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Aus Meißen vergrault

Über die Porzellanstadt hat sich Gertrud Kästner so geärgert, dass sie mit ihrem Trödelladen nach Riesa zieht.

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© Lutz Weidler

Von Uta Büttner

Meißen. Neues Leben mit altem Trödel – so stellt sich Gertrud Frieda Kästner die Zukunft auf dem Riesaer Rathausplatz vor. Dass hier, am Ende der Einkaufsstraße, eher eine „tote Hose“ herrscht, stört die enthusiastische Unternehmerin gar nicht. Auch nicht, dass es gleich nebenan schon ein An- und Verkaufs-Geschäft gibt. Und auch nicht, dass in Riesa weitere Antik-, Kunst- und Ramschläden auf dem Markt sind. Ganz im Gegenteil: Sie sieht diese Geschäfte nicht als Konkurrenz, sondern hofft, dass Riesa ein Anziehungspunkt für Krempel, Kunst und Antikes wird.

„In Meißen habe ich gemerkt, dass die Leute gezielt in die Stadt gekommen sind, weil es dort einen Haufen solcher Läden gibt“, berichtet die 63-Jährige. Und das funktioniere natürlich nicht ohne das Internet, erklärt sie. Deshalb habe sie sich vor etwa zwei Jahren von ihren beiden erwachsenen Töchtern in Sachen Computerwissen und Online-Verkäufe weiterbilden lassen.

„Ohne Online-Handel geht’s nicht“

Am Anfang wollte die gelernte Museumswissenschaftlerin einen eigenen Onlineshop parallel zum Laden eröffnen, hat sich dann aber „nur“ für eBay-Kleinanzeigen entschieden. Wenn Ramschliebhaber diese sähen, kämen die Kunden auch gezielt in die Läden – so ihre Erfahrung aus Meißen. Ohne den Internethandel könnte man mit einem Trödelladen nicht genug Umsatz machen, betont Kästner.

Acht Jahre war sie Inhaberin eines Antikladens in der Porzellanstadt. Nachdem ihr Geschäft am Theaterplatz 2013 vom Hochwasser betroffen war, zog sie in Räume an den Stufen zur Burg. Weil die Zeit bis zur Überflutung nicht ausreichte, den Laden komplett zu räumen, hatte Kästner einen Teil ihrer Ware damals verloren. „Als ich die großen, teuren, alten Schränke aufgelöst im Schlamm sah, und Regale umgekippt im Wasser lagen, wusste ich, dass ich nie wieder in ein hochwassergefährdetes Gebiet ziehen werde“, erzählt Kästner.

Auslöser, Meißen zu verlassen und nach Riesa zurückzukehren, wo sie bis 1994 als Museumsdirektorin gearbeitet hatte, war ein Knöllchen für unerlaubtes Parken. Es seien nicht die 15 Euro Bußgeld, die sie zahlen musste, sondern der Ärger über die Stadt Meißen, die die Händler nicht unterstütze, erklärt Kästner. Im Umkreis ihres damaligen Geschäfts an den Treppen zur Burg könne man nirgendwo parken. „Wenn ich also die Ware aus meinem Auto in den Laden bringen wollte, musste ich in einer Nische parken, um die 30 Stufen nach oben zu laufen. Als ich nach etwa 15 Minuten zurückkehrte und einen Strafzettel vorfand, erläuterte ich der Stadt die unmögliche Parksituation.“ Doch diese habe kein Einsehen gehabt, auch für die Zukunft nicht. Damit war ihr Entschluss, die Kreisstadt zu verlassen, besiegelt.

Noch herrscht in den neuen Riesaer Verkaufsräumen mit einer Fläche von etwa 75 Quadratmeter am Rathausplatz Chaos: Kisten stehen herum, Verpackungsmaterial liegt auf dem Boden. „Eigentlich wollte ich am 1. Oktober den Laden eröffnen, aber wegen feuchter Wände verzögert sich der Start bis Anfang November“, sagt die Inhaberin. Dies sei aber kein Problem, der Vermieter beseitige den Schaden und sie hätte auch noch viele Waren aus ihrem alten Laden in Meißen nach Riesa zu transportieren.