich zu machen. Schon beim ersten Versuch ging diese Rechnung nun nicht auf. Drei Shows der Rockoper für Schüler und Erwachsene sollte es geben, eine vierte war noch vor wenigen Wochen vom Veranstalter bei guter Nachfrage in Erwägung gezogen worden. Am Ende gab es nur eine Vorstellung für Schüler. „Es wurden zu wenig Karten verkauft“, sagte Dietrich Schulz auf Anfrage. Zu den Hintergründen wollte er sich nicht äußern.

Dass das Interesse hier so viel geringer war als anderswo, wo das Rockoper-Ensemble seit Jahren erfolgreich ein großes Publikum anzieht, dürfte auch am mangelnden Marketing und wenig professionell organisierten Kartenvorverkauf durch den Veranstalter gelegen haben. Seit Monaten standen die Auftrittstermine fest, aber noch im August wurde bei einer Präsentation der Veranstaltung vor Pressevertretern darum gerungen, wie der Ticketverkauf angekurbelt werden kann.

Stadt bot Hilfe an

Die Stadtverwaltung und ihr Oberbürgermeister Holm Große boten Hilfe an. Sie hatten auch Anteil daran, dass das Rockoper-Team überhaupt nach Bischofswerda geholt und die Schülerveranstaltung durch die Kreissparkasse Bautzen unterstützt wurde. Große am Freitag auf Nachfrage: „Es ist schade, dass Dietrich Schulz und das Kulturhaus als Veranstalter die Chance nicht genutzt und für das besondere Event nicht so geworben haben, wie notwendig.“

Bischofswerdas Oberbürgermeister versteht die Unterstützung für das Kulturhaus aus dem Rathaus als Wirtschaftsförderung. Mehrfach sagte er dazu auf Nachfrage, das Engagement der städtischen Wirtschaftsförderung habe zum Ziel, die Immobilie Kulturhaus nachhaltig zu entwickeln und zu verhindern, dass sie eine Ruine wird, was dem Stadtbild und der -entwicklung schade. Was die „Rockoper auf Sparflamme“ für das Unternehmen Kulturhaus wirtschaftlich bedeutet, blieb unklar. Dass die Schiebocker sich Sorgen machen müssen um den Fortbestand des Hauses, ist aber offenbar unbegründet. Nach SZ-Informationen vom Freitag gibt es wohl im Gegenteil vielversprechende Fortschritte im Hinblick auf eine künftige Mehrfachnutzung.