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Die meisten ignorieren Tempo 30

Sechs Wochen lang zeigte eine vom Bündnis Verkehrsentlastung Elbtal bereitgestellte Tafel die Geschwindigkeit der Autos an. Doch das war nicht alles.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Volkersdorf. Die verkehrsgeplagten Anwohner der Volkersdorfer Ortsdurchfahrt waren froh, als die von der Radebeuler Initiative leihweise zur Verfügung gestellte Tempo-Tafel am 20. Februar an der Staatsstraße angebracht wurde. Auch wenn sie nicht in dem Abschnitt hing, für den die Volkersdorfer beim Landratsamt eine generelle Tempo-30-Reglung für Lkws und Pkws eingefordert hatten. Diese war abgelehnt worden, was schließlich zum Angebot der Radebeuler führte.

Als dann ab 1. März überraschend in dem umstrittenen Abschnitt die Lkw-Zusatzzeichen zur Seite gedreht wurden und damit nun auf der gesamten Ortsdurchfahrt von allen nur noch 30 km/h gefahren werden darf, kam die Tafel endlich dorthin. Hatte sie zunächst die Geschwindigkeit der Fahrzeuge in Richtung Radeburg gemessen, zeigte sie nun den Fahrern in der Gegenrichtung das Tempo an. Bis zum Donnerstag der vergangenen Woche. Da bauten Radeburger Bauhofmitarbeiter das Gerät wieder ab und gaben es den Radebeulern zurück.

Diese haben inzwischen die während der Einsatzzeit in Volkersdorf erfassten Daten ausgelesen und aufbereitet. Jürgen Simon, einer der Volkersdorfer Akteure, war gespannt auf die Aufzeichnungen. Denn seine Beobachtungen während der sechs Wochen, in denen die Tempo-Tafel in Volkersdorf hing, ließen nichts Gutes erwarten. „Ich hab mehrmals die Tafel in Richtung Hellerau beobachtet und festgestellt, dass sich nur wenige Fahrer an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten. Auch Busse und Lkws sind sehr oft zu schnell, ganz zu schweigen von den Rasern im Pkw, die manchmal beim Anzeigen der Geschwindigkeit abgebremst haben und trotzdem noch viel zu schnell waren.“

Wenn er mit drei Fingern auf die geltende Geschwindigkeit hingewiesen habe, sei das Zeigen eines Vogels meist noch die harmloseste Reaktion gewesen, ergänzt der Volkersdorfer.

Die jetzt vorliegenden Messergebnisse bestätigen die Erfahrungen des Anwohners. Zumindest, was die Geschwindigkeit der meisten Fahrzeuge angeht. Die sogenannte V 85 in Richtung Radeburg lag bei 39 km/h. Das heißt, 85 Prozent der Pkws und Lkws waren mit dieser Geschwindigkeit oder langsamer unterwegs. In der Gegenrichtung lag dieser Wert sogar bei 45 km/h. Wobei die erstellten Diagramme zeigen, dass der Anteil der Autofahrer, die sich an Tempo 30 halten, im Durchschnitt bei nicht mehr als einem Drittel liegt.

Die jetzt ermittelten Daten kommen übrigens den Messungen des Landratsamtes vom vergangenen Jahr nahe. Damals war für Lkws in beide Fahrtrichtungen eine V 85 von 46 km/h ermittelt worden. Für Pkws galt damals noch Tempo 50. Hier betrug die V 85 in Richtung Radeburg 51 km/h und in Fahrtrichtung Dresden 46 km/h. Die permanenten Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Lkws hatten dem Amt mit als Argument gegen Tempo 30 auch für Pkws gedient. Sinnvoller sei eine Überwachung und Durchsetzung der vorgeschrieben Geschwindigkeit, schrieb damals das Landratsamt. Kontrollen sind auch aus Sicht von Jürgen Simon wichtig. „Leider habe ich in den letzten Monaten hier keinen Blitzer gesehen.“

Auch auf eine neue Tempo-Tafel müssen die Volkersdorfer weiter warten. Zwar hat der Radeburger Stadtrat Ende Januar beschlossen, zwei Stück zu kaufen, aber dafür braucht die Stadt einen genehmigten Haushalt. „Vor Juni werden wir diesen nicht haben“, sagte Bürgermeisterin Michaela Ritter (parteilos) auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung.