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Begeistert vom Elektroauto

Die Zahl der Ladestationen wächst. Dennoch gibt es noch Lücken. Ein Glashütter hat eine geschlossen – ganz privat.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Glashütte. Mit dem Elektroauto an die Ostsee? Das funktioniert, sagt Mirko Ott. Der Hausdorfer hat es mit seinem Renault Zoe in diesem Sommer ausprobiert. „Es war eine entspannte Reise“, sagt er. Während er auf der Hinfahrt einige längere Stopps eingelegt hatte, um Bekannte zu treffen, wählte er für die Heimfahrt den direkten Weg von Usedom zu seinem Heimatdorf. Elf Stunden habe er gebraucht. Der Zeitfresser war aber nicht das Aufladen, das im besten Fall nur eine halbe Stunde dauert. Es waren vielmehr die Fahrten zu den Ladestationen. Denn zwischen der Küste und Dresden gibt es direkt an der Autobahn keine Stromtankstellen. Meist musste er zwischen 30 und 40 Kilometer bis zur nächsten Ladestation fahren. Und das ärgert den Hausdorfer. Denn so wird es nichts mit der Elektromobilität, in der er die Zukunft sieht. Er wünscht sich, dass die Bundesregierung noch stärker eingreift. Dazu gehört nicht nur der Zuschuss für den Autokauf – gegenwärtig gibt es 4 000 Euro. Es muss auch in das Stromtankstellennetz investiert werden. Das müsste im Interesse der Bundesregierung sein, sagt Ott. Schließlich werde damit die heimische Wirtschaft stärker gefördert, weil der Strom im Unterschied zum Öl in Deutschland produziert werde. Er kann aber auch nicht verstehen, warum sich die Tankstellenbetreiber dagegen sperren, Ladestationen einzurichten. „Klar verdienen die mit Fahrern wie mir nicht das große Geld“, sagt er. Aber immerhin müsste er mindestens eine halbe Stunde stehen. „Ich würde bestimmt einen Kaffee trinken und was Kleines essen.“ So aber fährt er an den Raststätten vorbei.

© Grafik: SZ

Doch nicht nur auf der Autobahn hat das Stromtankstellennetz noch große Lücken – auch in der Region. In Dresden gibt es laut Internetportal www.goingelectric.de gerade mal 40 Ladestationen. Da kann der Kreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, der flächenmäßig fünfmal so groß wie Dresden ist, nicht mithalten, obwohl hier in den letzten Jahren aufgeholt wurde. 2012 gab es nur in Glashütte, Tharandt und Rathen Ladestationen, zwei Jahre später waren es acht. Inzwischen sind es 14. Die meisten werden von der Enso betrieben, andere von Autohäusern.

Exoten unter Stromanbietern

Unter den „Stromtankstellen“ gibt es aber auch Exoten, im Netz als privater Ladepunkt aufgeführt. In Dresden gibt es drei, im Kreis einen. Es ist der von Mirko Ott. Denn der Hausdorfer ist nicht nur einer, der mehr Engagement fordert. Er gehört selbst zu den Förderern der Elektromobilität. Deshalb hat er eine Ladestation eingerichtet, 1 300 Euro hat er dazu investiert. „Wir Elektroautofahrer helfen uns gegenseitig“, sagt Ott. Nach Voranmeldung kann bei ihm jeder sein Fahrzeug aufladen – kostenfrei versteht sich. Sollte er nicht zu Hause sein, dann hilft der Nachbar, der den Schlüssel zur Ladestation hat. Oft wurde seine kleine Tankstelle, noch nicht angesteuert. „Im Jahr kommen im Schnitt zwei vorbei“, sagt Ott. Dass es nicht mehr sind, liegt an der geringen Zahl der Elektroautobesitzer. In der unmittelbaren Umgebung kennt er gerade mal zwei andere Elektroauto-Fahrer. Im Kreis selbst fahren knapp 40 Elektroautos herum, in Dresden sind es 189. Zum Vergleich: Im Kreis sind 137 000 Pkws gemeldet, in Dresden gar 222 500.

Die meisten E-Autos in Dresden werden übrigens von den Mitarbeitern der Drewag gefahren. Und auch die Dresdner Stadtverwaltung ist mit vier Elektro-Pkw sowie einem elektrisch betriebenen Nutzfahrzeug unterwegs. Derzeit läuft das Projekt „Dresden lädt auf“. Mithilfe des Bundesverkehrsministeriums sollen zehn weitere E-Fahrzeuge angeschafft werden. Sie werden Dienstwagen mit Verbrennungsmotor ersetzen. Mirko Ott ist diesen Weg vor zweieinhalb Jahren gegangen – rein zufällig, wie er sagt. Sein damaliger Diesel, ein Renault Megane, war schon zehn Jahre alt und hatte seine besten Tage hinter sich. Warum nicht was Neues, sagte sich der Hausdorfer, der im Außendienst arbeitet und mit seinem Privatauto auch dienstlich im Dresdner Stadtgebiet unterwegs ist.

Bei der Internetrecherche stieß er auf den Renault Zoe. Er kostete damals 23 000 Euro. Weil der Staat 5 000 Euro als Zuschuss gewährte, schien ihm das ein lukratives Angebot. Nun, zweieinhalb Jahre und 55 000 Kilometer später, hat sich das bestätigt. „Ich habe den Kauf nicht bereut“, sagt er. Und das hat nicht nur mit dem Fahrgefühl zu tun. „Das Auto fährt sehr leise. Es liegt sensationell auf der Straße und kann schnell beschleunigen.“ Und es ist sehr preiswert. „Für die ersten Durchsichten habe ich 40 bis 80 Euro gezahlt. Ich musste ja kein Öl wechseln lassen.“ Und auch sonst gibt es im Unterschied zu Benzinern und Dieselfahrzeugen kaum Verschleißteile.

Zweitwagen wurde Erstwagen

Auch das „Tanken“ ist preiswert. Zu Hause klemmt er sein Auto an seine Ladestation, über die auch der Strom fließt, den seine Photovoltaikanlage auf dem Dach produziert. Wenn er Stromtankstellen ansteuert – wie bei seiner Fahrt zur Ostsee –, rechnet er mit 3,50 bis 4 Euro für 100 Kilometer. Dieser Preis müsste eigentlich viele überzeugen, sagt er. Er weiß aber, dass viele Hemmungen haben, sich ein Elektroauto anzuschaffen. Sie haben Angst, stehenzubleiben. Auch Otts Wagen schafft nur zwischen 150 und 180 Kilometer.

Trotzdem lohnt sich der Kauf, sagt er, vor allem für Familien, die eine Garage haben und zwei Autos brauchen. „Eigentlich sollte das Elektroauto unser Zweitauto werden. Inzwischen ist es aber unser Erstauto“, sagt Ott. Er hofft, dass bald mehr die Vorteile des Elektroautos erkennen. Einen Schub gibt es sicher, wenn leistungsfähigere Akkus auf den Markt kommen. Eine Fahrt zur Ostsee dürfte dann unkomplizierter werden.