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Babyboom und Hochzeitsfieber

226-mal wurde im vergangenen Jahr in Coswig Ja gesagt. Für 2017 gibt es noch freie Schnapszahl-Termine.

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© Norbert Millauer

Von Peggy Zill

Coswig. Mutter und Tochter sitzen gemeinsam vor der Standesbeamtin und geben ihren Männern das Jawort. Diese Doppelhochzeit ist eine der ungewöhnlichen Geschichten des vergangenen Jahres aus dem Coswiger Standesamt. Und dann war da noch das Brautpaar, das in Tracht gekleidet erschienen ist. „Sogar die drei Monate alte Tochter trug ein Dirndl“, erzählt Petra Gulde, die seit 1997 Paare in Coswig traut und sich keinen schöneren Beruf vorstellen kann. Denn bei Standesbeamtinnen kommt keine Langeweile auf.

Glück und Trauer liegen da nah beieinander. Neben den Eheschließungen und der Begründung von Lebenspartnerschaften beurkunden sie Geburten und Sterbefälle und kümmern sich um Namensänderungen oder Kirchenaustritte. Auch ein Paar, das sich in Las Vegas das Jawort gegeben hatte, wünschte im Nachhinein eine deutsche Eheurkunde. Für Kinder, die in Japan, China und der Russischen Förderation geboren wurden, sind im Coswiger Standesamt Nachbeurkundungen von den Eltern gewünscht worden.

Heiraten ist wieder in. „Die geburtenreichen Jahrgänge sind jetzt in dem Alter“, sagt die Standesbeamtin. Und auch die Zahl der Geburten ist in den vergangenen Jahren gestiegen. „Der Trend geht sogar zum dritten Kind“, hat Petra Gulde festgestellt. Als vielfältig und interessant beschreibt sie ihre Aufgaben. Und obwohl sie das schon so lange macht, ist für sie jede Trauung etwas Besonderes. „Individuelle Wünsche der Brautpaare werden gerne berücksichtigt.“

Ihre Rede muss gelegentlich auch übersetzt werden. Wenn zum Beispiel die Braut aus Brasilien, Tschechien oder der Ukraine kommt, wie es 2016 vorgekommen ist. Seit 2005 können auch gleichgeschlechtliche Paare eine Lebenspartnerschaft begründen. Im vergangenen Jahr taten dies in Coswig zwei Männer. Alle Frischvermählten bekommen zum Schluss das Hochzeitsbrot der Bäckerei Volkmar Franke mit Salz überreicht – allerdings nur für die erste Ehe. Das ist schon lange Tradition und soll die Ehe ewig halten lassen.

Geheiratet werden kann im modernen Trauzimmer mit Dachterrasse in der dritten Etage des Rathauses mit bis zu 35 Gästen und sonnabends in der Villa Teresa, wo 80 Gäste Platz finden. Dass es sich in Coswig schön heiraten lässt, hat sich mittlerweile herumgesprochen. „Es kommen viele Paare aus Dresden“, so Petra Gulde. Denn dort einen Termin zu bekommen, ist schwierig. 113 Paare haben sich das „Für immer“ im vergangenen Jahr in Coswig versprochen. 66 taten dies in der Villa Teresa, 47 im Trauzimmer des Rathauses mit seiner Dachterrasse. Wobei der Sonnabend nach wie vor der beliebteste Tag zum Heiraten ist, an einem Dienstag wollte 2016 nur ein Paar den Bund der Ehe eingehen.

Im Jahr zuvor waren es 139 Hochzeiten, 2014 gaben sich 150 Paare das Jawort. Der Rückgang liegt an der Personalsituation. Eine Standesbeamtin befindet sich in Elternzeit. Bei Krankheit gab es für Petra Gulde keine Vertretung. Am 21. Dezember 2015 passierte, was nicht passieren darf: Im Kalender standen zwei Hochzeiten, aber es war keine Standesbeamtin da. Hilfe kam an diesem Tag zum Glück aus Weinböhla.

Und seit 1. Februar hat Coswig eine dritte Standesbeamtin, die im Notfall einspringen kann. Luise Zimmermann arbeitet eigentlich im Bauamt, hat sich im vergangenen Jahr aber zur Standesbeamtin ausbilden lassen. Ein halbes Jahr musste sich die Diplom-Verwaltungswirtin im Fachbereich einarbeiten. Danach belegte sie einen zweiwöchigen Grundlehrgang in Bad Salzschlirf, an der einzigen Akademie für Personenstandswesen. „Da ging es vor allem um die gesetzlichen Grundlagen. Es gab aber auch Übungen“, erzählt die 26-Jährige.

Nach bestandener Prüfung wurde sie am 1. Februar von Oberbürgermeister Frank Neupold vor den Stadträten bestellt. Sie wird dennoch hauptsächlich im Bauamt tätig sein. Voraussichtlich im Sommer kommt die zweite Standesbeamtin aus der Elternzeit zurück.

Arbeit werden die drei Frauen auch in diesem Jahr genug haben. 85 Termine sind bereits reserviert. An den Schnapszahltagen wie den 17.07.2017 hat das Standesamt aber noch Kapazitäten. Gut gebucht ist erneut die Villa Teresa. Denn wie Petra Gulde festgestellt hat, wollen die Paare heutzutage gern alle Hochzeitsgäste schon zur Trauung dabei haben.