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Ausverkauf in Ruppersdorf

Christa Ottersky muss ihren Laden schließen und wünscht sich noch einmal viele Kunden.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Ruppersdorf. Die Regale im kleinen Ruppersdorfer Laden sind bunt und gut bestückt: Töpfe und Pfannen in allen Größen stehen aufgereiht, eine Regaletage ist dicht mit Glasschalen besetzt, Brotdosen mit den Digedag-Comic-Helden stapeln sich in einem Korb. Von Salz- und Pfefferstreuern in Kuhform über Namenstassen für Matthias und Martin bis zu filigranem oder hölzernem Weihnachtsschmuck reicht hier die Auswahl. Das alles zu sehr günstigen Preisen, denn hier ist Ausverkauf.

Für Christa Ottersky ist diese Warenfülle beileibe kein leichter Anblick. Denn es fühlt sich ein bisschen so an, als verkaufe sie mit diesen Waren auch ein großes Stück ihres Lebens – und vor allem all die Jahre mit ihrem Mann. Wilfried Ottersky ist vor zwei Monaten plötzlich verstorben. Seine Frau allein kann den Laden und vor allem auch den im Ort beliebten Catering-Service nicht mehr aufrechterhalten und hat sich nun, mit 65 Jahren, schweren Herzens zum Aufgeben entschlossen.

Kennengelernt haben sich die beiden bei der Arbeit: Sie war damals beim Fleischer, den es im selben Haus gab. Er war Kraftfahrer bei der HO. 33 Jahre waren beide verheiratet – nicht nur miteinander, sondern im Grunde auch mit ihrem Geschäft. Das bauten sie sich nach der Wende auf und es sollte ihr gemeinsames Leben bestimmen: „Mein Mann war gelernter Baufacharbeiter und hat als Kraftfahrer gearbeitet, für mich hat er extra noch eine Ausbildung zum Verkäufer und Verkaufsstellenleiter gemacht“, erinnert sich Christa Ottersky.

Ab 1990 wurden sie im Ort eine wichtige Einkaufsadresse: „Wir haben klein angefangen“, sagt Frau Ottersky. Fleischerei, Haushaltswaren, Gemüse, Getränke und Backwerk – am Ende boten sie ihren Kunden eine enorme Palette. Zwei Filialen betrieb das Ehepaar mit Angestellten später zusätzlich: den früheren Kellerkonsum in Herrnhut, gegenüber Foto-Schmorrde, und den früheren Konsum in Ottenhain. „Urlaub haben wir in den ganzen Jahren nicht gemacht, der Laden war ja immer offen“, sagt sie und fügt hinzu: „Und wir waren bei der Arbeit eben immer zusammen.“

Dass sich die Wünsche und Vorstellungen der Kunden mit der Zeit änderten, bekamen auch die Otterskys zu spüren. Viele gingen eben nicht mehr bei „Otti“ einkaufen, sondern in den vielen Supermärkten ringsum. Bemerkbar machte sich auch, dass im Ort weniger Menschen als früher lebten, die Stammkunden wegblieben. Das änderte für das Ehepaar einiges. Nach etwa zehn Jahren gaben sie die Filialen auf, konzentrierten sich auf den ursprünglichen Laden und boten zusätzlich Catering für Feiern an. Letzteres war erfolgreich. „Buffet-Bestellungen für Familienfeste mit 80 oder bis zu 140 Leuten hatten sie oft“, erinnert sich Petra Fröde, die Cousine von Christa Ottersky. Sie hilft ihr derzeit, mit all den Dingen klarzukommen, die es nun zu regeln gilt. Und Frau Fröde hat auch selbst gern eine Bestellung aufgegeben: Klassische Hausmannskost gab es im Angebot. „Sie macht einen leckeren Kartoffelsalat, ihre Spezialität ist Zunge im Gemüsebeet, auch Rot- und Sauerkraut oder Kassler sind sehr lecker“, zählt sie die Köstlichkeiten auf, die viele im Ort gern bestellt haben.

Beliebt und legendär war aber noch ein anderer Ottersky-Imbiss: Hackepeter. Selbst zubereitet, gut gewürzt, gleich aufs Brötchen oder zum Mitnehmen – viele Ruppersdorfer haben da gern zugegriffen. „Ein bisschen stolz bin ich schon darauf“, sagt Christa Ottersky bescheiden. Eine schöne Erinnerung ist auch, dass sich sonnabends immer eine Brötchen-Schlange vor der Tür gebildet hat. Jetzt gibt es im Ort nur noch die Verkaufswagen der Bäcker, die vorbeikommen.

Christa Ottersky hätte gern noch ein bisschen weitergemacht im Laden. Doch das ist für sie nicht zu bewältigen. Zwar hatte das Ehepaar früher schon viele Helfer und auch jetzt stehen der Witwe Petra Hänsel und Hartmut Hempfe zur Seite. Aber all das Organisatorische und dazu noch das Catering, das am Ende das wichtigste Standbein war, schafft die Witwe nicht. „Mein Mann und ich hatten vor, ein bisschen kürzer zu treten – auch aus gesundheitlichen Gründen“, sagt sie. Dass das Ende nun so schnell kommt, trifft sie hart.

Was nach Ladenschluss kommt, daran mag sie noch nicht denken, Für ihre gemeinsame Tochter, die eine geistige Behinderung hat und betreut werden muss, wird sie da sein. Ebenso für die neun Katzen, die auch ihr Mann so liebte. Für sie hat er extra einen Zwinger am Haus gebaut. Bis Ende des Jahres hofft Christa Ottersky nun erst einmal, so viele Waren wie möglich zu verkaufen. „Das wäre eine echte Erleichterung“, sagt sie. Und einige echte Schnäppchen lassen sich auf alle Fälle finden.

Der Laden in der Hauptstraße 3 in Ruppersdorf ist an Arbeitstagen von 9 bis 17 Uhr bis Jahresende geöffnet.