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Aus für Leiharbeiter bei Bombardier in Görlitz

Die Befürchtungen sind wahr geworden: Bombardier braucht kaum noch Zeitarbeiter. OB Deinege will weiter verhandeln.

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© Archivfoto: Nikolai Schmidt

Von Daniela Pfeiffer und Sebastian Beutler

Görlitz. Gebangt hatten sie schon lange, seit Mittwoch haben etliche Leiharbeiter im Görlitzer Waggonbau Gewissheit: Bombardier benötigt die meisten von ihnen ab 30. April nicht mehr. Nach SZ-Informationen wurden 220 Leiharbeiter abgemeldet, die alle über die Zeitarbeitsfirma Manpower beschäftigt waren. Viele haben dazu gleich die Kündigung bekommen, andere können noch hoffen, zumindest über die Leiharbeitsfirma weiter angestellt zu sein. Etwa 150 Betroffene soll es beim Innenausbau geben, 40 werden aus der Teilefertigung abgezogen. Die, die bleiben können, um die Aufträge abzuarbeiten – vor allem Schweißer – seien zunächst auch nur um einen Monat verlängert worden. Seit der Versammlung herrsche unter den Leiharbeitern Ungewissheit und Ratlosigkeit.

Manpower ließ eine kurzfristige Anfrage gestern unbeantwortet. Auch Bombardier-Sprecher Andreas Dienemann nahm zu den Zahlen gestern nicht Stellung, versicherte aber, dass Bombardier sich „sozial verantwortlich“ um die Leiharbeiter kümmere. So helfe das Unternehmen frühzeitig dabei, Brücken zu einem Anschlussjob zu bauen und verwies auf die Jobmesse, die es im Januar im Werk gegeben hatte.

Hilfe haben in den vergangenen Tagen und Wochen Leiharbeiter vermehrt bei der aus ihren Reihen heraus gegründeten Initiative „Zukunftsschiene“ gesucht. Eine Gruppe Leiharbeiter stellt hier Kontakte zu Unternehmen aus der Region her, unter denen das Interesse zunehmend wachse. Zudem beantwortet die Initiative Fragen, die den Kollegen unter den Nägeln brennen und führt mittlerweile sogar Gespräche mit Deutschland-Chef Michael Fohrer. Noch vor Kurzem hatte die Initiative auf die Situation der Leiharbeiter aufmerksam gemacht, gehofft, dass es nicht zu dieser großen Entlassungswelle kommt. Vergeblich. Auch die Gewerkschaften und der Betriebsrat haben nur wenig Möglichkeiten, für die Leiharbeiter zu kämpfen. Andererseits hatten die Vertreter der Arbeitnehmer in Berlin dem Standortkonzept von Bombardier zugestimmt. Es sieht vor, in Görlitz künftig nur noch Wagenkästen zu bauen. Der Innenausbau erfolgt in dem Werk Bautzen, das dafür weitgehend die Straßenbahnproduktion an das Wiener Werk verliert. Die SZ hatte über diese Zukunftsvision von Bombardier erstmals im November 2015 berichtet. Damals ging es zwar noch um die Bildung eines Zentrums für Schienenfahrzeuge aus den Standorten Bautzen und Görlitz. Das ist nun vom Tisch. Aber die Arbeitsteilung des Zentrums sah schon seinerzeit vor, dass sich die Görlitzer künftig auf den Rohbau der Wagen konzentrieren sollen, Bautzen auf den Innenausbau. Bombardier dementierte damals den Bericht, nun kommt es so – trotz aller Bemühungen der Politik, Görlitz nicht zur verlängerten Werkbank zu degradieren. So bewertete jedenfalls der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege in dieser Woche vor Journalisten die Pläne des Schienenfahrzeugproduzenten für Görlitz. Deinege schloss sich der Forderung der IG Metall in Ostsachsen an, die Nachverhandlungen für Görlitz ins Spiel gebracht hatte. Allerdings ist die Position der beiden schwach, denn Bombardier hat sein Standortkonzept in Abstimmung mit den Gewerkschaften und dem Gesamtbetriebsrat erstellt und beschlossen. Ob das Unternehmen sich vor diesem Hintergrund auf Nachverhandlungen einlässt, ist mehr als fraglich. Deinege sieht noch eine Chance für den Fall, dass nicht genügend Bestellungen für Wagenkästen vorliegen oder beispielsweise die Schweizerischen Bundesbahnen weitere Doppelstockzüge für die neuen Städteexpress-Verbindungen bestellt.