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Das Auto-Navi der Zukunft

Der neue Chef von Preh in Dresden verwechselt noch Straßennamen, schafft aber 120 Jobs.

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© kairospress

Von Georg Moeritz

Dresden. In den Gewerbepark Merbitz im Dresdner Westen fahren eher selten Linienbusse. Ein Auto mit Navigationssystem hilft auf dem Weg dorthin, zu einem Unternehmen mit 520 Mitarbeitern. Preh Car Connect GmbH heißt der Betrieb, der bis Jahresende auf 600 Beschäftigte wachsen soll. Den Namen kennt noch kaum jemand in Sachsen: Bis Ende April war die bekanntere Firma Technisat Besitzer dieser Entwicklungsstätte für Autoradios und Navis. Was dort entwickelt wird, steckt vor allem in Autos des VW-Konzerns, samt Skoda und Seat. Der neue Besitzer Preh macht Hoffnung auf neue Aufträge von mehr Automarken, auf noch mehr Jobs.

Landhaus-Baustil für Hochtechnologie-Entwickler: Preh sitzt als Nachfolger von Technisat in diesem Bau von 1992. Gegenüber ist noch Land frei.
Landhaus-Baustil für Hochtechnologie-Entwickler: Preh sitzt als Nachfolger von Technisat in diesem Bau von 1992. Gegenüber ist noch Land frei. © Rolf Heselbarth
Christoph Hummel, Geschäftsführer Preh Holding, Bad Neustadt
Christoph Hummel, Geschäftsführer Preh Holding, Bad Neustadt

Schon wächst das Dresdner Unternehmen an zwei Stellen: Weil eine Erweiterung in Merbitz erst geplant werden muss, hat der neue Geschäftsführer Ralf Voß Büros für 100 Mitarbeiter im ehemaligen Gebäude der pleitegegangenen Mikrochipfirma Qimonda gemietet. Im Dresdner Norden. An der Königswieser Straße, wie Voß vorsichtig sagt, aber dann doch lieber seine Kollegen statt eines Navigationssystems fragt: Königsbrücker Straße heißt diese Adresse richtig.

Spätestens im „Dauerlauflabor“ im Keller des Unternehmens wäre der Fehler wohl aufgefallen. Dort blinken Hunderte Navis im Test vor sich hin, manche mit einem Stadtplan von Peking, andere mit einer Stauwarnung aus Alleringersleben. Auch einen schalltoten Testraum gibt es bei Preh – und schließlich ein Labor, dessen Wände und Decke ganz mit halbmeterlangen Zacken bewehrt sind. Als wären Dutzende Herrnhuter Sterne zerlegt worden. In diesem Folterkeller hinter einer Tresortür testet Preh die elektromagnetische Verträglichkeit der Prototypen.

Der Autoteile-Hersteller Preh aus Bad Neustadt an der Saale in Unterfranken hat die Dresdner Entwicklungsfirma gekauft, um seinen Kunden aus der Autoindustrie mehr bieten zu können. Von Preh gibt es schon Lenkrad-Multifunktionsschalter für die Mercedes-E-Klasse, Batteriemanagementsysteme für die elektrisch betriebenen BMW i3 und i8 aus Leipzig und auch robuste Cockpit-Teile für Traktoren. Nun sind die Navigationssysteme dazugekommen, die in Dresden entwickelt und dann in Thüringen und Polen gebaut werden.

Preh-Chef Christoph Hummel aus Bad Neustadt versichert, dass den Dresdner Mitarbeitern kein Stellenabbau durch interne Konkurrenz in dem neuen Konzern droht. Vielmehr werde Preh „sehr dynamisch“ wachsen und Arbeitsplätze ausbauen. Für dieses Jahr verspricht Hummel Dresden einen Zuwachs um 120 Stellen. Ein Teil davon ist seit dem Kauf schon besetzt worden, rund 80 sind frei: vor allem für Software-Entwickler, dazu einzelne für Experten für Hardware, Controlling und Einkauf. Das Unternehmen arbeite auch mit der Technischen Universität Dresden und der HTW zusammen und vergebe Studienarbeiten, berichtet Stefan Gottschlag, Geschäftsführer für Produktentwicklung.

Wenn Preh neue Aufträge bekommt, kann die Dresdner Entwicklungsfirma zügig wachsen, versichert Standortchef Voß. Vor einigen Jahren stockte auch Technisat um 100 Stellen auf, als ein großer Auftrag von VW hereinkam. Technisat hat von seinen Dresdner Mitarbeitern 80 Experten für Heimelektronik behalten; sie zogen von Merbitz in die Washingtonstraße.

Der neue Besitzer Preh gehört seit 2011 zur Joyson-Gruppe in Ningbo – einem chinesischen Konzern. Chef Hummel kennt die Vorbehalte gegenüber chinesischen Investoren und versichert ungefragt: „Wir nehmen unsere Besitzer sehr positiv wahr.“ Joyson sei kein Staatskonzern und habe jedes Jahr im Durchschnitt 100 neue Stellen in Bad Neustadt geschaffen. „Ähnliches wünschen wir uns für die kommenden Jahre hier“, sagt Hummel.

Denn für die Autos der Zukunft gibt es viel zu entwickeln: Noch zeigen Navigationssysteme Staus an, die sich längst aufgelöst haben. Geschäftsführer Voß verspricht, dank Datenwolken (Clouds) werde es das nicht mehr lange geben. Das Infotainment-System der Zukunft bekommt Echtzeit-Daten drahtlos. In fünf Jahren werden Autoschlüssel in immer mehr Neuwagen überflüssig, dank Smartphone- oder Gesichtserkennung. Und in etwa acht Jahren gelingt auch die Positionsbestimmung auf fünf Zentimeter genau, schätzt Voß. Sächsische Entwickler tragen dazu bei.