Merken

Ausflugsziel Kreisverkehr

An sonnigen Wochenenden besichtigen viele Löbauer die Baustelle am Neumarkt. SZ stellt ein paar dieser Touristen vor.

Teilen
Folgen
NEU!
© Markus van Appeldorn

Von R. Altmann-Kühr & M. van Appeldorn

Löbau. In Berlin hat man ein Phänomen einst in Serie erlebt: Beim Mauerbau, beim Mauerfall, bei der Neubebauung des Potsdamer Platzes. Die Dresdner lernten es bei der Wiedererstehung der Frauenkirche kennen. Und jetzt ist der Trend in Löbau angekommen: Der Baustellen-Tourismus.

Robert Scholze hat der SZ ein Foto vom Neumarkt zur Verfügung gestellt, das er aus der Luft aufgenommen hat. Hier ist deutlich zu sehen, wie die Arme aus schwarzem Asphalt langsam wachsen.
Robert Scholze hat der SZ ein Foto vom Neumarkt zur Verfügung gestellt, das er aus der Luft aufgenommen hat. Hier ist deutlich zu sehen, wie die Arme aus schwarzem Asphalt langsam wachsen. © Robert Scholze

Ja, tatsächlich. Seit der Kreisverkehr am Neumarkt immer mehr Formen annimmt, Straßen zu und um ihn herum entstehen, entwickelt sich die Baustelle zu einem wahren Ausflugsziel der Löbauer und ihrer Gäste. Am vergangenen sonnigen Sonntag etwa lockte das schöne Wetter viele Menschen auf den frischen Asphalt am Kreisel. Da bot sich dieses Bild: Eltern spazieren mit ihren Kindern auf dem noch unfertigen Promenadenring. Der Vater weist mal hier, mal dort hin, zeigt auf Häuser und abgestellte Baumaschinen und erklärt dem Nachwuchs, was hier steht und entsteht. Paare flanieren mit ihren Hunden über den jungfräulichen Asphalt. Fast scheint es, als begingen die Löbauer eine Art „Autofreien Sonntag“ und würden Flächen in Besitz nehmen, die sonst dem Verkehr gewidmet sind.

Die SZ traf am Sonntag das Löbauer Ehepaar Sandra und Ronny Heinrich mit ihrem Freund Thomas Mauke an der Baustelle. Die drei beendeten einen gemeinsamen Sonntagsspaziergang am Kreisverkehr. Ronny Heinrich zeigt auf ein Haus in der Äußeren Bautzner Straße. „Da vorne hatte mein Großvater seine Bäckerei“, erzählt er. „Ich kenne dieses Viertel hier schon, seit ich ein kleiner Junge bin.“ Er freut sich über den Sanierungs-Aufschwung, den das Viertel gerade erlebt. „Das war hier immer so dunkel alles. Aber jetzt passiert hier richtig was“, sagt er.

Sie wollen einfach mal schauen, wie‘s voran geht mit dem Kreisverkehr. Und sie sind zufrieden. Äußerst zufrieden ist auch Löbaus Bauamtsleiter Albrecht Gubsch mit dem Fortgang auf der Baustelle. „Wider Erwarten geht es sehr zügig voran und es gibt kaum Probleme“, berichtete er Ende vergangener Woche im Stadtrat über das aktuelle Baugeschehen am Neumarkt. Mit dem Kreisel gehe es von allen Baustellen der Stadt derzeit am Besten voran. Bis zum Jahresende ist die Baustelle geplant. Nach jetzigem Stand wird sie aber bereits früher fertig, so Bauamtsleiter Gubsch. Am Freitag vergangener Woche haben die Arbeiter damit begonnen, den Asphalt aufzubringen. Das soll schon diese Woche abgeschlossen werden. Mit der Freigabe von Straße und Kreisverkehr dauert es aber danach trotzdem noch etwas. Das hängt mit den anderen Löbauer Baustellen zusammen, für die noch die aktuelle Umleitung benötigt wird, so Gubsch. Auch die Löbauer scheinen angesichts des zügigen Baufortschritts versöhnt mit dem anfänglich viel diskutierten Kreisverkehr. „Am Anfang hat man ja viel geschimpft“, sagt Sandra Heinrich. „Aber wie es ausschaut, wird das sehr gut hier“. Das Ehepaar ist beeindruckt. „Toll, mit welcher Geschwindigkeit das hier vorangeht“, sagt Ronny Heinrich. Es habe ja immer geheißen, das dauere bis Dezember. „Aber wie das hier aussieht, sind die viel eher fertig.“ Kritik vieler Bürger über einen zu langsamen Baufortschritt kann er nicht nachvollziehen: „Viele Löbauer jammern. Aber man muss den Jungs, die das hier alles machen, auch die nötige Zeit dafür geben.“ Bisher hatte Ronny Heinrich nur die Skizzen und Pläne gesehen, als sie in der SZ gedruckt wurden. „Aber aufgrund der Pläne hat man die Größe der Baustelle gar nicht so erahnt.“ Er weist auf die entstehenden Busbuchten beidseits der Neusalzaer Straße. „Das wird ja alles viel breiter hier. Ich bin mal gespannt, wie der endgültige Straßenverlauf sein wird.“ Auch für die zukünftige Gestaltung des Kreisverkehr-Innenraums interessiert er sich. „Da kann man viel machen. Der ist noch größer als der erste an der Poststraße.“ Das Ehepaar Heinrich freut sich, wenn der Bauzaun demnächst verschwindet. Aber bis dahin wollen sie noch mal wieder kommen. Kreisverkehr besichtigen.