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Bautzen schafft Straßenbaubeiträge ab

Die Mehrheit im Stadtrat stimmt für den Verzicht auf die umstrittene Gebühr. Die SZ sagt, wer trotzdem zahlen muss.

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© Robert Michalk

Von Marleen Hollenbach

Bautzen. Die Entscheidung ist gefallen. Die Stadt Bautzen schafft die Straßenbaubeiträge ab. Anlieger von Kommunalstraßen werden beim Straßenbau nicht mehr zur Kasse gebeten. Dafür stimmte die Mehrheit der Stadträte am Mittwochabend. Der Weg dahin war lang. Seit vielen Jahren wird in der Stadt über die umstrittene Sanierungsabgabe gestritten. Bislang setzen sich stets die Befürworter der Straßenbeiträge durch. Doch eine Wende zeichnete sich im vergangenen Jahr ab. Ein breites Bündnis aus Linken, SPD, Bürgerbündnis, FDP und Pegasus brachte im Oktober überraschend einen Antrag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ein. Und das mit Erfolg.

Was genau hat der Stadtrat jetzt beschlossen?

Um die Straßenbaubeiträge wirklich abschaffen zu können, musste der Stadtrat noch einer Satzung zustimmen, die eben dies regelt. Das ist bei der Sitzung am Mittwoch passiert. Diese sogenannte Aufhebungssatzung wird am 1. Januar 2016 in Kraft treten. Bei der Frage, wer noch den Beitrag zahlen muss und wer nicht, ist nun der Zeitpunkt entscheidend, zu dem die Baumaßnahme fertig wird. Geschieht dies noch in diesem Jahr, dann müssen die Grundstückseigentümer den Beitrag zahlen. Alle nach dem 31. Dezember 2015 fertiggestellten Straßenbaustellen unterliegen demnach keiner Beitragspflicht mehr.

Bekommen Anlieger, die schon bezahlt haben, nun ihr Geld zurück?

Die Stadt Bautzen hat in den Jahren 1994 bis 2013 insgesamt 7,3 Millionen Euro von Anliegern für die Sanierung von Straßen kassiert. Eine Rückzahlung dieser Summe sieht die Satzung allerdings nicht vor.

Was passiert mit den Baumaßnahmen, die bei der Aufhebung teils fertig sind?

Diese Straßen müssen noch zahlen

Dr.- Salvador- Allende Straße

Lützowstraße

Martin-Hoop-Straße (zwischen Paulistraße und Stieberstraße)

Martin-Hoop-Straße (zwischen Stieberstraße und Löhrstraße)

Preuschwitzer Straße (Westtanggente bis Fabrikstraße)

Scharnhorststraße

Ziegelstraße

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Bei diesen Straßen wird noch entschieden

Daimlerstraße

Dr.-E.-Mucke-Straße

Gneisenaustraße

Großwelkaer Straße

Lotzestraße (Rosenstr. bis Tuchmacherstr.)

Lotzestraße (Steinstraße bis Rosenstraße)

Martin-Hoop-Straße (Taucherstraße und Paulistraße)

Neuteichnitzer Straße

Paul-Neck-Straße

Rattwitzer Straße

Rosenstraße

Schmoler Weg

Siemensstraße/Zeppelinstraße

Spittelwiesenweg

Weigangstraße

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Das muss nun von Fall zu Fall geprüft werden. Möglich ist, dass bereits fertiggestellte Teilmaßnahmen beitragspflichtig sind. „Sollte beispielsweise eine Straße ausgebaut, die Erneuerung der Beleuchtung aber in die nächsten Jahre verschoben worden sein, ist die Straße beitragspflichtig, die Beleuchtung dagegen nicht mehr“, erklärt die Verwaltung. Betroffen sind 15 Straßen. Der Stadtrat wird über eine eventuelle Kostenspaltung und Abschnittsbildung jeder einzelnen Straße entscheiden.

Wie bewerten die Fraktionen diese Entscheidung?

Für die Opposition im Stadtrat ist es ein großer Erfolg. „Mit der Abschaffung der Gebühr wird in Bautzen für mehr Gerechtigkeit gesorgt. Es war einfach unlogisch, dass nur wenige Anlieger für die Sanierung einer Straße zahlen, die alle nutzen“, erklärt Stadtrat Roland Fleischer (SPD). Während sich Angela Palm (Linke) freut, dass die „ungerechtfertigte Belastung einzelner“ aufgehoben wird, geht Steffen Tech (BBB) noch einen Schritt weiter. „Das hätten wir schon vor fünf Jahren machen sollen“, sagt er. Jubel auf der einen, Ernüchterung auf der anderen Seite. Vor allem für die CDU-Fraktion ist es eine herbe Niederlage. „Es ist nicht der richtige Weg. Die Stadt steht vor vielen finanziellen Herausforderungen, die sie nun ohne die Einnahmen stemmen muss“, erklärt Fraktionschef Matthias Knaak. Grünen-Stadtrat Claus Gruhl spricht sogar von Klientelpolitik. „Wir entlasten eine Minderheit auf Kosten des Gemeinwohls. Das halte ich für falsch“, sagt er.

Welche Folgen hat die Abschaffung der Beiträge für die Stadt?

Finanzbürgermeister Robert Böhmer malt ein düsteres Bild. „Allein bis 2021 entgehen uns nun 1,5 Millionen Euro. Das müssen wir an anderer Stelle einsparen“, erklärt er. Schon jetzt würde es der Stadt mit Blick auf den neuen Haushaltsentwurf schwerfallen, alle Pflichtaufgaben zu finanzieren. „Wir kämpfen da um jeden Posten“, so Böhmer. Nicht ganz so dramatisch sieht Oberbürgermeister Alexander Ahrens die Sache. Doch auch er gibt zu: „Ja, wir müssen uns über Einsparungen Gedanken machen.“