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Bad Schandau will Hauptstadt der Gesundheit werden

Eine Machbarkeitsstudie für den alten Gymnasium-Komplex bringt ein spektakuläres Ergebnis. Wissenschaftler sind begeistert.

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© Dirk Zschiedrich

Von Gunnar Klehm

Bad Schandau. Begriffe wie World Life Center, Floating, Virtual Environment und Weltsportplatz flogen am Mittwochabend im Stadtrat von Bad Schandau durch den Ratssaal. Wer nicht vom Fach war, verstand zwischenzeitlich nur wenig, bis es eine Übersetzung beziehungsweise Erklärung gab. Eines war aber wohl jedem klar: Hier geht es um etwas ganz Großes, etwas Einzigartiges, was in Bad Schandau entstehen soll.

Den Glanz alter und neuer Zeit kann man im Hauptgebäude gut erahnen.
Den Glanz alter und neuer Zeit kann man im Hauptgebäude gut erahnen. © Dirk Zschiedrich

Ausgangspunkt ist das seit Jahren leer stehende Gebäudeensemble des alten Gymnasiums zwischen St.-Johannis-Kirche und Toskana-Therme. Dafür hatte die Stadt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, damit sich an dieser Brache endlich etwas tut. Am Mittwoch stellte Planer Andreas Mascha die Ergebnisse vor und machte sprachlos. Denn seiner Ansicht nach könnte Bad Schandau so etwas wie die Hauptstadt des sogenannten 2. Gesundheitsmarktes – also Prävention ohne Verschreibungen – werden, wo alles Gute der größten Heiltraditionen der Welt zusammenkommt. So etwas gäbe es weltweit noch nicht, wäre ein Alleinstellungsmerkmal für Bad Schandau und eine ganzjährige Attraktion. Das seien internationale Maßstäbe, in denen seinerzeit auch der berühmte Sohn der Stadt, Rudolf Sendig, mit seinen Plänen vom Weltsportplatz in Ostrau dachte.

Wie sollen die sanierten Gebäude genutzt werden?

Die Immobilie besteht aus zwei Schulgebäuden. Das elbseitige steht unter Denkmalschutz. Dort soll ein modernes Entertainmentcenter entstehen. Früher hätte man einfach Ausstellung dazu gesagt. Dort sollen in den Obergeschossen die wichtigsten Naturheilkundeverfahren der Welt betrachtet werden können. Dazu gehören bekannte wie die traditionelle chinesische Medizin oder die des christlichen Abendlandes, aber auch weniger einflussreiche wie die afrikanischer oder anderer Naturvölker bis hin zu Elementen des Schamanismus. Das Ganze firmiert unter dem Titel „Interkulturelles Naturheilkundezentrum“ oder eben „World Life Center“ (WLC). Dort sollen die Inhalte der erfolgreichsten Heiltraditionen vermittelt werden. Im anderen Gebäude könnte es Anwendungen und Service geben. Die Stadt hofft, ein Gebäude abreißen zu können und dort neu zu bauen.

Wer hilft bei der Umsetzung des Großprojektes?

Dazu hat Planer Mascha schon erstaunliche Kontakte geknüpft und Koryphäen ihres jeweiligen Fachs begeistert und sogar eingebunden. Wenig überraschend ist, dass die Toskanaworld integriert ist, die in der Nachbarschaft das Hotel Elbresidenz und die Toskana-Therme betreibt. Eine konkrete Zusammenarbeit gibt es bereits mit der Bauhaus-Universität Weimar. Professorin Luise Nerlich erklärte in der Ratssitzung, dass sie mit Architekturstudenten auf jeden Fall 16 Masterarbeiten zum WLC im alten Gymnasium erarbeiten lässt. Es gab bereits Vor-Ort-Termine. Die nächste Gruppe reist im November an. Von der Hochschule Zittau/Görlitz ist Vertretungsprofessor Maik Hosang eingebunden. Er ist überzeugt, dass mit moderner Technik virtuelle Erlebnisräume geschaffen werden können. So wäre es möglich, interessante Schauen etwa aus dem Hygiene-Museum Dresden nach Bad Schandau zu transformieren oder Naturheilmethoden zu beobachten, ohne real nach Dresden oder gar auf fremde Kontinente reisen zu müssen.

Wurden noch Alternativen für die Nutzung untersucht?

Das WLC war nicht das einzige Projekt, das in der Machbarkeitsstudie analysiert wurde. Untersucht wurde auch die Nutzung als Bergsteigerzentrum, als Wohnraum, als Gästeunterkunft oder als Seminar- und Tagungszentrum. In die engere Wahl käme höchstens noch das Bergsteigerzentrum. Die Fördermöglichkeiten sind aber nirgends so gut wie beim Gesundheitstourismus. Hier wird zudem von einem wachsenden Markt ausgegangen, der eine höhere Kaufkraft und internationale Aufmerksamkeit für die Stadt verspricht und Fachkräfte in die Region bringen wird.

Was soll der gesamte Bau am Ende kosten?

Der Stadtrat will jetzt im Technischen Ausschuss darüber beraten, was mit den Ergebnissen der Studie gemacht werden soll. Die Stadt, die Räte selbst oder erneut ein externer Planer müssten nun sowohl eine Finanzierungsplanung als auch ein konkreteres Betreiberkonzept entwickeln. Erste Ansätze wurden genannt. In der Studie werden die Gesamtkosten auf knapp drei Millionen Euro geschätzt. Dafür einen Investor zu finden, dürfte schwierig sein. Nur die Stadt als Eigentümerin der Immobilie könnte für den Bau Fördermittel beantragen und die Räume verpachten. Einen schnellen Baubeginn kann es aber nicht geben, weil es aussichtslos ist, dass die Stadt schon 2018 alle erforderlichen Eigenmittel dazu aufbringen kann. Das soll nun für die Folgejahre geprüft werden.