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Bauen für den Flutfall

Wie können sich Hausbesitzer vor dem nächsten Hochwasser wappnen? An der Elbe wurden mehrere Methoden vorgestellt.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Riesa. Unscheinbar sieht sie aus, die graue Platte, die Sebastian Golz in den Händen hält. Die Oberfläche ist grau, wirkt leicht porös. „Das ist allerdings nur die oberste Schicht“, betont Golz. In Wirklichkeit sollen sich Schaumglas-Platten wie diese gerade nicht mit Wasser vollsaugen.

Spezielle Module sollen verhindern, dass Wasser über den Abfluss ins Haus gelangt. Mit dem roten Griff lässt sich das Rohr verriegeln.
Spezielle Module sollen verhindern, dass Wasser über den Abfluss ins Haus gelangt. Mit dem roten Griff lässt sich das Rohr verriegeln. © Sebastian Schultz

Die graue Platte ist eine von zahlreichen Möglichkeiten, mit denen Sebastian Golz und seine Kollegen am Dresdner Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, kurz IÖR, experimentieren. Ihr Ziel: Anwohner und ihre Immobilien so gut wie möglich gegen Hochwasser zu wappnen. Was Hausbesitzer tun können, hat Sebastian Golz im Rahmen der Elbschwimmstaffel in dieser Woche in Riesa präsentiert. Dass ausgerechnet das Thema hochwassersicheres Bauen entlang dieses Abschnittes eine Rolle spielt, ist dabei kein Zufall. „Gerade hier in Riesa und in den umliegenden Gemeinden ist Hochwasser eine ganz erhebliche Naturgefahr.“ Aber nicht nur in Sachsen steht sein Institut beratend zur Seite. „Man schon kann sagen, dass wir europaweit aktiv sind.“

Wer sich an das IÖR wendet, der habe meist schon ein konkretes Schadensereignis erlebt, sagt Sebastian Golz. Speziell entlang der Elbe habe übrigens das Hochwasser 2013 ein Umdenken bei vielen Häuslebauern ausgelöst. „Nach 2002 ging es bei vielen darum, den Zustand wieder herzustellen, wie er davor gewesen war.“ An bauliche Veränderungen habe da niemand gedacht – schließlich ahnte niemand, dass wenige Jahre später die Elbe noch einmal weit über ihre Ufer treten würde. Gerade nach 2013 habe es bei vielen Hausbesitzern den Wunsch gegeben, ihr Hab und Gut nachhaltiger zu schützen.

Am leichtesten fällt das im Grunde bei Neubauten. Wer in einem flutgefährdeten Gebiet baut, der könne heute unter anderem sein Haus sozusagen auf Stelzen stellen. Andere Lösungen sind Häuser, bei denen sich der Wohnbereich im Obergeschoss befindet und das Erdgeschoss lediglich als Garage und zum Unterstellen beweglicher Güter verwendet wird. „Die Waschmaschine kann da beispielsweise stehen, aber die ist im Zweifelsfall schnell weggeräumt. Das ist ja ein Vorteil an diesem Abschnitt der Elbe: Die Vorwarnzeit ist relativ lang.“ Das Erdgeschoss werde in solchen Fällen dann sehr robust gebaut, Stahlbeton biete sich da an, außerdem spezielle Dichtungen an Fenstern und Türen, die das Wasser möglichst draußen halten sollen. Einige dieser Punkte lassen sich auch bei Bestandsgebäuden nachträglich einbauen. Ebenso wie Abwasserrohre mit Rückstauklappen. Die sollen verhindern, dass Wasser über die Abflüsse ins Haus gedrückt wird. „Es geht ja darum, möglichst alle Wege dicht zu bekommen, die das Wasser nehmen kann.“ Mit einem Griff lässt sich der Abfluss deshalb komplett verriegeln.

Wenn das Wasser erst einmal eingedrungen ist, dann geht es laut Sebastian Golz erst einmal um Schadensbegrenzung. Die schwersten Schäden trage in dem Zusammenhang der Fußboden davon. „Der bricht auseinander, Wasser sammelt sich unter dem Dielenboden, es kommt zu Schimmel und unangenehmen Gerüchen.“ Insbesondere Dämmstoffe seien enorm schadensanfällig. Deshalb werde in solchen Fällen auch auf gewöhnliches Dämmmaterial verzichtet. Hier kommt die graue Schaumglas-Platte zum Tragen, weil das Schaumglas deutlich robuster ist. „Das wird dann kombiniert mit einem Guss-asphalt.“ Salopp gesagt könne man auf dieser Fläche nach einem Hochwasser einfach feucht durchwischen und es sei alles wie vorher. Ganz billig ist dieser Schutz allerdings nicht. „Man kann schon rechnen, dass dieser Fußboden dann dreimal so viel kostet wie herkömmlicher Estrich.“ Grund sind die Herstellungskosten. Dass die sich auf absehbare Zeit verringern, glaubt der Experte nicht. Letztendlich müsse aber jeder Immobilienbesitzer selbst abwägen, ob und in welchem Umfang er sein Haus schützen will.

Mit nachträglich veränderten Fußböden oder dichteren Fenstern sind die Optionen übrigens längst noch nicht ausgeschöpft. „Gerade läuft in Brockwitz ein Pilotprojekt, bei dem wir vom Hochwasser bedrohte Häuser anheben wollen.“ Die Zahl der betroffenen Gebäude sei so gering, dass ein Deich zu teuer wäre. Stattdessen könnte ein Fundament unter den Häusern gegossen werden. Anschließend würde auf diesem Fundament hydraulische Technik platziert und das Haus millimeterweise angehoben. Dann würde Boden aufgefüllt, so dass die Häuser anschließend höher stünden, als das einmal der Fall war. Bis 2019 will das IÖR untersuchen, ob diese Methode für Brockwitz geeignet ist und realisiert werden kann. In anderen Ländern sei sie schon erprobt worden.

www.ioer.de