Merken

Bauern schaffen Kühe ab

Die Milchpreise steigen, aber Sachsens Bauernpräsident Wolfgang Vogel bleibt vorsichtig. Er hat selbst viel verloren.

Teilen
Folgen
© dpa

Von Georg Moeritz

Limbach-Oberfrohna. Sachsens Bauernpräsident Wolfgang Vogel ist geübt im Kopfrechnen. Wer ihn nach seinen 400 Milchkühen und den gefallenen Preisen fragt, hört Vogel einige Zahlen multiplizieren und addieren, bis das Ergebnis feststeht: Fast anderthalb Millionen Euro hat Vogels Betrieb bei Grimma in den vergangenen drei Jahren eingebüßt. Er habe einige Kühe abgeschafft und insgesamt „auf die Kostenbremse gedrückt“. Etwa 70 Höfe in Sachsen haben voriges Jahr das Melken ganz aufgegeben, berichtete Vogel am Freitag in Limbach-Oberfrohna nach einer Verbands-Tagung. Sachsen habe dadurch fast 7 000 Kühe „verloren“. Noch einmal so viele sind in Gefahr, denn der Staat bietet kleinen Höfen derzeit Ausstiegsprämien. Das Ziel: weniger Milch, steigende Preise, damit die Landwirte wieder Gewinne machen. Vogel ist fürs neue Jahr „verhalten optimistisch“. Für einen Bauernpräsidenten ist das viel.

Aussichten: Kleinere Höfe geben Milchsparte auf

In diesem Jahr werden noch mehr Landwirte die Milchkühe abschaffen, sagt Vogel voraus. „Das Tal ist noch nicht durchschritten“. Dabei sind die Preise kräftig gestiegen, nicht nur im Supermarkt: Die Molkereien zahlen den Bauern derzeit etwa 32 Cent pro Liter Kuhmilch. Im vorigen Mai, zur Zeit der großen Bauerndemo in Dresden, gab es 22 Cent. Etwa 35 Cent sind laut Vogel nötig, um die Kosten zu decken – und damit sind die Einbußen der zwei harten vergangenen Jahre nicht ausgeglichen, die Schulden nicht zurückgezahlt. Der Staat half mit Kredit, aber Vogel sieht ein: „Was uns der Markt genommen hat, wird uns die Politik nicht zurückgeben“.

Selbsthilfe: Bauern wollen ihre Verhandlungsmacht bündeln

Um der nächsten Milchkrise vorzubeugen, wollen die Rinderhalter sich stärker zusammenschließen. Sie wollen mit den Molkereien besser verhandeln können. Die Gründung einer Mitteldeutschen Milcherzeugergemeinschaft (MEG) wurde überlegt, doch stattdessen haben sich vier sächsische Gemeinschaften der Bayern-MEG angeschlossen. Die habe schon Erfahrung mit Molkereien wie Müller und Ehrmann. Allerdings sind einige sächsische Molkereien wie Heinrichsthaler in Radeberg und Vogtlandmilch in Plauen ohnehin im Besitz von Bauern. Ihre Milchpreise hängen von den großen Handelsketten ab.

Schweine: Preise im Zickzack, Angst vor Vorschriften

Kaum besser als den Kuhhaltern ist es den Schweinemästern ergangen. Nach zwei Jahren mit Verlusten sind ihre Kosten seit Mitte 2016 wieder gedeckt. Auch der Sauenbestand in Sachsen wurde verringert. „Verunsichert“ seien viele Bauern, sagt Stefan Triebs, Geschäftsführer der Saritscher Agrar GmbH in Neschwitz nördlich von Bautzen. Triebs rechnet vor, dass er für ein Ferkel 70 Euro bezahlt, es drei Monate lang für 50 Euro Futterkosten mästet und dann 140 Euro dafür bekommt. Bleiben also 20 Euro, die alle übrigen Kosten decken und Gewinn bringen sollen. Triebs klagt, dass neue Vorschriften die Produktion verteuern könnten: Verlangt würden Abluftreinigungsanlagen, die den Ammoniak-ausstoß senken, aber dafür Energieverbrauch und -Ausstoß erhöhen. Vogel vermisst eine Öko-Gesamtbilanz und klagt über „Geschwätz einiger Politiker und selbst ernannter Umweltschützer“. An der Jahrestagung des Verbandes hat auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Wolfram Günther teilgenommen, doch anscheinend konnte er Vogels Sorgen nicht ausräumen. In neun Bundesländern gebe es Landwirtschaftsminister der Grünen. In Sachsen allerdings leitet Thomas Schmidt (CDU) die Behörde, der zuvor an Vogels Seite im Verbandsvorstand saß. Von Schmidt fühlen sich die Bauern verstanden.

Vogelgrippe: Hühner dürfen noch lange nicht raus

Die Vogelgrippe ist noch nicht vorbei, die Hühner bleiben im Stall. Ein Ende dieser Pflicht ist für Günther Drobisch nicht in Sicht. Der Geschäftsführer des Sächsischen Geflügelwirtschaftsverbandes weiß, dass gerade wieder Geflügelpest Puten in Nordbrandenburg und Niedersachsen befallen hat. Laut Drobisch sind auch die Hühnerhalter im Preiskampf: Zu Jahresanfang hätten „Aldi und damit alle Lebensmittelhändler“ den Zehnerkarton von 1,19 auf 1,09 Euro verbilligt. Die Bauern bekämen knapp neun Cent je Ei von Discount-Ketten, das decke nicht die Kosten.

Getreide: Drei Jahre gute Ernten,

Preise gesunken

Einziger Lichtblick ist für Vogel der Raps, der wird gut bezahlt. Auch über die gute Getreide-Ernte in den vergangenen drei Jahren könnte er sich freuen – allerdings sind damit auch die Getreidepreise gesunken. „Die Märkte sind satt“, sagt Vogel und erwartet dort keine Preissteigerung.

www.slb-dresden.de