Merken

Bahn- oder Radelstrecke?

Der Kreistag soll Mittwoch zum Abschnitt Oderwitz-Niedercunnersdorf entscheiden. Eisenbahner haben jetzt eine neue Idee.

Teilen
Folgen
© Matthias Weber

Von Romy Altmann-Kühr

Oderwitz. Am Mittwoch soll sich der Kreistag in Görlitz erneut mit der stillgelegten Bahnstrecke zwischen Oderwitz, Herrnhut und Niedercunnersdorf beschäftigen. Auf der Tagesordnung steht die Grundsatzentscheidung, ob dort ein Fahrradweg entstehen soll oder nicht. Die sollte eigentlich schon viel früher gefällt werden. Das kontroverse Thema Radweg oder nicht wird seit dem vergangenen Sommer öffentlich diskutiert.

Noch gehört die Strecke der Deutschen Bahn. Der Kreis will sie erwerben und dort einen Radweg bauen. Diese Pläne wurden bereits im vorigen Jahr vorgestellt – und kontrovers diskutiert. Gegen einen Radweg sprechen sich auch einige passionierte Eisenbahner aus. Sie gründeten im vorigen Jahr die Initiative „Pro Herrnhuter Bahn“. Jetzt – kurz vor der Entscheidung im Kreistag – stellen sie eine Idee vor, wie die Strecke künftig wieder für den Eisenbahnverkehr genutzt werden könnte. „Wir wollen einen Verein gründen und die Strecke pachten“, erklärt Björn Scholz von der Initiative. Der Verein wolle dann die Strecke wieder so herrichten, dass sie für den Zugverkehr freigegeben werden kann. In Zusammenarbeit mit anderen Vereinen sollen dann wieder Züge fahren. „Wir haben hier in der Region genug Möglichkeiten, einen Zug auf die Schiene zu bringen“, sagt er mit Blick auf verschiedene Eisenbahnvereine. Allerdings, schränkt Scholz ein, soll sich der Zugverkehr auf die touristische Nutzung beschränken. „Für regelmäßigen Personennahverkehr wird es nicht reichen.“ Scholz und seine Mitstreiter sehen aber Sonderfahrten als Angebot auf der Strecke. „Das könnte die ganze Region beleben.“ Er nennt die Herrnhuter Sterne Manufaktur, das Windmühlendorf Oderwitz oder den Denkmalsort Obercunnersdorf als Ausflugsziele, die Touristen per Bahn ansteuern könnten. Außerdem habe die Strecke mit den vielen historischen Viadukten und Brücken ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Eisenbahn-Fan Scholz. Er kennt ein Beispiel aus Sachsen, wo es genau so funktionert hat: Ein Verein gründete sich und belebte eine still gelegte Bahnstrecke wieder – die Elblandbahn zwischen Torgau und Pretzsch. „Dort waren die Ausgangsbedingungen ähnlich wie bei uns“, schildert Scholz. Auch dort gab es Pläne, dass die Schienen einem Radweg weichen sollten. Die Elblandbahnstrecke ist 22 Kilometer lang, zwischen Oderwitz und Niedercunnersdorf liegen 15 Kilometer Bahnlinie. Scholz schätzt es als realistisch ein, dass so etwas wie in Torgau auch hier gelingen kann und die Strecke für den Zugverkehr wieder hergerichtet werden könnte. Auch mit den Viadukten hat er sich schon befasst. Scholz ist sicher: Die historischen Brücken, oft aus Granitsteinen gefertigt, sind sehr standhaft. Außerdem, so Scholz, seien sie auch in den vergangenen Jahren, seit die Strecke still liegt, regelmäßigen Brückenprüfungen unterzogen worden. „Gebe es dort größere Schäden, wäre das schon aufgefallen.“ Mit den immensen Kosten, die für einen Radwegbau anfallen würden, ließe sich an der Bahnstrecke schon einiges machen, so Scholz.

Auch, wenn der Kreistag sich mehrheitlich für einen Radweg auf der Bahnstrecke entscheiden sollte, ist das Thema Eisenbahn noch nicht vom Tisch, sagt Björn Scholz – und beruft sich dabei auf das allgemeine Eisenbahngesetz. Demnach sei es so, dass eine Bahnstrecke nicht einfach rückgebaut werden kann, solange ein ernsthaftes Interesse besteht, wieder Zugverkehr zu ermöglichen. „Dann hat der Zugverkehr Vorrang“, erklärt Björn Scholz, der selbst hauptberuflich Lokführer ist und sich schon von Berufs wegen mit den Gesetzmäßigkeiten auskennt.

Das Thema Radweg auf der Bahnstrecke ist bereits im vorigen Jahr kontrovers diskutiert worden. Unter anderem mit der Landkreisspitze, allen voran Landrat Bernd Lange (CDU) gibt es etliche Befürworter, die einen solchen Radweg als nützlich für die Region sehen. demgegenüber stehen die Radweg-Gegner, die nicht zuletzt aus Kostengründen den radwegbau ablehnen. Zu ihnen gehört beispielsweise auch Kottmar-Bürgermeister Michael Görke. Auch der Gemeinderat seiner Gemeinde hat sein Veto eingelegt. Die Folgekosten, zum Beipsiel für die Pflege der Strecke seien nicht absehbar. Finanzierung und tatsächliche Kosten allein für den Bau seien zudem noch offen, wird kritisiert.

Und dazwischen stehen die Bahnverfechter, die jetzt neue Chancen sehen, die Strecke sogar wieder zu beleben.