Merken

Bauern gehen in die Luft

In Riemsdorf ließ der Minister sich die Landwirtschaft von morgen zeigen. Die ist automatisiert, zentimetergenau – und baut weiter auf Glyphosat.

Teilen
Folgen
NEU!
© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Klipphausen. Piep, piep, piep-piep-piep macht der kleine Hexacopter, zweimal lang, dreimal kurz, dann gehen die grünen und roten Lichter unter den sechs horizontalen Rotoren an und das Fluggerät ist erwacht. Drohne, das klinge mittlerweile so negativ, sagte zuvor, noch auf dem Hof der RRS Agrar-Dienstleistungs-GmbH in Riemsdorf, deren Geschäftsführer Jörg Weinhold zu Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt und Vertretern der Presse. Lieber sage er, Weinhold, unbemanntes Flugobjekt dazu. Wenn Axel Weckschmied die Drohne über Felder in Dresden fliegen lasse, komme garantiert die Polizei, „weil jemand denkt, er wird fotografiert“.

Die Trichosafe-Kugeln werden von der Firma Biocare hergestellt.
Die Trichosafe-Kugeln werden von der Firma Biocare hergestellt. © Claudia Hübschmann

Hier auf dem Feld in Riemsdorf, nur eine Autominute vom Hof entfernt, kann das nicht passieren. Als der Hexacopter am Montagmorgen unter viel Staubgewirbel auf dem leeren Rapsfeld in die Luft steigt, klicken die Kameras. Pilot, Drohnenentwickler und Software-Ingenieur Axel Weckschmied muss nicht viel tun, er hat mit der Funkfernsteuerung um seinen Hals eingestellt, dass der Copter an einem festen Punkt auf Augenhöhe schweben soll. Selbst, als er ihr einen kleinen Schubs gibt, fängt sich die Drohne gleich wieder und richtet sich unter lautem Wespennest-Summen in der Luft aus.

„Werfen Sie mal ein Kügelchen ab!“ Der Wunsch kommt von den Zuschauern. Weckschmied tut wie ihm geheißen, die Drohne lässt ein zwei Zentimeter großes, weißes Papierkügelchen auf den Acker fallen, als hätte sie ein Ei gelegt. Gelächter. Dabei ist das, was gerade vor den Augen der Medienvertreter und Politiker passiert, nicht weniger als die Zukunft der Landwirtschaft.

Bei RRS ist diese Zukunft schon heute. Landwirtschaftsminister Thomas Schmidt besuchte das Unternehmen am Montag, um sich das dort praktizierte „Precision Farming“, zu Deutsch Präzisionsackerbau, anzusehen. Für Schmidt besitzt die Digitalisierung landwirtschaftlicher Produktionsprozesse „großes Potenzial für eine ressourcen- und klimaschonende Landbewirtschaftung“. In heutigen Landmaschinen sei bereits mehr Hightech verbaut als in einem modernen Auto. Das soll Saatgut, Dünger, Kraftstoff und Pflanzenschutz einsparen.

Ganz ohne Chemie geht es nicht

Außerdem, so sieht man in Riemsdorf, macht es einfach Spaß. Weckschmied stellt seinen Copter auf Automatik und die Drohne tut nun, was sie bei ihren Einsätzen normal tut: Sie steigt steil in die Luft und fliegt dann eine berechnete Bahn über dem Feld, wobei sie alle paar Meter ein Kügelchen fallenlässt. Auf dem abgeernteten Rapsfeld sind diese aber wirkungslos. Denn in ihnen schlummern über 1 000 Schlupfwespen, die auf dem Feld den Maiszünslern, einem Kleinschmetterling, den Garaus machen sollen – je Kugel. Das sei derzeit noch etwas teurer als Chemie, erklärt Landwirt Jörg Weinhold, aber genau so wirkungsvoll.

Ganz ohne Chemie geht es auch bei ihm nicht. Und das will er ganz bewusst so. Das GPS-gestützte Spurführungssystem mit einer selbstfahrenden Pflanzenschutzspritze, das beim Pressetermin mit Wasser demonstriert wird, würde sonst unter anderem Glyphosat verspritzen.

Die Zulassung dieses Unkrautvernichtungsmittels steht immer wieder zur Debatte, Umweltverbände sprechen sich dagegen aus. „Aber wenn es verboten wird, haben wir ein großes Problem mit Erosion“, sagt Weinhold. Denn ohne Glyphosat muss wieder gepflügt werden. „Und wenn der Acker nackt und ohne Wurzelrückstände da liegt, läuft bei Regen die braune Brühe ins Dorf.“