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Bautzen braucht mehr Kitaplätze

Noch reicht das Angebot aus, doch schon ab Herbst drohen Lücken. Die Stadt muss reagieren.

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© Symbolbild: dpa

Von Madeleine Arndt

Bautzen. Bautzen ist im Babyboom. Statistisch gesehen bringt eine Frau in der Spreestadt 2,2 Kinder zur Welt. Damit liegt man deutlich über der bundesweiten Geburtenrate von 1,5. Das ist eine schöne Entwicklung, die allerdings die Stadt in Zugzwang bringt. Denn die ganzen Neu-Bautzener brauchen Kita-Plätze und nehmen später auch den Schulhort in Anspruch. Am Mittwoch legte die Verwaltung im Stadtrat die aktuelle Kitabedarfsplanung vor. Die SZ erklärt die wichtigsten Punkte.

© SZ-Grafik

Der Stand: 1300 neue Plätze geschaffen

In den vergangenen 16 Jahren hat Bautzen deutlich in die Kinderbetreuung investiert. Von 1900 Kita- und Hortplätzen im Jahr 2001 stieg der Ist-Stand auf aktuell 3274 Betreuungsplätze. Erweitert wurden vor allem die Kapazitäten der zwölf von freien Trägern betriebenen Kitas, etwa Einrichtungen der Kirchen, der Arbeiterwohlfahrt, des Deutschen Roten Kreuzes oder der Vereine wie dem Berufsbildungszentrum Bautzen (BBZ). Deren verfügbare Krippenplätze haben sich dadurch seit der Jahrtausendwende auf 383 mehr als verdreifacht, Kindergartenplätze stiegen von 730 auf 992. Erst 2016 wurde mit dem Neubau der BBZ-Kita „Klettermaxe“ an der Schafbergstraße die Größe der Einrichtung von 36 auf 79 Plätze mehr als verdoppelt. Dagegen haben sich die Kapazitäten der fünf kommunalen Kitas in den vergangenen Jahren nicht erhöht. Aktuell gibt es 134 Krippenplätze (Stand 2001: 124) und 397 Kindergartenplätze (Stand 2001: 451).

Plan A: Kitas werden weiter ausgebaut

Bisher bekommt jeder, der möchte, sein Kind relativ zügig unter. Das funktioniert auch deshalb gut, weil die Stadt seit der letzten Prognose im Jahr 2014 großzügiger rechnet und pro Krippe und Kindergarten jeweils zwei Reserveplätze ansetzt. Erhalten Eltern dennoch nur Absagen, können sie sich an die Stadt wenden. „Wir versuchen dann zu vermitteln“, sagt Thomas Groß, Amtsleiter für Bildung und Soziales.

Der neue Kitabedarfsplan prognostiziert jedoch, dass die Einrichtungen an ihre Grenzen kommen und das früher als gedacht. Schon in diesem Herbst werden gut hundert Plätze mehr gebraucht, als die freien und städtischen Kitas vorhalten. In den Jahren 2022/23 schlägt der Babyboom voll durch. Die Stadt rechnet mit einem Mehrbedarf von 81 Krippen- und 231 Kindergartenplätzen. „Wir gucken, wo wir durch kleine Umbaumaßnahmen weitere Kapazitäten schaffen können“, erklärt Groß. Außerdem sollen mit dem Neubau am Schützenplatz in drei Jahren zusätzliche 30 Krippen-, 60 Kindergarten- und 75 Hortplätze entstehen. Auch werde die Weigang-Krippe mit ihren 55 Plätzen nicht – wie ursprünglich geplant – mit der Eröffnung der Schützenplatz-Kita schließen, sondern mindestens bis zum Jahr 2026 weiter betrieben.

Plan B: Stadt hat noch ein As im Ärmel

„Kita-Plätze haben in der Stadtentwicklung oberste Priorität“, betont Finanzbürgermeister Robert Böhmer (parteilos). „Da der Neubau am Schützenplatz perspektivisch nicht ausreichen wird, denken wir über einen zweiten Neubau nach.“ Als günstig beurteilt der Finanzbürgermeister die Perfecta-Brache an der Peter-Jordan-Straße gegenüber vom Schiller-Kindergarten. Dort könnten noch mal zusätzlich 30 Krippen- und 60 Kindergartenplätze entstehen. Für einen Kita-Neubau würde auch nicht die Bebauungssperre gelten. Andere Vorhaben wie Wohnungsbau dürfen erst nach dem Jahr 2025 starten, da die alte Gießerei mit Fördermitteln abgerissen wurde.

Plan C: Werben für die Tagespflege

Die Stadt will auch die Möglichkeit der Betreuung durch Tageseltern in den Mittelpunkt rücken. „Wir würden die Tagespflege gern weiter ausbauen“, sagt Böhmer. Bei der finanziellen Vergütung für die Tagesmütter stehe man im Vergleich zu anderen Städten sehr gut da, rührt der Finanzbürgermeister die Werbetrommel. In Bautzen arbeiten derzeit 14 Tagesmütter. Böhmer empfände es auch als guten Kompromiss, im Rahmen der Tagespflege Waldorfpädagogik mit anzubieten. Die Anfrage einer Erzieherin aus der früheren Waldorf-Kita habe es bereits gegeben. Einer Waldorfkita erteilt Böhmer jedoch eine Absage, da so eine Einrichtung Sonderansprüche erfüllen müsse. Er befürchtet, dass so eine Kita sich nicht dauerhaft hält. Bautzen hatte bis zum Sommer 2016 einen Waldorfkindergarten. Die BBZ gab das Konzept aber auf.

Die Folge: Die Kosten werden steigen

Mehr Personal durch den Ausbau der Betreuung, die Tarifanpassung bei Erziehern und die gesetzlich vorgesehene Erhöhung des Betreuungsschlüssels in der Krippe – so dass eine Erzieherin bald nicht mehr sechs, sondern fünf Kleinkinder betreut – lassen die Kosten in Zukunft steigen. Das macht sich zeitversetzt auch für die Eltern bemerkbar. Ab 2018 müssen die Kita-Beiträge angehoben werden, kündigt Böhmer an. Aktuell gibt Bautzen 15,5 Millionen Euro im Jahr für die Kinderbetreuung aus. Davon gehen acht Millionen an die freien Träger, sieben Millionen an die städtischen Einrichtungen, 400 000 Euro gehen an Kitas anderer Kommunen, die Bautzener Kinder besuchen. Eine neunstündige Betreuung in der Krippe kostet laut Böhmer inzwischen monatlich 1000 Euro, Eltern finanzieren über die Kitagebühren etwa 20 Prozent. Zusätzlich greifen Ermäßigungen für Familien mit mehreren Kita-Kindern.