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Bahndamm-Bau ist ein Glücksfall

Was der Ausbau der Bahnstrecke Dresden-Berlin in Großenhain den hiesigen Firmen an Jobs bringt.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Großenhain. Was macht der bekannte Großenhainer Unternehmer Wolfgang Bothur, wenn er unerkannt bleiben möchte? „Ganz einfach, ich setze meinen Hut ab. So kennen mich die Wenigsten“, sagt er lachend. Und so, also ohne Hut, hat er sich gelegentlich in den vergangenen Wochen an die Bahnbaustelle gestellt, als eine Brücke nach der anderen abgerissen wurde.

Er war überrascht, wie viele Großenhainer die großen Veränderungen am mehr als 140 Jahre alten Bahndamm verfolgten. Sie waren beeindruckt und haben Fotos für die Ewigkeit gemacht. „Wir hätten einen Bratwurststand hinstellen können, der wäre bestimmt sehr gut angekommen“, sagt der umtriebige Altmeister des Abriss- und Entsorgungsgeschäftes. „Da hätten wir noch zusätzlich etwas verdienen können.“

Dabei ist die Firma Bothur beim Ausbau der rund vier Kilometer langen Teilstrecke von Kottewitz bis Großenhain gut im Geschäft. Überall stehen rote Bagger mit dem Namen Bothur. An dem ersten Februarwochenende, als die Brücke über der Eisenbahnkreuzung abgerissen wurde, seien acht Bagger der Großenhainer Firma im Einsatz gewesen. Allein sechs nur zum Stemmen. „Das war schon fast ein Drittel all unserer Bagger“, sagt Bothur. Zwei Tage lang hämmerten sie, was das Zeug hielt, um rechtzeitig mit dem Abriss der Brücke fertig zu sein. Das habe sicherlich nicht jedem Großenhainer gefallen, so Bothur, „aber es war notwendig.“ Denn der Zeitdruck war hoch. Von Freitagabend bis Montagmorgen fuhr extra kein Zug mehr durch Großenhain.

Der gesamte Bauablauf bis zum Jahresende ist zeitmäßig straff durchorganisiert. „Da fährt die Bahn gut damit, Firmen aus Region zu beauftragen“, sagt Bothur. Sie seien wegen der kurzen Wege zur Baustelle flexibler. Allein der An- und Abtransport der vielen Bagger mit Tieflader sei kürzer und damit preiswerter.

Die Bahnbaustelle sei ein Glücksfall für heimische Firmen, so Bothur. Das bedeute in erster Linie Arbeit für hiesige Fachkräfte. Zeitweise würden bis zu 15 Bothur-Mitarbeiter vor Ort sein. Momentan seien es acht. Auch dass so viel Technik gebraucht werde, ist gut. Denn es ist besser, dass sie benutzt wird, als wenn sie stillsteht und kein Geld verdient. Denn Maschinen und Geräte kosten einem Unternehmen jeden Tag Abschreibung.

Auch der Kalkreuther Transportunternehmer Dietmar Wuschick hält den Bahnausbau im nahen Großenhain für einen Glücksfall für die Region. „Das kann man laut sagen“, sagt er. „Vor allem im Winter ist das hilfreich, denn im Januar und Februar ist auf Baustellen meist nichts los.“

Fünf Kipper hat Wuschick am Großenhainer Bahndamm fast täglich im Einsatz. Er arbeitet als Subunternehmer für die Bickhardt Bau Thüringen GmbH, die von der DB Netz AG mit dem Abriss und Neubau der Brücken und des Dammes beauftragt wurde. „Wir hatten schon zehn Autos auf der Baustelle“, erzählt der Kalkreuther. Wenn seine eigenen Kipper nicht ausreichen, mietet er welche an. Dadurch erhalten weitere kleinere Transportfirmen aus der Region ebenfalls Arbeit.

Sowohl Wuschick als auch Bothur arbeiten bereits zum dritten Mal mit Bickhardt Bau zusammen. „Wenn du dich streckst und deine Leistung bringst, wirst du beim nächsten Bauprojekt wieder angesprochen“, sagt Wolfgang Bothur. „Dann kann der Preis auch mal drei Euro teurer sein. “ Das sieht Klaus Riedel, der Projektleiter der DB Netz AG, genauso. „Wenn das Zusammenspiel mit einer Firma klappt, holen wir sie gern mit auf die nächste Baustelle“, sagt er. Ein positives Klima zwischen allen beteiligten Firmen sei schon die halbe Miete.

Wolfgang Bothur kennt das auch anders. In den 26 Jahren, die er Tiefbauer ist, hat er schon schlimme Erfahrungen machen müssen. Große Baukonzerne, die es heute gar nicht mehr gibt, hatten ziemlich miese Tricks auf Lager. Vor allem gegen Ende der 1990er Jahre, als es der deutschen Bauwirtschaft schlechter ging. Sie bezahlten keine Rechnungen und verdienten ihr Geld auf Kosten ihrer Subunternehmer. „Da war Ausbeutung der schlimmsten Sorte“, erzählt Bothur schimpfend. Auch in dieser Hinsicht sei der Bahnbau in Großenhain ein Glücksfall. „Bickhardt Bau ist eine seriöse Firma“, würdigt er. Sie zahle gut und pünktlich.