Merken

Barocke Kracher und leise Töne

Dienstag starten die 24. Batzdorfer Barockfestspiele – im Schloss gibt es erlesene Musik und deftigen Spaß.

Teilen
Folgen
© SZ/Jörg Schubert

Klipphausen. Im Rittersaal des Batzdorfer Schlosses wird wieder für eine Woche musiziert und gespielt. Was, erklärt Festspielmitgründer Stefan Maass.

Stefan Maass ist Lautenist und Mitglied der Batzdorfer Hofkapelle. Mit Freunden hat er die Barockfestspiele 1993 gegründet.
Stefan Maass ist Lautenist und Mitglied der Batzdorfer Hofkapelle. Mit Freunden hat er die Barockfestspiele 1993 gegründet.

Herr Maass, beim diesjährigen Festival steht Calandro auf dem Programm. Das ist der italienische Name eines Vogels und der Name einer Weinsorte, die resistent gegen Mehltau ist. Was ist Calandro in Batzdorf?

Calandro ist bei uns ein Philosoph, aber ich glaube, in Italien bezeichnet man damit auch einen Tölpel. Vielleicht sind die Vögel lustig, das kann ja sein. „Calandro“ ist nach unseren Recherchen die erste italienische komische Oper in Deutschland. Die Handlung ist wirklich komisch. Weil die Menschen Calandros Ansprüchen nicht entsprechen, zieht sich mit einem Bären in den Wald zurück. Er sieht bei dem edlen Tier eine ganz positive Entwicklung, denn es frisst nur noch Äpfel und Möhren. Und dann verliebt sich Calandro auch noch in den Bären, als dieser Frauenkleider angezogen bekommt, und dann wirft er alle seine Ideale über Bord.

Sie haben die Oper 1997 schon einmal in Pillnitz gespielt. In Batzdorf soll das Bühnenbild während der Vorstellung entstehen. Passt das zusammen, alte Musik und neue Präsentation?

Es gibt im Berufsleben Dinge, wo man denkt: Da lohnt es sich, einen zweiten Blick draufzuwerfen. Wir fanden diese Oper schon vor zwanzig Jahren bemerkenswert und finden das heute noch. In Pillnitz waren wir noch auf einem ganz traditionellen Inszenierungstrip. Bei Barockoper hat das immer auch etwas von Kindertheater. Diesmal spielt die Batzdorfer Hofkapelle mit 15 Musikern. Den Calandro wird der bekannte Kabarettist Michael Quast singen – der hat natürlich einen ganz anderen Zugriff auf die Dinge als ein Opernsänger. Während der Aufführung malt Bettina Zimmermann die Bühnenbilder, und das wird auf eine große Leinwand projiziert. Das ist ein unglaublicher Effekt, wenn da erste Striche entstehen und ein Bild zu der Szene entsteht, während die Sänger singen. Ich finde, alte Musik und neue Präsentationsformen passen zusammen.

Sie sagen, dass das Barocktheater grundverschieden von unserem heutigen ist. Inwiefern?

Es verweigert sich einer Form wie dem heutigen Regietheater vollkommen. Die Figuren kennen keine Entwicklung, sie sind plötzlich geläutert, auch wenn sie vorher die blutigsten Konflikte ausgetragen haben. Am Ende wird allen verziehen und alles ist wieder im Lot.

Mit den „Goethe-Vertonungen“ graben Sie den Prager Komponisten Tomásek aus. Warum ist es Ihnen wichtig vergessene Musik zum Klingen zu bringen?

Wir finden, dass ein Festival nicht nur auf garantierte Erfolge setzen sollte. Tomásek hat zwischen der Zeit der barocken Kracher und dem, was wir sowieso kennen, komponiert. Goethe hat in außerordentlich geschätzt, sogar noch mehr als Beethoven. Für dieses Konzert haben wir mit der Sopranistin Markéta Cukrová und mit Alena Honegova am Hammerklavier zwei sehr gute Musikerinnen – ich verspreche einen außergewöhnlichen Konzertabend.

Die Batzdorfer Barockfestspiele sind ein Liebhaberfestival. Provokativ könnte man fragen: Und, was hat die Region davon?

Ich finde, Kultur entsteht sehr oft aus Hotspots, die sehr persönlich geprägt sind. Dieses Festival würde es ja nicht geben, wenn ich nicht vor fast 25 Jahren auf dieses Schloss gekommen wäre, und so bin wie ich bin. Ich spiele Laute und beschäftige mich mit der Musik dieser Zeit. Weil es viele verschiedene Menschen gibt, die für eine Sache brennen, entsteht kulturelle Vielfalt. Wir haben jedes Jahr zwischen 800 und 1 000 Zuschauer, das finde ich gar nicht so wenig. Natürlich ist es ein Liebhaberfestival. Das ist es aber auch in der Ausstattung. Wir selbst sind das Kartentelefon, die Bühnenarbeiter und die Musiker. Ich finde Liebhaberei wunderbar.

Das Gespräch führte Udo Lemke

www.batzdorfer-hofkapelle.de