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Ausschluss aus dem Gemeinderat?

Mit einem Mitglied sind Kreba-Neudorfer unzufrieden. Es soll nicht mehr mitentscheiden. Ein erster Versuch scheitert.

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© André Schulze

Von Katja Schlenker

Er habe in den vergangenen Tagen viele Einsprüche wegen Straßenausbaubeiträgen erhalten, aber dieser eine sei der bisher schlechteste. Dabei geht es im Schreiben, das Kreba-Neudorf Bürgermeister Dirk Naumburger in den Händen hält, um etwas ganz anderes. Einer der Gemeinderäte soll seines Amtes enthoben werden.

Ob dieser Punkt in die Tagesordnung aufgenommen wird, darüber ist in der vorherigen Sitzung des Gemeinderates abgestimmt worden. Und dabei habe die betroffene Gemeinderätin mit abgestimmt. So lautet der Vorwurf von sechs Gemeinderäten rund um Frank-Rainer Nissler, die den Einspruch unterzeichnet haben. „Diese Abstimmung widerspricht jeder Vernunft, wenn der Betroffene mit abstimmen darf“, erklärt der Initiator mündlich in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates.

Das stimme jedoch nicht ganz, entgegnet Dirk Naumburger. Zum einen sei zu dem beschriebenen Zeitpunkt generell über die Tagesordnung abgestimmt worden, wie in jeder Sitzung üblich, und nicht darüber, die Amtsenthebung auf die Tagesordnung zu setzen. Zum anderen gebe es keine Möglichkeit solch einen Punkt kurzfristig auf die Tagesordnung zu setzen. „Wenn wir das gemacht hätten, wäre das rechtswidrig gewesen“, erklärt der Bürgermeister. „Weil Bürger gerade dann einen Anspruch darauf haben, Kenntnis von diesem Antrag zu erhalten.“

Das Ausscheiden von Gemeinderäten ist in der sächsischen Gemeindeordnung geregelt. Meist ist es üblich, dass ein Mitglied das vorzeitige Ende seiner Amtszeit beantragt, zum Beispiel aus persönlichen Gründen wegen einer Krankheit. Dann entscheidet der Gemeinderat, ob er diesem Antrag stattgibt. „Ohne Antrag des Mitgliedes kann der Gemeinderat keine Entscheidung über das Ausscheiden treffen“, erklärt Karl Ilg, Leiter der Kommunalaufsicht des Landkreises Görlitz. „Der Gemeinderat kann also danach nicht das Mitglied gegen seinen Willen absetzen.“

Möglich wird der Ausschluss eines Mitgliedes durch den Gemeinderat nur, wenn dieser aufgrund bestimmter Sachverhalte zwingend notwendig wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Gemeinderatsmitglied aus der Gemeinde wegzieht oder zum Bürgermeister gewählt wird. „Häufiges Fernbleiben eines Gemeinderatsmitgliedes von den Sitzungen ist dagegen kein Sachverhalt, der das Ausscheiden zur Folge hat“, erklärt Karl Ilg.

„Da es auch keine sonstigen Regelungen gibt, war der Antrag auf Absetzung der Gemeinderätin unzulässig.“ Wäre der Beschluss hingegen gefasst worden, wäre er rechtswidrig gewesen. Da das aber nicht passiert ist, könne die Angelegenheit als erledigt betrachtet werden.

Jedoch betont der Kommunalamtsleiter auch, dass Gemeinderäte dazu verpflichtet sind, an den Sitzungen teilzunehmen. Sie können sich allerdings entschuldigen, wenn dringende persönliche oder berufliche Gründe vorliegen. „Liegen keine ausreichenden Gründe vor und wird die Teilnahmepflicht gröblich verletzt, besteht als letzte Konsequenz nur die Möglichkeit, dass der Gemeinderat gegen das Mitglied ein Ordnungsgeld verhängt“, sagt Karl Ilg. Auch dieses Verfahren wird in der sächsischen Gemeindeordnung näher erläutert.

Das Ordnungsgeld durchzusetzen, bedeutet allerdings einen erheblichen Aufwand. Zudem muss der Fall mit dem unentschuldigt fehlenden Gemeinderat zuvor genau aufgeklärt werden. „Im Zweifel wäre das Mitglied zuerst einmal auch zu ermahnen, so dass erst danach bei weiteren gröblichen Verstößen diese Sanktion in Betracht käme“, erklärt Karl Ilg. „Im Regelfall wird der Nachweis einer gröblichen Pflichtverletzung selten gelingen, weil es vielfältige Gründe geben kann, die eine Nichtteilnahme rechtfertigen.“

All das hätten die Kreba-Neudorfer Gemeinderäte wissen können. So jedoch habe ihn die Angelegenheit etwa anderthalb Stunden seiner Arbeitszeit gekostet, sagt Bürgermeister Dirk Naumburger, um den Sachverhalt nachzulesen. Er erwarte von allen Gemeinderäten, dass sie sich mit der Gemeindeordnung beschäftigen.

Zudem sei es eine schwache Leistung der Gemeinderäte, die den Einspruch unterschrieben haben. „So ein Einspruch braucht auch eine bestimmte Form“, sagt Dirk Naumburger: „Und es ist traurig, dass die Begründung mündlich erfolgt, wo doch alle Einwohner in der Lage sind, ihre Einsprüche schriftlich zu formulieren.“ Mündlich könne zudem alles Mögliche gesagt werden, dennoch stehe dann die Unterschrift der Gemeinderäte unter dem Schreiben.