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Babysitter dringend gesucht

Die Nachfrage ist hoch, nicht nur während Kita-Streiks. Die Dresdner Agentur Krümel hat sich darauf spezialisiert, Kinderbetreuung zu vermitteln..

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Kita-Streik. Wenn Tina Liebscher und Sandy Klein dieses Wort hören, wissen sie: Jetzt wird es stressig, klingelt ihr Telefon noch etwas öfter, landen zusätzliche E-Mails im Postfach. Auch in dieser Woche suchen viele Dresdner Eltern Hilfe – vom Babysitter. Am Freitag drohen Warnstreiks in den kommunalen Kitas. „Wenn es wirklich so kommt, klingelt hier ab sechs Uhr morgens das Telefon“, sagt Tina Liebscher. Mit ihrer Agentur „Krümel Babysitterservice“ helfen die beiden Gründerinnen aber nicht nur in diesen Situationen. In der Geburtenhauptstadt Dresden sind immer mehr Familien auf der Suche nach Hilfe bei der Kinderbetreuung.

Der Berater war wohl nicht gut beraten. Als die zwei vor sechs Jahren einem Gründungsexperten ihre Idee einer reinen Babysitter-Agentur vorstellten, riet er ihnen ab. „Das konnten wir nicht glauben“, sagt Tina Liebscher. Sie hatte Erziehungswissenschaften in Dresden studiert und schon während dieser Zeit als Babysitter gearbeitet. „Die Nachfrage war so groß, dass ich oft auch Mitstudenten vermittelt habe.“ Auch ihre Freundin Sandy Klein, die sie schon seit der Kindheit im mittelsächsischen Großhartmannsdorf kannte und die an der HTW Dresden Management studierte, konnte sie für diesen Studentenjob begeistern. Der Bedarf war da, wussten die Freundinnen deshalb nur allzu gut.

Also hielten sie an der Idee fest, stießen letztlich bei der Gründungsschmiede der HTW auf Interesse und Unterstützung. Im Jahr 2013 ging es los, ganz klein. Drei Babysitter hatten die beiden da in der Kartei, heute sind es über 100. Viele Frauen, ein paar Männer. Immer noch bewerben sich Studenten der Erziehungswissenschaften oder Erzieher in Ausbildung, aber auch Fachfremde. Alle lernen die Chefinnen persönlich kennen. Fast jede Woche haben sie Bewerbungsgespräche, prüfen genau. Sie suchen fähige Leute. Denn sie haben ein großes Ziel: schnell und gut zu helfen.

„Für fast 75 Prozent der Anfragen haben wir innerhalb von drei Tagen eine Lösung“, erklärt Sandy Klein. Die meisten Eltern suchen einen Babysitter, wenn sie abends einmal weggehen wollen. „Wir haben aber auch etliche Kunden, die regelmäßig länger arbeiten müssen.“ Dann kümmert sich ein fester Babysitter um das Abholen der Kinder aus der Kita und die Betreuung danach. Familien und Babysitter lernen sich vorher bei einem Gespräch kennen. Denn die Chemie muss stimmen. „Das ist für beide Seiten wichtig. Für die Eltern, die ihre Kinder von einer bis dato fremden Person beaufsichtigen lassen. Und für den Babysitter, der so einen Einblick ins Familienleben bekommt. Die meisten Familien greifen danach immer wieder gern auf denselben Babysitter zurück. Schwieriger wird es mit der Vermittlung, wenn die Kunden am Stadtrand wohnen oder unübliche Betreuungszeiten nachgefragt werden, beispielsweise sehr zeitig am Morgen. Dann muss sich im großen Agentur-Verteiler erst einmal jemand finden, der den Job übernimmt.

Die Agentur Krümel ist die einzige auf dem Dresdner Markt, die ausschließlich Babysitter vermittelt. Neben einigen selbstständigen Anbietern haben zwei weitere Unternehmen Kinderbetreuung zusätzlich zu anderen Dienstleistungen wie Putzhilfen, Gärtner oder Handwerker im Angebot. Cristin Sander, Chefin der Agentur Wirbelwind, bestätigt die konstant hohe Nachfrage nach Kinderbetreuung in Dresden. „Wir haben allerdings ausschließlich Kunden, die in einem festen Turnus Unterstützung bei der Kinderbetreuung brauchen“, sagt sie. Babysitter auf Abruf könnte sie nicht vermitteln. Rund die Hälfte ihrer 50 Mitarbeiter übernimmt regelmäßig die Betreuung von Kindern. Die Agentur ist gut ausgebucht. „Momentan ist es aber leider schwierig, geeignetes Personal zu finden.“

Während andere Agenturen zusätzlich zu den Stundenpreisen, die zwischen zehn und 17 Euro liegen, noch monatliche Servicegebühren verlangen, verzichten Tina Liebscher und Sandy Klein auf dieses Preismodell. Für eine Stunde zahlen Eltern zwölf Euro. Zehn Euro behält der Babysitter, zwei bekommt die Agentur. Noch können die beiden Gründerinnen nicht ausschließlich von ihrer Agentur leben. Wie es sich in Zukunft entwickelt, hängt davon ab, ob sie genug Babysitter haben. Einen Engpass gibt es schon jetzt in den Semesterferien, wenn viele Studenten weg sind.

Die Geschäftsidee hat sich weiterentwickelt. Über die Agentur können Kinderbetreuer für Veranstaltungen gebucht werden, die dann mit den Kindern eine Schatzsuche unternehmen oder Kinderschminken anbieten. Hotels bitten um Hilfe, wenn Touristen abends auch mal ohne Kinder in die Oper gehen wollen. „Wir haben aber auch Anfragen von Firmen“, sagt Sandy Klein. Die organisieren eine zentrale Betreuung der Kinder ihrer Mitarbeiter – wenn in den Kitas gestreikt wird.