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Begehrtes Obst vom Straßenrand

Eine Internetseite verweist auf die verschiedenen Standorte. Doch einfach bedienen dürfen sich Naschkatzen nicht.

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© André Braun

Von Maria Fricke

Region Döbeln. Frisches Obst direkt vom Baum. Das geht auch, wenn man keinen eigenen Garten hat. An vielen Straßen und Wegen stehen Obst- oder Nussbäume. Deren Früchte landen im Herbst meist auf dem Asphalt und bilden unschöne Matschpfützen. Wo genau in und um Döbeln solche Bäume zu finden sind, darauf macht die Seite Mundraub.org aufmerksam. Auf dieser können sich Interessierte die Standorte anzeigen lassen, die in der Nähe liegen und frei zugänglich sind, und die von anderen Nutzern der Seite eingetragen wurden. „Mundraub.org ist die größte Plattform für die Entdeckung und Nutzung essbarer Landschaften weltweit. Sie ermöglicht es dir, Fundorte zu kartieren, Aktionen anzulegen und Gruppen zu gründen“, beschreibt das Team die Seite im Internet.

Für die Region Döbeln sind nur vereinzelt Standorte von Bäumen und Sträuchern eingezeichnet. Die Mehrheit der Einträge ist für die Stadt Döbeln und Umgebung. Verwiesen wird zum Beispiel auf Äpfel- und Birnenbäume in Gärtitz. Die Früchte am Holländer Weg seien groß und saftig, schreibt eine Nutzerin auf der Seite. Weitere Äpfel- und Birnenbäume gibt es laut den Einträgen im Bereich Mochau, Brombeeren am oberen Teil der Schulgasse in Ziegra sowie Holunder auf einem Weg zwischen Limmritz und Stockhausen.

Viele bedauern es, dass ein Großteil der Früchte, die am Straßenrand wachsen, verfällt. Doch dürfen die Früchte ohne Weiteres geerntet werden? Gegen das Naschen von einigen einzelnen Äpfeln oder Birnen hat kaum ein Eigentümer etwas einzuwenden, bei größeren Mengen sieht das schon anders aus. „Das ist Diebstahl und kann angezeigt werden“, betont Petra Teichert vom Ostrauer Ordnungsamt. Denn in der Regel gehören die Bäume jemandem, auch wenn sie nicht von einem Zaun umgeben sind. Und demjenigen gehören auch die Früchte, bekräftigt Michael Klöden vom Roßweiner Ordnungsamt.

Wer größere Mengen ernten will, dem raten die Stadt- und Gemeindeverwaltungen dazu, vorher um Erlaubnis beim Eigentümer zu fragen. Um einen Kontakt herzustellen, könnten sich diejenigen mit der Stadt in Verbindung setzen, sagt Michael Klöden. „Oftmals gehören die Bäume am Straßenrand dem Bauern, dem auch das zugehörige Feld gehört“, sagt Thomas Hanns, Dezernent Technischer Bereich der Stadt Döbeln.

Es könne aber auch sein, dass sie zur Straße und damit dem Landratsamt oder dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) gehören. An Staatsstraßen sei in der Regel der Freistaat Eigentümer, sagt Isabel Siebert, Sprecherin des Lasuv. Um von den Obstbäumen an Kreisstraßen ernten zu dürfen, bedarf es laut Kreissprecher André Kaiser grundsätzlich eines formlosen Antrages an das Referat Straßenbetriebsdienst und Kreisstraßenbau.

Mit der Genehmigung werden auch die Auflagen bekannt gegeben, nach denen geerntet werden darf. So sei es untersagt, dass die Ernte kommerziell genutzt werde. Beschädigungen an den Gehölzen sind zu vermeiden. Zudem dürfen die Obstfreunde beim Einholen der Früchte den Straßenverkehr nicht behindern. Kommt es doch dazu, sei dies, so Kaiser, eine Ordnungswidrigkeit, die geahndet werden könne.

Manche Einträge sind veraltet

Manche sind froh, wenn sie Abnehmer für das Obst der kommunalen Bäume finden. „Sonst landet es ja auch nur im Straßengraben“, sagt Petra Teichert aus Ostrau. An der Oschatzer Straße gebe es beispielsweise Obstbäume, die der Gemeinde gehören. Roßwein besitzt zum Beispiel im Bereich Wolfstal Obstbäume. Auch hier sei es in Ordnung, wenn Bürger Früchte in geringem Umfang ernten, sagt Klöden. Selbst die Stadt Döbeln ist offen dafür.

Thomas Hanns bitte jedoch darum, dass beim Sammeln von Beeren oder Blüten beispielsweise keine Äste abgebrochen, keine Flächen zertreten oder verunstaltet werden. In der Vergangenheit habe es in der Stadt Döbeln einige Pachtverträge mit privaten Nutzern gegeben, die das Obst als Futter für die private Kleintierhaltung benötigt oder die Bäume für die private Nutzung gepachtet hatten. „Ob es derzeit noch solche Vereinbarungen gibt, ist mir nicht bekannt“, ergänzt Hanns. Negative Erfahrungen mit Obstdieben hat bisher keine der gefragten Kommunen gemacht.

Auf die Problematik des Eigentums weisen auch die Betreiber der Seite Mundraub.org hin. „Stelle vor dem Eintragen oder Ernten sicher, dass keine Eigentumsrechte verletzt werden“, heißt eine der vier Regeln, die das Team der Internetseite aufgestellt hat. Hingewiesen wird auch auf den behutsamen Umgang mit den Bäumen (Regel zwei).

Dass Obstbäume überhaupt an Straßenrändern stehen, sei oft historisch so gewachsen, sagt André Kaiser. Gepflanzt werden Bäume entlang der Fahrbahnen unter anderem, um eine ökologische Vielfalt herzustellen, ergänzt der Kreissprecher. Laut Lasuv-Sprecherin Siebert seien die Bäume oftmals auch Gestaltungselemente im Umfeld von Verkehrsanlagen. „Obstbäume werden heute nur noch selten an Straßen gepflanzt und wenn, dann im gebührenden Abstand,“ sagt Isabel Siebert. Häufiger seien sie an Wirtschaftswegen anzutreffen. Dort dienten sie nicht nur als Schatten- oder Naschspender für Ausflügler, sondern auch als Nahrung für die Tiere und damit dem Naturschutz.

Bevor sich jemand jedoch nur nach Mundraub.org richtet und Kommunen oder Straßenbaulastträger um Erlaubnis fragt, lohnt sich der Blick vor Ort. Denn manche Einträge liegen bereits mehrere Jahren zurück und sind nicht mehr aktuell. So zum Beispiel der Hinweis auf Apfelquitten auf dem Parkplatz von Kaufland in Döbeln. Denn die gibt es nicht mehr.