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Ausgedacht

Wienerberger verlagert seine Dachziegelproduktion von Görlitz in die alten Bundesländer. 60 von 110 Leuten müssen gehen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Daniela Pfeiffer

Schock vor dem Wochenende: Auf einer Betriebsversammlung wurden die 110 Mitarbeiter des Wienerberger-Dachziegelwerkes am Freitag vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Dachziegelproduktion in Görlitz wird eingestellt. Vielmehr verlagert in die alten Bundesländer, wo Wienerberger weitere Standorte hat.

Schön anzusehen: Solche Penter-Platten bietet Wienerberger ganz neu an, sie werden ausschließlich in Görlitz hergestellt. Foto: PR
Schön anzusehen: Solche Penter-Platten bietet Wienerberger ganz neu an, sie werden ausschließlich in Görlitz hergestellt. Foto: PR

Für die Mitarbeiter ein Schlag. Keiner der 110 Leute kann sich seines Arbeitsplatzes sicher sein. Denn, wer die 50 sind, die weiter im Werk arbeiten dürfen, bleibt noch unklar. „Es ist alles noch ganz frisch, wir fangen gerade an, die ersten Gesprächstermine zu vereinbaren“, sagt Alexa Uplegger von Wienerberger. Dann wird zu Interessensausgleich und Sozialplan gesprochen und nach Lösungen für die Mitarbeiter gesucht. „Wir wollen für alle die Möglichkeiten finden, die am wenigsten schmerzen“, sagt Uplegger.

Das Unternehmen Wienerberger kündigt die Auslagerung für Anfang 2016 an. Ein genauerer Zeitpunkt könne noch nicht genannt werden. Die Ungewissheit für die Mitarbeiter besteht demnach nicht allein in der Frage, ob sie gehen müssen, sondern auch wann. „Diese Schwebesituation ist für die Mitarbeiter alles andere als erfreulich“, so Alexa Uplegger. Selber darüber sprechen dürfen sie gegenüber der Presse nicht – das jedenfalls soll ihnen SZ-Informationen zufolge angeraten worden sein.

Die sinkende Nachfrage soll Grund für das Aus der Dachziegelproduktion sein, die Wienerberger vor zehn Jahren übernommen hatte. In Görlitz werden derzeit immerhin sechs Modelle in unterschiedlichsten Farben hergestellt. Auch das Zubehör wird bislang noch hier produziert. „Sicher wird zurzeit überall gebaut, das sehen wir alle. Doch modernes Bauen geht heute immer mehr ohne Dachziegel vonstatten“, erklärt Alexa Uplegger. In der gegenwärtigen Architektur seien Bauten ohne Dächer gefragt, moderne mehrstöckige Stadtvillen etwa. Darunter leide nicht nur Wienerberger, sondern die gesamte Branche. Zudem hat am Standort Görlitz wohl noch die gegen null gehende Nachfrage aus Polen eine entscheidende Rolle gespielt. „Vor einigen Jahren haben wir sehr viel nach Polen exportiert, dieses Geschäft ist heute weg. Die Polen haben mit eigenen Werken nachgezogen“, sagt Alexa Uplegger. Verschwinden wird Wienerberger aus Görlitz aber nicht. Das ist die positive Nachricht. Die 50 Arbeiter, die bleiben dürfen, werden Fassaden- und Terrassenplatten herstellen. Und zwar recht exklusive. „Unsere Penter-Platten sind brandneu. Wir haben sie eben erst vorgestellt“, so Uplegger. Sie sollen ausschließlich in Görlitz produziert werden. „Wir nehmen damit einen Trend auf. Durch die Terrassenplatten sind wir optimistisch, den Standort halten zu können.“

Die frei werdenden Flächen sollen nicht ungenutzt bleiben. Zumindest als Lagerstandort für Dachziegel wird Görlitz erhalten bleiben. So sollen Kunden von hier schneller an die lokalen Modelle herankommen können, die je nach Region schwanken, wie Uplegger erklärt. Der Abbau in den beiden Tongruben – eine auf dem Betriebsgelände, die zweite bei Weißenberg – soll fortgesetzt werden, wenn auch in reduziertem Maße.

Die städtische Wirtschaftsförderung reagierte gestern betroffen auf die Nachricht von der Dachziegel-Auslagerung: „Wir haben die Entscheidung von Wienerberger mit Bedauern zur Kenntnis genommen“, so Eva Wittig von der Europastadt Görlitz/Zgorzelec. „Wir stehen in Kontakt mit Wienerberger und unterstützen das Unternehmen bei den anstehenden Prozessen.“