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Aus für Toilette des Vertrauens

Die WCs im Einkaufszentrum Süd Bischofswerda sind geschlossen. Zu viel Ärger. Einen Vorteil haben die Kunden von Bäcker Kaufer. Und bei Adler-Orange.

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© Steffen Unger

Von Gabriele Naß

Bischofswerda. Mit dem gut funktionierenden, sauberen und öffentlichen stillen Örtchen ist es wie mit Wasser oder Strom. Man hält sie für Selbstverständlichkeiten und ein wichtiges Stück Lebensqualität geht verloren, wenn davon plötzlich etwas fehlt. So wie im Einkaufszentrum „Schiebock-Passage“ Bischofswerda die lange öffentlichen Toiletten. Das Center-Management bzw. die Hausverwaltung haben sich entschieden, die Anlagen, jeweils eine für Frauen, Männer und Behinderte, nicht mehr ohne Kontrolle jedem zugänglich zu machen.

Henry Jech gehört zu den Kunden des Einkaufszentrums, die sich ärgern und es nicht hinnehmen wollen. „Es ist doch eine Schande, dass die Toiletten zwar da sind, aber man ständig vor verschlossenen Türen steht. Ich hoffe, dass diese Zustände geändert werden. Ich würde ja für die Toilettennutzung sogar etwas bezahlen.“

Henry Jech wandte sich mit dem Problem an die Stadtverwaltung, die schickte ihn zur SZ. Und deren Recherchen ergaben zumindest eine freudige Nachricht: Bäcker Jürgen Kaufer, der im Einkaufszentrum einen Bäckerladen mit angeschlossenem Café betreibt, hat sich bereiterklärt, die Verantwortung für die Behindertentoilette zu übernehmen. Dadurch wissen zumindest seine Kunden und die Gäste seines Cafés nun wieder eine Toilette für den Notfall in der Nähe.

Nutzung ist kostenfrei

Den Schlüssel fürs Örtchen gibt es am Verkaufsstand, dort gibt ihn der Nutzer auch wieder ab. Eine Kaution wird nicht verlangt. Die Nutzung des WC ist kostenfrei. Wie der Bäckermeister auf Anfrage sagte, dürfen auch Menschen mit Behinderung die jetzt von ihm verwaltete Toilette nutzen, selbst wenn sie weder bei ihm einkaufen noch einkehren. Ein großes Entgegenkommen seinerseits, aber dass er die Verantwortung überhaupt übernommen hat, war gezwungenermaßen. Für die 16 Sitzplätze in seinem Café muss der Bäcker eine Toilette nachweisen können. Ohne WC kein Gastgewerbe.

Centermanagement und Hausverwaltung äußern sich auf Nachfrage gar nicht oder nur kurz zum Problem. Klar wird trotzdem, dass dauernder Vandalismus die Ursache ist für das Schließen der Toiletten des Vertrauens. Bisher konnte sich jeder jederzeit in unterschiedlichen Läden des Centers auf Vertrauensbasis einen Schlüssel holen.

Vertrauen missbraucht

Dass immer wieder Kunden das Vertrauen missbrauchten, bestätigen Bäcker Kaufer und die Mitarbeiterinnen des Dienstleistungsshops. Wasserhähne, WC-Brillen und Papierhalter seien abmontiert und gestohlen worden, ebenso Toilettenpapier. Der Schlüssel sei geholt und auch wieder abgegeben worden, aber die Tür blieb offen stehen. So konnten sich Toilettennutzer der Kontrolle entziehen. Bäcker Kaufer übernahm die Toilette mit beschmierten Türen und Wänden – und renovierte erst einmal auf eigene Kosten. Wie die Hausverwaltung auf Anfrage sagte, seien auch andere Geschäftsleute im Einkaufszentrum angesprochen worden, ob sie wie der Bäcker eine der Toiletten übernehmen wollen. Man habe abgelehnt.

Henry Jech und andere Kunden kann die Situation nicht zufriedenstellen. Aber eine Nutzung ohne Kontrollmöglichkeit schließt sich wohl wegen ständiger Zusatzkosten für Reinigung und Reparaturen aus. Die Erfahrung hat man auch in Bischofswerdas größtem Einkaufszentrum mit Adler Orange und Rewe gemacht. Dort gibt es eine Toilette für beide Läden, gut erreichbar zu den jeweiligen Öffnungszeiten. Seit dem letzten Umbau liegt die Toilette allerdings so, dass sie für das Personal schlecht einsehbar ist. Aus Sicherheitsgründen wurde deswegen das Schlüsselsystem eingeführt. Den Schlüssel gibt es an den Kassen. Er muss zurückgebracht werden. Schlechte Erfahrungen, die das Vorgehen mit eingeschränkter Öffentlichkeit rechtfertigen, habe man hier auch gemacht, sagt die Leiterin von Adler Orange, Corina Weßollek. (mit SZ/ir)