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Bäume fällen am Flugplatz

Der Freistaat lässt Bewuchs auf den Sheltern des Großenhainer Flugplatzes roden – um diese dann abzureißen.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Christopher Pollmer und David Röthig haben einen zugigen Arbeitsplatz. Eingemummelt in Mützen, dicken Arbeitsjacken und Handschuhen stehen sie auf den großen Sheltern auf der Nordfläche des Großenhainer Flugplatzes. Die Kettensäge heult, der eisige Wind pfeift.

Aber die Bäume und Sträucher müssen herunter – denn der Freistaat will als Eigentümer etliche Shelter und abbruchreife Gebäude wegreißen. Dafür wird bis 28. Februar gesägt. Gewachsen sind die Bäume seit der Wende, manche noch länger schon zu Sowjetzeiten auf dem früheren Militärplatz.

Mit den Arbeiten ist nun der Startschuss zu einer der größten Altlastensanierungen des Freistaates gegeben – und die findet in Großenhain statt. Denn bald rücken die Bagger auf das Gelände vor. Bis 2021 wird verseuchte Erde getauscht. Der Shelter-Abriss wird die markanteste Aktion auf dem Flugplatz sein – die aufwendigste ist allerdings der Erdaushub. Denn die teuersten Altlasten liegen unter der Erde. Flugzeugtreibstoff, Kerosin, wird hier seit über 20 Jahren aus der Großenhainer Erde gefördert.

Auf dem Flugplatzgelände, dort wo die Russen 40 Jahre lang ihre Haupttankstelle hatten. Das braune Gebräu dient sogar als Kraftstoff für die laufenden Stromaggregate. So nutzt es immerhin noch etwas. Auf vier Hektar Sanierungsfläche wird seit Anfang 2000 unablässig Erdreich durchgefiltert. Seit Jahren rattern hier die Pumpen, saugen aus 34 Brunnen den Flugzeugtreibstoff in einen 40000-Liter-Tank. Der ist nach gut einer Woche voll. Dann holt ein Tankfahrzeug das Kerosin ab. „Eine Berliner Firma nutzt es als Brennstoff in der Asphaltherstellung“, erklärte Ludwig Coulin, der Niederlassungsleiter im Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) damals bei einem Vor-Ort-Termin. Er ist gewissermaßen der Hausherr der Förderstelle, denn sie befindet sich auf dem Teil des Flugplatzgeländes, der dem Freistaat gehört.

Mindestens eine Million Liter Kerosin soll über dem Grundwasser lagern. Die Stärke dieser Kerosinschicht haben Experten stets kontrolliert. Zwar hatten die Probe-Bohrungen ergeben, dass die Kerosin-Seen, wie die Altlasten hier romantisch genannt werden, nirgends über das Vier-Hektar-Areal hinausreichen. Doch die wechselnden Sand- und Lehmschichten sorgen für ein schwer zu durchschauendes unterirdisches Fließverhalten. Die Pumpen sind deshalb mit Sensoren ausgerüstet. Wenn sie statt Kerosin Wasser ziehen, schalten sie sofort ab.

Deshalb haben die Entsorgungsfirmen auch die TU Dresden mit ins Boot geholt. Nach umfangreichen Erkundungsbohrungen wurde eingezeichnet, wo die größten Gefahren lauern. 2004 musste der Freistaat Sofortmaßnahmen beschließen. Die Kerosin-Seen drohten, in riesigen Blasen aufzuschwimmen und in Grundwasserschichten einzudringen. Das wäre eine ökologische Katastrophe für die Stadt gewesen.

Also, so Ludwig Coulin, mussten die alten Lagertanks sowie die dazugehörende Treibstoff-Ringleitung von rund 15 Kilometer Länge geleert, gereinigt und stillgelegt, teilweise auch ausgebaut werden. Die Sanierung im Bereich der Kartbahn gelang punktgenau an der Grundstücksgrenze zur Stadt im Jahr 2005. Im Tanklager KS 6, einem ehemaligen zentralen Umschlagplatz der Treibstoffe, war der Kerosin-See 2011 abgepumpt.

Der Kerosin-See im Bereich der Ringleitung Nordwest wurde 2013 beseitigt. Bisher sind allein dafür insgesamt Kosten in Höhe von zwölf Millionen Euro angefallen. Nun wird weiter geplant. Ganz klassisch wird in einzelnen Arealen der Boden ausgetauscht wie schon früher. Das verseuchte Erdreich wird sofort vor Ort behandelt. Im Frühjahr 2018 soll der größte Erdaustausch, den es jemals in der Region gegeben hat, dann beginnen.

Die Verseuchung ist derart gewaltig, dass die Anlage bis 2021 durchweg laufen soll. Die Leistungen sind natürlich mit den Naturschutzbehörden abgestimmt.