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Ausbau der S 177 wird zur Gewissensfrage

Eigentlich wollen alle die neue Straße. Doch die einen fordern mehr Naturschutz, die anderen, dass es sofort losgeht.

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© Katja Frohberg

Alexander Müller

Rödertal. Warum ist der Ausbau der Staatsstraße S 177 zwischen Pirna und der A 4 so wichtig? Die Gründe dafür sind vielfältig. Viele wollen rasch von A nach B kommen. Mit einer schnellen Trasse zwischen den Autobahnen A 17 und A 4 hätte Dresden quasi seinen Straßenring, wie Leipzig oder Berlin. Hier vor Ort gibt es aber noch viele, die ganz andere Interessen an der neuen S 177 haben. Das sind die Anlieger entlang der alten Strecke. Die führt durch die Orte, und das Verkehrsaufkommen ist enorm. Bonnewitz ist bereits davon befreit, jetzt hofft Wünschendorf auf den nächsten Teilabschnitt beim Straßenbau.

© SZ-Grafik

Doch wann der kommt, ist momentan noch nicht genau klar. Derzeit befinden sich bei der Landesdirektion Sachsen zwei Abschnitte der S 177 im Genehmigungsverfahren, teilt die Behörde mit. Es handelt sich dabei um die Abschnitte „Ortsumfahrung Wünschendorf/Eschdorf“ und „Radeberg–A 4“.

Weitergehende Forderungen

Für die Ortsumfahrung Wünschendorf/Eschdorf hat der Erörterungstermin mit Behörden, Verbänden und den von der Baumaßnahme betroffenen Bürgern bereits stattgefunden. Im Ergebnis muss das Landesamt für Straßenbau und Verkehr als Bauherr noch Nacharbeiten an den Planungen vornehmen, teilt das Amt auf Nachfrage mit. Eine der maßgeblichsten Forderungen war dabei der Bau einer Grünbrücke über die neue Trasse, um den einmaligen Blick rund um den Doberberg nicht allzu stark zu beeinträchtigen. Diese Brücke werde von der Stadtverwaltung Pirna und von Umweltschützern, etwa der Organisation BUND gewünscht. Es gibt aber sogar noch weitergehende Forderungen, etwa nach einem Tunnel in diesem Bereich.

Was wird nun aus diesen Begehrlichkeiten? Das Beteiligungsverfahren im Abschnitt Ortsumfahrung Wünschendorf/Eschdorf sei abgeschlossen, erläutert die Landesdirektion Dresden. „Was nicht ausschließt, dass von Tekturen Betroffene noch Einwände vorbringen können“, erklärt Ingolf Ulrich, ein Sprecher der Behörde. Mit Tekturen sind Nacharbeiten zu den bisherigen Planungen gemeint. Zum Baustart könne die Landesdirektion Sachsen generell keine Aussage treffen. Man könne derzeit nicht abschätzen, ob die Verfahren noch 2015 abgeschlossen werden können.

Es kann also noch dauern, zumal sich diejenigen, die einen Tunnel fordern, inzwischen organisiert und Unterschriften gesammelt haben. Thomas Krohner aus Dresden ist einer von ihnen. Er hat auch im Internet eine Initiative für eine Petition angeschoben mit dem Titel „Kein Keileinschnitt! Lasst die S 177 im Tunnel durch den Doberberg verlaufen!“ und bittet dabei um Unterstützung. Ein Aushub, wie aktuell an dieser Stelle vorgesehen, würde einen erheblichen Eingriff in das Landschaftsbild darstellen, heißt es in der Argumentation. Nicht nur die Sichtbeziehungen zu einem Ehrenmal für Gefallene des Ersten Weltkriegs würden stark beeinträchtigt, sondern die Blickbeziehungen von ganz unterschiedlich weit entfernten Standpunkten aus zum Doberberg hin wären unwiederbringlich gestört.

Alles nur Verzögerungstaktik?

Diese Forderungen gehen anderen, vor allem Anwohnern, aber wesentlich zu weit bzw. sie kommen zur falschen Zeit. Einer von ihnen ist Wolfgang Weiß, der Ortsvorsteher von Wünschendorf. Er fragt sich, warum die Gegner der bisherigen Planung die zurückliegenden Beteiligungsfristen nicht genutzt hätten. „Haben sie es verschlafen? Das glaube ich nicht. Kennen sie die gesetzlichen Vorschriften nicht? Das glaube ich nicht. Oder wollen sie den Baubeginn mit dem Wissen, dass der Tunnel nicht gebaut wird, um Jahre verzögern?“ Das wäre für viele Betroffene des jetzigen Zustandes unzumutbar, erläutert er in einer Stellungnahme an die SZ weiter.

Dabei hat auch Wolfgang Weiß im Prinzip nichts gegen einen Tunnel oder wirksamen Umweltschutz. „Ich bin sehr für einen Tunnel, am besten von Copitz bis nach Leppersdorf, da ich zu denen gehöre, die sehr mit unserer Umwelt verbunden sind und ich diese Gegend mehrmals wöchentlich für Sportaktivitäten nutze“, berichtet er. „Könnte ich entscheiden, gäbe es keine neue Straße, die alte würde für Lkw-Durchgangsverkehr gesperrt und alle Transporte gingen über vorhandene Straßen über die A 17 zur A 4 und zur A 13 südwestlich von Dresden.“

Die Petition für den Tunnel ist im Internet zu finden:

https://www.openpetition.de/petition/online/kein-keileinschnitt-lasst-die-s-177-im-tunnel-durch-den-doberberg-verlaufen