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„Viele gehen Montags nicht raus“

Pegida hat Spuren hinterlassen. Auch bei den in Dresden lebenden ausländischen Einwohnern. Sie fühlen sich seit den Straßenprotesten der Islamkritiker zunehmend unwohl in der Elbestadt.

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© dpa

Dresden. Der Ausländerbeirat in Dresden berichtet über wachsende Anfeindungen gegen Ausländer seit dem Aufkommen der islamkritischen Pegida-Bewegung. Es komme vermehrt zu Beleidigungen und Bedrohungen, teilten Vertreter des Gremiums am Donnerstag in Dresden mit. Als Beispiel nannte Beiratschef Victor Vincze das Schicksal einer Studentin aus Indonesien, die von mehreren Leuten angepöbelt worden sei und sich nun an Montagabenden - dem Tag der wöchentlichen Pegida-Kundgebungen - nicht mehr auf die Straße traue. „Das ist es, was mir zusetzt. Das ist einer Stadt wie Dresden nicht würdig“, sagte Vincze.

Beiratsmitglied Hussein Jinah schilderte einen Vorfall, bei dem er selbst in einer Straßenbahn von einem älteren Mann verbal attackiert wurde. Mitfahrende hätten tatenlos zugeschaut oder einfach weggesehen: „Das macht uns traurig.“ Nach den Worten von Asad Mamedow, der beim Verein Ausländerrat Dresden eine Beratung leitet, berichten Betroffene von einer allgemein feindlichen Stimmung: „Viele gehen Montags nicht mehr raus. Kinder haben in der Schule Probleme und werden angepöbelt. Einer Frau hat man das Kopftuch heruntergerissen.“ Angehörige in den Heimatländern fragten besorgt nach, warum man ausgerechnet nach Dresden gegangen sei.

Auch Hilfsbereitschaft nimmt zu

Es gebe viele verschiedene Ausländer in Dresden, sagte Vincze: „Was uns alle verbindet, ist Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit.“ Er habe den Eindruck, dass durch Pegida die latent vorhandene Ausländerfeindlichkeit erst deutlich geworden sei. Vincze schilderte aber auch eine Gegenströmung. Denn mit dem Erstarken von Pegida sei in Teilen der Bevölkerung Hilfsbereitschaft gewachsen: „Pegida hat den Ruf Dresdens geschädigt. Ich bin überzeugt, dass Dresden das nicht verdient hat.“ Der Ausländerrat kündigte an, künftig noch mehr in der Öffentlichkeit für die Belange von Flüchtlingen einzutreten und die Dresdner aufzuklären.

Der Ausländerbeirat von Dresden entstand 1996. Er hat 20 Mitglieder. Elf von ihnen haben ausländische Wurzeln. Neun gehören dem Stadtrat an. Der Beirat wird als beratendes Gremium herangezogen, wenn Entscheidungen die Belange von Ausländern betreffen.

Die islamkritische Pegida-Bewegung war im Herbst 2014 in Dresden entstanden und hatte nach ihrer Spaltung Ende Januar einen Rechtsruck vollzogen - auch wenn Pegida das selbst anders darstellt. Bei der vergangenen Kundgebung am 16. Februar wurden Ausländer von Demo-Teilnehmern erneut als „Pack, das weg muss“ bezeichnet. (dpa)