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Aus für Wohnprojekt

Neue Berechnungen in Sachen Hochwasser bringen die spannende Idee an der Alten Stadtmühle in Radeberg ins Wanken. Was wird nun aus der „Insel?

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Auch in den kommenden Monaten werden wieder jede Menge Baufahrzeuge nach Radeberg rollen, um neue Einfamilienhäuser zu bauen. Die Bierstadt ist bei Häuslebauern gefragt. Vor allem das Areal am Sandberg werden die Baufahrzeuge ansteuern – und eigentlich sollten sie demnächst auch an der Alten Stadtmühle vorbei schauen. Doch daraus wird nun nichts. Denn der bereits im vergangenen Sommer auf den Weg gebrachte Bebauungsplan für die gut anderthalb Hektar große Insel zwischen Röder und Mühlgraben neben der Dresdner Straße ist vom Stadtrat gestoppt worden. Und das durchaus überraschend.

Schutzvorkehrungen zu aufwendig

Denn trotz der Nähe zur Röder war man für das Areal nicht von einer Hochwassergefahr ausgegangen, auf dem Berliner Projektentwickler 12 bis 14 Baugrundstücke für Einfamilienhäuser entstehen lassen wollten. Bei einem sogenannten hundertjährigen Hochwasser – also einem schlimmen Hochwasser, das nur alle hundert Jahre erwartet wird – gingen die Berechnungen bisher von maximal 33 Kubikmeter Wasser pro Sekunde aus, die sich dann die Röder entlangwälzen würden.

Kein wirklich großes Problem für die Häuser. Doch derzeit werden im zuständigen Umweltministerium sämtliche Werte für sächsische Flüsse neu berechnet; neue Erkenntnisse fließen dann ein. Und – so viel ist schon jetzt klar – laut dieser neuen Berechnung bestünde dann durchaus eine Hochwassergefahr auf dem Areal. Denn laut Landestalsperrenverwaltung könnten sich im Extremfall eben bis zu 72 Kubikmeter Wasser durch die Röder stürzen. Pro Sekunde wohlgemerkt. Also mehr als das Doppelte der ursprünglichen Berechnung. Selbst eine vorliegende Simulation mit gut 50 Kubikmetern habe gezeigt, dass es besser sei, die Fläche nicht mehr zu bebauen, heißt es in der Beschlussvorlage für den Stadtrat. „Sodass es damit einfach keinen Sinn macht, hier wirklich einen Bebauungsplan auf den Weg zu bringen, weil die Hochwasserschutzvorkehrungen viel zu aufwendig wären“, ist Radebergs OB Gerhard Lemm (SPD) überzeugt.

Schade um Lückenschluss

Eine Überzeugung, die letztlich auch die Mehrheit der Stadträte teilten. Noch dazu, so hieß es in der Debatte, weil es ja derzeit durchaus noch andere Flächen gebe, auf denen gebaut werden kann. Auch gänzlich neue Areale sollen ja entwickelt werden – wie zum Beispiel im Ortsteil Großerkmannsdorf entlang der Ullersdorfer Straße. Ein Projekt, das ja ebenfalls in der jüngsten Stadtratssitzung auf den Weg gebracht worden war.

Wobei die Stadträte bei ihrem nahezu alternativlosen Nein zum Projekt an der Alten Stadtmühle durchaus die eine oder andere sprichwörtliche Träne im sprichwörtlichen Knopfloch hatten. Denn als sie im Sommer das Projekt – das ja nicht ohne Grund mit „Wohnen auf der Insel“ überschrieben war – befürwortet hatten, waren sie hörbar begeistert gewesen von der Bebauungs-Idee. Denn im Moment ist die Fläche eine eher unansehnliche Gewerbebrache, deren Bebauung einen wichtigen Lückenschluss zwischen den bereits umliegenden Wohngrundstücken hätte bilden können …