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Baustoff der Zukunft aus Dresden

Flexibel, leicht und äußerst stabil: Dresdner Wissenschaftler sind überzeugt, dass hauchdünne Carbongitter künftig Stahl ersetzen können. Experten diskutieren an der Elbe über neue Trends.

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Dresden. Ein dünnes Gitter aus Carbonfasern, umhüllt mit Beton - mit dem neuen Werkstoff Textilbeton wollen Dresdner Wissenschaftler die Baubranche erobern. Seit Juni ist der Verbundstoff vom Deutschen Institut für Bautechnik freigegeben. „Damit haben wir Zugang zum Markt, die Tür ist geöffnet“, sagte Chokri Cherif, Direktor des Instituts für Textilmaschinen und textile Hochleistungswerkstofftechnik der TU Dresden der Nachrichtenagentur dpa. Zunächst gilt die Zulassung allerdings nur, um Bauwerke aus Stahlbeton zu verstärken oder deren Tragfähigkeit zu verbessern.

Muster eines Verbundwerkstoffbauteiles. Ein dünnes Gitter aus Carbonfasern, umhüllt mit Beton - mit dem neuen Werkstoff Textilbeton wollen Dresdner Wissenschaftler die Baubranche erobern.
Muster eines Verbundwerkstoffbauteiles. Ein dünnes Gitter aus Carbonfasern, umhüllt mit Beton - mit dem neuen Werkstoff Textilbeton wollen Dresdner Wissenschaftler die Baubranche erobern. © dpa

Künftig soll das Material aus Dresdner Forschungslaboren aber auch beim Bau von Brücken, Hochbauten, Tunnel und Wasserbauwerken zum Einsatz kommen. Cherif spricht beim Textilbeton, bei dem anstelle von Stahl Bewehrungen aus Carbon verwendet werden, vom Baustoff der Zukunft: Er ist leicht, rostet nicht, kann hohe Lasten tragen - und ist flexibel. „Wir können frei formen und modellieren, ganz andere Fassaden als bisher sind damit denkbar“, so Cherif.

Soll 20 Prozent des verbauten Stahls bis 2030 ersetzen

Professor Peter Offermann, der die Entwicklung an der TU Dresden vorangetrieben hat, geht davon aus, dass in den nächsten Jahren Stahl nach und nach durch Carbongitter abgelöst wird. Bis zum Jahr 2030 könnten so etwa 20 Prozent des verbauten Stahls ersetzt werden. Neue Zulassungen sollen in den nächsten Jahren hinzukommen. Textilbeton werde die Baubranche revolutionieren, ist sich Offermann sicher. „Nicht schlagartig, aber über Jahre hinweg.“

In Dresden und Aachen wurden in Sonderforschungsbereichen die Grundlagen geschaffen, bevor Textilbeton nun auf dem Markt erprobt wird. „Tudalit“, heißt der Verein, in dem sich Unternehmen und Forschungsgruppen zusammengeschlossen haben, um die Vermarktung des neuen Baustoffs voranzutreiben. Vorstandsvorsitzender Offermann berichtet, dass immer mehr große Baufirmen Interesse zeigten und hofft auf einen „Schub für die ostdeutsche Wirtschaft.“ In Dresden sitzt auch das Deutsche Zentrum für Textilbeton.

Bisher ist Textilbeton bereits bei einzelnen Bauwerken zum Einsatz gekommen, unter anderem hat sich das Material bei einer Fußgängerbrücke für die Landesgartenschau in Oschatz bewährt. Auch erste Designer verwenden die stabilen und biegsamen Carbon-Netze, auf die eine dünne Schicht von speziellem Feinbeton gegossen wird. Parkbänke, Tische und sogar Schaukelstühle entstehen auf diese Weise.

Weitere Anwendungsforschung nötig

Thomas Richter von der Betonmarketing Nordost GmbH, die Unternehmen der Beton- und Zementindustrie in Deutschland berät, hält Textilbeton für eine der wichtigsten Innovationen der Baubranche. „Das kann die Zukunft gestalten. Sowohl was Architektur als auch Konstruktion und Dauerhaftigkeit angeht“, sagt Richter. Noch stehe die Entwicklung allerdings noch an der Schwelle vom Labor zur Praxis. „Da ist noch eine Menge an Anwendungsforschung notwendig.“

Zu einer Anwendertagung treffen sich vom 22. bis zum 23. September rund 150 Experten aus dem deutschsprachigen Raum in Dresden, um über neue Trends und Entwicklungen rund um Textilbeton zu diskutieren. (dpa)