Washington/Kairo. Die US-Armee wollte den von der Terrorgruppe Islamischer Staat entführten und später enthaupteten Amerikaner James Foley und andere Geiseln vor Wochen retten. Doch die geheime Kommandoaktion gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat in Syrien schlug fehl.
Laut „New York Times“ waren etwa zwei Dutzend Elitesoldaten der Spezialeinheit Delta Force daran beteiligt. Es handele sich um die erste von den USA bekanntgegebene Militäraktion in Syrien seit Ausbruch des Bürgerkrieges vor mehr als drei Jahren. Die Extremisten sollen 100 Millionen Dollar (75,4 Millionen Euro) Lösegeld für Foley gefordert haben.
Die Enthauptung des 40-Jährigen hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Die Terroristen hatten ein Video veröffentlicht, das den Tod des seit 2012 in Syrien vermissten Reporters zeigt. US-Präsident Barack Obama verurteilte die Enthauptung Foleys mit scharfen Worten. Die Tat „schockiert das Bewusstsein der gesamten Welt“, sagte er an seinem Urlaubsort Martha’s Vineyard in Massachusetts. Die IS-Terrormilizen strebten einen „Völkermord an einem alten Volk an“, sie hätten „keinerlei Wertschätzung für menschliches Leben“. Die Terroristen hätten „keinen Platz im 21. Jahrhundert“, sagte er.
Chronologie: Gewaltsame Befreiung von Geiseln
Die US-Elitesoldaten waren laut „New York Times“ nachts von Hubschraubern abgesetzt worden und hätten eine Ölraffinerie im Norden des Iraks angegriffen, wo die Geiseln vermutet worden waren. Offenbar seien die Gefangenen nur wenige Stunden zuvor, möglicherweise auch ein oder zwei Tage vor der Aktion, an einen anderen Ort gebracht worden.
Bei der Aktion sei es zu einem kurzen Feuergefecht gekommen, ein US-Soldat habe leichte Verletzungen erlitten. Das Feuergefecht habe lediglich einige Minuten gedauert, ein Hubschrauber sei unter Feuer geraten, doch alle Soldaten seien in Sicherheit gebracht worden, schreibt die Zeitung weiter. Regierungsbeamte gingen davon aus, dass eine nicht genannte Anzahl von Terroristen getötet wurde.
Die Militäraktion hätte ursprünglich nicht bekanntgegeben werden sollen, hieß es weiter. Im Pentagon werde befürchtet, dass durch die Veröffentlichungen weitere derartige Aktionen schwieriger würden.
Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf Vertreter der Familie Foleys sowie auf einen namentlich nicht genannten Mitgefangenen, die Terrormiliz habe 100 Millionen Dollar Lösegeld gefordert. Laut CNN waren es sogar 100 Millionen Euro (132 Millionen Dollar). Präsident Obama habe sich aber geweigert zu zahlen.
Im Gegensatz zu europäischen Staaten lehnen es die USA seit längerem kategorisch ab, Lösegeld zu zahlen. Zur Begründung heißt es, dies wäre ein Anreiz für weitere Geiselnahmen.
Laut „New York Times“ sind Lösegelder aus europäischen Ländern zum Haupteinkommen Al-Kaidas und ihrer Ableger geworden. Sie hätten in den vergangenen fünf Jahren mindestens 125 Millionen Dollar an Lösegeldern eingenommen, ergab eine Studie der Zeitung. Experten und Medien in den USA kommentieren dies zunehmend kritisch.
Nach Angaben von Menschenrechtlern hat die Terrormiliz mindestens 4.000 Gefangene in Syrien in ihrer Gewalt. Darunter seien auch „einige Dutzend Ausländer“, sagte ein Sprecher der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte der dpa. Rund 20 Gefangene seien Amerikaner und Europäer. Die IS-Extremisten hielten sie an verschiedenen Orten in Syrien gefangen, vor allem in Al-Rakka, aber auch in Dair as-Saur oder Aleppo.
US-Kampfflugzeuge flogen am Donnerstag erneut Angriffe auf IS-Kämpfer im Nordirak. Dabei seien südlich des Mossul-Staudamms mindestens 35 Extremisten getötet worden, meldete die irakische Nachrichtenseite Al-Sumaria News. Das US-Zentralkommando in Tampa (Florida) hatte bereits in der Nacht 14 Angriffe auf IS-Kämpfer gemeldet. Dabei seien mehrere Fahrzeuge zerstört oder beschädigt worden.
Für Ende September lud Obama zu einem Terrorismus-Gipfel nach New York ein. An dem Treffen sollen die Staats- und Regierungschef der fünf UN-Vetomächte teilnehmen, sagte Marie Harf, Sprecherin im US-Außenamt, in Washington. Zu den Vetomächten im UN-Sicherheitsrat gehören neben den USA auch Russland, Großbritannien, Frankreich und China.
Der Islamische Staat will ein länderübergreifendes Kalifat mit Irak und Syrien errichten und hat dabei bereits zahlreiche Gräueltaten gegen Zivilisten verübt. Auch Deutschland und Italien wollen deshalb Kurden im Nordirak sowie die irakische Armee mit Waffen beliefern. Zuvor hatten bereits Großbritannien und Frankreich Rüstungslieferungen für den Kampf gegen die IS in Aussicht gestellt. (dpa)