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Baustopp an der alten Poliklinik

Seit Monaten ruhen die Arbeiten an dem Gebäude. Dabei sollte es längst bezugsfertig sein.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Stefan Lehmann

Riesa. Der Kran, der noch vor einem guten halben Jahr alles überragte, ist längst verschwunden. Seit Donnerstag ist auch der Bauzaun rund um die frühere Poliklinik in Weida weg. Eine Handvoll Bauarbeiter hat ihn tags zuvor abgebaut. Glaubt man Anwohnern, dann war es das erste Mal seit mehreren Monaten, dass überhaupt einmal auf dem Grundstück an der Magdeburger Straße gearbeitet wurde. „Im Juni oder Juli war Schluss“, sagt ein Mann, der häufig mit seinem Hund an der Magdeburger Straße spazieren geht. Seinen Namen möchte er nicht nennen. Aber er habe beobachtet, dass in den letzten Wochen zwar ab und zu jemand vor Ort gewesen sei. Gearbeitet worden sei aber nicht.

Dabei ist das Gebäude, das als Ärztehaus genutzt worden war, weit davon entfernt, fertig zu sein. Vom Obergeschoss, das im Frühjahr auf die frühere Poliklinik aufgesetzt wurde, stehen bisher nur die Grundmauern. Verputzt ist noch nichts. Und es erweckt auch nicht den Anschein, als habe die Baufirma vor, daran etwas zu ändern. Denn das Gerüst sei schon im September abgebaut worden, erzählt der Anwohner. Und Ende vergangener Woche wurden plötzlich auch die beiden Baucontainer aufgeladen und abtransportiert. Lediglich ein paar Ziegelsteine liegen nun noch hinter dem Ärztehaus.

Letzte Praxis zog im Januar aus

Es ist nicht der erste Baustopp an der Magdeburger Straße. Schon Ende vergangenen Jahres ruhten die Arbeiten (wir berichteten). Ein Grund für die Verzögerung waren damals Probleme mit den Bauunterlagen. Im Zuge der Bauarbeiten war auch die letzte noch in dem Haus ansässige Arztpraxis entnervt ausgezogen. Weil für die Aufstockung das Dach abgerissen worden war, lief das Wasser ins Erdgeschoss. Zuletzt hätten die Schwestern Eimer aufgestellt, um das Wasser aufzufangen, berichtet ein Patient. Und auf Temperatur konnten die Räume nur mit kleinen Elektroheizungen gebracht werden. Zum Jahresende war die Praxis schließlich erst in die Managementakademie „MaRie“ umgezogen, später hatte ihr die Wohnungsgesellschaft Riesa (WGR) ein Gebäude an der Zwickauer Straße hergerichtet.

Anfang 2016 hatte die tschechische Baufirma PSJ die Arbeiten aber wieder aufgenommen und war mit den Arbeiten auch gut vorangekommen. „Was wir jetzt sehen, entstand alles nach dem Baustopp 2015“, sagt der Anwohner. Der jetzige Stopp ist jedenfalls nicht von der Stadtverwaltung angeordnet, erklärt deren Sprecher Uwe Päsler auf SZ-Anfrage.

In dem Gebäude an der Magdeburger Straße will das Unternehmen Advita mit Sitz in Berlin eine Tagespflege mit 24 Betten unterbringen. Außerdem sollen 22 behindertengerechte Wohnungen mit Pflegeangebot in der alten Poliklinik entstehen. Advita betreibt bereits eine Niederlassung im Schloss Gröba. Insgesamt zählt das Unternehmen 24 Niederlassungen in Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Für sein geplantes Bauprojekt an der Magdeburger Straße will Advita den ehemaligen Flachbau aufstocken lassen. Ursprünglich sollte das allerdings längst erledigt sein. Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte Advita-Geschäftsführerin Milada Tupová-Faensen gegenüber der Sächsischen Zeitung erklärt, die Tagespflege könne im Spätsommer 2016 eröffnen. Das neue Haus werde „das ganze Umfeld aufwerten“, sagte sie damals.

Streit mit der Baufirma?

Warum der ursprüngliche Terminplan nicht eingehalten werden konnte, war in der vergangenen Woche nicht zu erfahren. Eine entsprechende Anfrage zu Gründen für den Baustopp und zum weiteren Zeitplan blieb bis zum Redaktionsschluss am Freitagabend unbeantwortet. Auch die deutsche Zweigstelle des tschechischen Bauunternehmens, das bisher die Arbeiten übernommen hatte, war für eine aktuelle Stellungnahme nicht zu erreichen. Der Anwohner, der früher einmal selbst Patient in dem Ärztehaus war, hat da seine eigene Theorie: „Ich vermute, es hat Zoff zwischen dem Eigentümer und der Baufirma gegeben.“ (mit veb)