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Ausstülpungen im Dickdarm

Sollten Dickdarmdivertikel operiert werden oder nicht? Antworten darauf gibt das nächste SZ-Gesundheitsforum.

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© Klinik

Herr Professor Stöltzing, bei welchen Beschwerden sollte der Verdacht auf Dickdarmdivertikel ärztlich abgeklärt werden?

Dickdarmdivertikel sind Ausstülpungen der Dickdarmschleimhaut und liegen typischerweise an den Eintrittsstellen der Gefäßversorgung des Dickdarmes. Die Divertikulose, das heißt das asymptomatische Vorhandensein von solchen Divertikeln des Dickdarmes, unterscheidet sich von der sogenannten Divertikelkrankheit. Letzteres bedeutet, es handelt sich um eine Divertikulose mit klinisch signifikanten Symptomen. Beide Erscheinungsbilder gehören zu den häufigsten Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes. Die Häufigkeit der Divertikulose liegt zwischen 28 und 45 Prozent in der Gesamtbevölkerung und über 60 Prozent bei den über 70-Jährigen.

Im Wesentlichen braucht nur die Divertikelkrankheit, das heißt das symptomatische Vorhandensein von Darmdivertikeln, weiter ärztlich abgeklärt werden. Die Leiden der Symptomatik sind typischerweise die linksseitigen Unterbauchschmerzen, die bis in den linken Mittelbauch ausstrahlen können, und auch als linksseitige „Blinddarmentzündung“ bezeichnet werden. Diese Beschwerden können so stark sein, dass die Patienten aufgrund der Intensität einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen. Bei leichten Beschwerden werden in der Regel niedergelassene Kollegen zur weiteren Abklärung aufgesucht. Bei akuten und schwersten Beschwerden wenden sich die Patienten optimalerweise an eine Krankenhausnotaufnahme, da auch ein Darmdurchbruch vorliegen kann. Spätfolgen der Divertikelkrankheit sind z.B. eine chronische Entzündung sowie eine narbige Engstellung des betroffenen Darmsegmentes, sodass ein Darmverschluss auftreten kann.

Welche diagnostischen Verfahren werden dabei eingesetzt?

Die diagnostischen Methoden hängen von der Symptomatik des Patienten und der Beschwerdeintensität ab. Patienten, die sich in der Notaufnahme vorstellen, haben in der Regel sehr starke Unterbauchschmerzen, sodass es Komplikationen der Divertikelkrankheit abzuklären gilt. Die schwerste und akuteste Komplikation ist der Darmdurchbruch. In der Regel werden zur Diagnosefindung und Bestimmung des Entzündungsgrades eine Ultraschalluntersuchung sowie Computertomografie des Bauchraumes durchgeführt. Die weitere Diagnostik und auch Behandlung hängt dann wesentlich von diesen beiden Untersuchungsschritten ab. Begleitend werden natürlich auch in einer Blutabnahme die sogenannten Entzündungsparameter bestimmt. Patienten mit weniger ausgeprägten Beschwerden und eher gelegentlichen Krämpfen im linken Unterbauch wenden sich typischerweise an eine gastroenterologisch ausgerichtete Praxis mit Möglichkeit der Darmspiegelung. Die Darmspiegelung klärt zum einen den Status des Dickdarmes ab im Sinne von Polypen, als auch die Ausprägung von Divertikeln oder chronischen Entzündungen.

Welche Möglichkeiten an klassischen und operativen Therapien stehen in den Elblandkliniken anschließend Betroffenen zur Verfügung?

Bei der Frage nach „klassischen“ Behandlungsmethoden der Divertikelkrankheit stößt man schon auf die erste Problematik. Jahrzehntelang existierte kein einheitlicher Standard zur Behandlung der Patienten mit symptomatischer Darmdivertikulose, sodass in Anbetracht der mittlerweile vorliegenden Datenlage in den vergangenen Jahrzehnten wahrscheinlich sogar zu viele Patienten einer operativen Behandlung zugeführt wurden. Seit wenigen Jahren gibt es glücklicherweise eine neue Leitlinie zur Behandlung dieser Patientengruppe, die von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten veröffentlicht und regelmäßig aktualisiert wird. Wir orientieren uns an den Elblandkliniken sehr stark an dieser existierenden Leitlinie, um die richtige Behandlung für unsere Patienten zu gewährleisten. Natürlich geht es beim Einzelnen um eine individuelle Einschätzung und Auswahl der Therapiekonzepte, sodass entweder konservative Behandlungsregime gewählt werden oder eben auch eine Operation.

Kurz gesagt: Es lassen sich zwei große Entwicklungen feststellen. Erstens: die Richtung geht in deutliche Reduktion der Anwendung von Antibiotika und zweitens: Nur bei definierten Erkrankungsformen (Stadien) der Divertikelkrankheit wird die Durchführung einer geplanten Operation im entzündungsfreien Intervall empfohlen. Diese sind zum Beispiel der gedeckte Darmdurchbruch (Stadium IIa) oder eine chronisch anhaltende Beschwerdesymptomatik bei weiter bestehender Entzündung des betroffenen Darmabschnittes (konservatives Therapieversagen). Bei diesen Patienten ist eine Operation sinnvoll. Sollte der Darm in die freie Bauchhöhle jedoch durchgebrochen sein, so ist in jedem Falle eine sofortige Notfalloperation erforderlich. Diese wird an den Elblandkliniken zu jeder Tages- und Nachtzeit durchgeführt.

Wo liegen die Risikofaktoren der Erkrankung? Was kann jeder zur Vermeidung tun?

Ein Schlüsselfaktor für die Ausbildung von Darmdivertikeln ist natürlich die Ernährung. Heute weiß man, dass es vor allem ballaststoff- und quellstoffreiche Kost ist, die den Druck im Darm normalisiert und so verhindert, dass sich Divertikel im Darm bilden und entzünden. Körperliche Aktivität und eine ausgewogene Ernährung mit Regulation der Darmfunktion begünstigen den Verlauf der Divertikelkrankheit.

Die Fragen stellte Kristin Koschnick.

Termin des nächsten SZ-Gesundheitsforums „Volkskrankheit Dickdarmdivertikel operieren oder nicht? “ ist der 20. September 2017 (verlegt vom 13. September) ab 18 Uhr im Elblandklinikum Meißen, Nassauweg 7, Konferenzraum 4.

Aufgrund begrenzter Platzkapazitäten bitten wir um telefonische Anmeldung unter  03521 41045520 oder  0351 837475670.

Der Eintritt ist frei.