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Ausgezeichnete Asylarbeit geht weiter

Die Friedersdorfer Helfer studieren und reisen jetzt in aller Welt. Jüngere setzen ihr Projekt aber fort.

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© M. Weber

Von Romy Kühr

Das ist eine echte Überraschung gewesen. Als Amina Barhoum und Hartmut Stolz am Montag nach Dresden fuhren, hatten sie nicht damit gerechnet, mit dem Sächsischen Bürgerpreis in der Tasche wieder nach Hause zu reisen. Sie waren zur Preisverleihung eingeladen. „Große Chancen auf den Preis habe ich mir nicht ausgerechnet“, sagt Amina Barhoum. Sie und eine Gruppe anderer Jugendlicher kümmern sich um Flüchtlinge, die im Friedersdorfer Asylbewerberheim leben, das Hartmut Stolz als Heimleiter betreut. Für ihr Engagement standen die jungen Leute auf der Liste der Nominierten.

Amina Barhoum von der Jugendgruppe nahm am Montag den Preis von Ministerpräsident Stanislaw Tillich entgegen (kleines Foto). Heimleiter Hartmut Stolz (rechts) war ebenfalls in Dresden dabei
Amina Barhoum von der Jugendgruppe nahm am Montag den Preis von Ministerpräsident Stanislaw Tillich entgegen (kleines Foto). Heimleiter Hartmut Stolz (rechts) war ebenfalls in Dresden dabei © c by Matthias Rietschel

Die Kategorie „Engagement in der Hilfe für Flüchtlinge“ ist erst dieses Jahr neu eingeführt worden. Mit den Friedersdorfern sind noch 30 weitere für die Flüchtlingshilfe nominiert gewesen. „Auch, weil es so viele tolle Projekte gab, habe ich überhaupt nicht damit gerechnet, dass wir gewinnen“, sagt Amina Barhoum. Aber plötzlich stand sie ganz vorn neben Ministerpräsident Stanislaw Tillich und nahm stellvertretend für die etwa 15 Jugendlichen aus Friedersdorf und Umgebung den Preis entgegen. „Ich war höllisch aufgeregt, mir haben die Knie gezittert“, erinnert sich die 18-Jährige. Sogar für Radio und Fernsehen gab sie Interviews.

Die Jury wählte das Friedersdorfer Projekt auch deshalb aus, weil die Jugendlichen damit gezeigt haben, dass jeder spontan und unkompliziert helfen kann. Oder, wie es Amina Barhoum selbst ausdrückt: „Politik kann jeder mitgestalten.“ Tatsächlich war die Idee zur Flüchtlingshilfe ein spontaner Einfall der Schüler aus Friedersdorf und Umgebung. Anfang Januar dieses Jahres zogen die ersten Flüchtlinge in der Unterkunft in Friedersdorf ein. „Wir wollten einfach etwas tun, sind hingefahren und haben vorgeschlagen, Deutschunterricht zu geben“, erzählt Amina Barhoum, die aus Oppach stammt und selbst syrische Wurzeln hat. Nur kurze Zeit später ging es los. „Wir haben Termine festgelegt, zwei Mal pro Woche war Unterricht.“ Lehrmaterial besorgten sich die Jugendlichen im Internet. Ihr Anliegen war, dass sich die Flüchtlinge verständigen, mit Einheimischen in Kontakt kommen können. „Es war toll, die Entwicklung der Leute mitzuverfolgen“, erzählt Amina Barhoum. „Sie waren ganz stolz, wenn sie im Bus oder auf der Straße erste Wortfetzen verstehen konnten.“ Aber auch Gespräche mit den Jugendlichen halfen den Flüchtlingen, zu verstehen, wie Leben und Kultur in Deutschland funktionieren. Als Höhepunkt organisierten die Jugendlichen zum Frauentag dieses Jahres ein Fest.

Dass die Jugendlichen den Preis bekommen könnten, hat die Stadt mit angeregt. „Der Landkreis hat Vorschläge gesammelt“, berichtet Neusalza-Sprembergs Bürgermeister Matthias Lehmann (CDU). „Man muss viel mehr die Dinge in der Öffentlichkeit betonen, die gut funktionieren“, sagt er. So könne man auch andere anregen, sich ehrenamtlich einzusetzen. Auch weitere Engagierte aus der Region waren für den Preis nominiert. Dorothee Rätze aus Oderwitz war für ihre ehrenamtliche Arbeit als Wetterbeobachterin vorgeschlagen, Erhard Heydel aus Schönbach für sein Engagement im Seniorenklub sowie Klaus Siedler aus Großschönau, der sich ebenfalls für Flüchtlinge einsetzt.

Die Jugendlichen, die bisher die Flüchtlingsarbeit in Friedersdorf übernahmen, haben inzwischen ihr Abi gemacht und sind mittlerweile in ganz Deutschland und der Welt unterwegs. Brasilien, Kanada oder Australien heißen die nächsten Lebensstationen. Amina Barhoum studiert in Leipzig. Die Arbeit mit den Heimbewohnern in Friedersdorf soll dennoch weitergehen, es gibt schon Nachwuchs. Aminas jüngere Schwester Sena und ihre Freundinnen wollen sich künftig hier engagieren.

Für die Arbeit im Heim steht bald zusätzlich Geld zur Verfügung. Denn der Bürgerpreis ist mit 5 000 Euro dotiert. Ihr Preisgeld wollen die Jugendlichen spenden. „Ein Teil soll auf jeden Fall an das Friedersdorfer Heim gehen“, sagt Amina Barhoum. Derzeit berät sie noch mit den anderen Mitstreitern, wie der Rest verteilt werden soll. „Wir möchten das Geld gern an andere Projekte geben, die sich ebenfalls für Flüchtlinge einsetzen.“

Den Sächsischen Bürgerpreis vergibt der Freistaat mit der Stiftung Frauenkirche Dresden und der Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank an Vereine, Initiativen, Institutionen oder Personen, die sich herausragend für die Gesellschaft, für Toleranz und für Demokratie einsetzen.