Von Katarina Gust
Rückersdorf. Es war mitten in der Nacht, als Alexander Grützner aufschreckte. Ein ungewohntes Geräusch hatte den Rückersdorfer geweckt. Ein Automotor, der aufheulte, immer und immer wieder. Außerdem ein fluchender Autofahrer, der mit seinem Wagen nicht mehr vom Fleck weg kam.
Abgespielt hat sich diese skurrile Szene am frühen Mittwochmorgen, gegen 3 Uhr, an der Oberdorfstraße in Rückersdorf. Alexander Grützner beobachtete den verzweifelten Mann eine Weile durch das Fenster. Dann ging er nach dem Rechten schauen. Ihm kam die ganze Szenerie von vornherein etwas spanisch vor. Ihn zog es aber vor allem nach draußen, um zu helfen. Der Autofahrer kämpfte mit dem Schnee. Sein Skoda Oktavia Kombi mit Sebnitzer Kennzeichen hatte sich auf eisigem Untergrund festgefahren. Es ging nicht mehr vor, noch zurück. Etwa eine Stunde lang versuchte der 40-jährige Deutsche im Dunkeln, den Wagen zu bewegen. In seiner Not schleppte er sogar Holzbalken an, legte sie unter die Vorderreifen. Auch eine Decke und Warnwesten kamen zum Einsatz. Sie sollten den Rädern wieder Grip verleihen. Doch jeder Versuch scheiterte, berichtet Alexander Grützner.
Als er den Mann ansprach, war dieser bereits ungehalten. Was er mitten in der Nacht hier mache, wollte der Rückersdorfer wissen. Grützner kennt so gut wie jeden Anwohner im Ort. Dieses Gesicht gehörte nicht dazu. Außerdem stand der Wagen nicht einfach nur auf der Straße. Der Skoda wurde auf ein verlassenes Grundstück gefahren. Der Dreiseithof an der Oberdorfstraße steht schon länger leer, der Eigentümer scheint sich nicht darum zu kümmern. Deshalb hatte sich auf dem Areal eine dicke Schneedecke angesammelt, die nicht geräumt wurde. Sie wurde dem Skodafahrer zum Verhängnis. „Der Mann behauptete mir gegenüber, er sei auf der Suche nach Antiquitäten“, schildert Alexander Grützner. Grützner traute der Sache nicht so recht. Sein Gefühl war richtig.
Polizeibericht vom Donnerstag
Anwohner informierten schließlich die Polizei, um dem Autofahrer zu helfen. Beamte des Sebnitzer Reviers fuhren nachts nach Rückersdorf. Helfen konnten sie dem Skoda-Fahrer allerdings nicht. Im Gegenteil. Bei der Kontrolle vor Ort stellte sich heraus, dass der 40-Jährige keine Fahrzeugpapiere vorlegen konnte. Denn der Wagen wurde in der gleichen Nacht in Rennersdorf-Neudörfel gestohlen. Der eigentliche Besitzer hatte den Diebstahl seines Skodas zu dieser Zeit noch nicht bemerkt. Er wurde erst auf den Diebstahl aufmerksam, als die Polizisten wenig später bei ihm klingelten. Für den Autodieb endete die nächtliche Spritztour damit in Rückersdorf. Die Beamten nahmen den Mann vorläufig fest. Er wurde am Donnerstag einem Ermittlungsrichter vorgeführt.
Das gestohlene Auto selbst blieb noch bis zum Vormittag im Eis stecken. Der Wagen wurde dann von seinem eigentlichen Besitzer aus Rennersdorf-Neudörfel abgeholt. Die Spuren der kriminellen Nacht sind jedoch immer noch in Rückersdorf zu sehen. „Die Decken, Warnwesten und Holzbalken hat der Eigentümer nicht mitgenommen, sondern liegen lassen“, sagt Anwohner Alexander Grützner.