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Aus für B-169-Umgehung

Jahrelang war dem Bund die Straße um Gröditz wichtig, nun spielt sie gar keine Rolle mehr. Das ärgert die Stadt.

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© Sebastian Schultz

Von Eric Weser

Gröditz. Für Sportler ist es ein bitterer Moment, wenn sie die Qualifikation für einen wichtigen Wettbewerb nicht schaffen. Besonders dann, wenn sie früher vorn dabei waren in ihrem Sport. Ein bisschen so muss es sich für Gröditz anfühlen bei der B-169-Ortsumgehung. Denn das seit den frühen 1990ern diskutierte Straßenbau-Vorhaben ist – nachdem es jahrelang vom Bund als wichtig eingestuft worden war – auf einmal überhaupt nicht mehr von Belang. „Was soll man da sagen? Da fehlen einem die Worte“, kommentiert das Gröditzer Stadtoberhaupt Jochen Reinicke (parteilos).

Reinickes Verärgerung verwundert kaum. Denn für die Gröditzer Umgehung bedeutet die jüngste Entscheidung des Bundes die größtmögliche Herabstufung. Blickt man auf den aktuellen Entwurf des Bundesverkehrswegeplans, der die Prioritäten für die Planungen und Umsetzungen von Autobahn- und Bundesstraßen-Projekten festlegt, findet sich das Gröditzer Vorhaben nicht mal mehr in einer geringen Prioritätsstufe. Es ist schlicht gar nicht mehr in den Plänen des Bundes vertreten.

Erhofft hatte man sich etwas ganz anderes. Schließlich rangierte die Röderstadt mit ihrer Umgehung noch im letzten Bundesverkehrswegeplan von 2003 im „vordringlichen Bedarf“ – also auf einer Stufe, die eine Planung und Realisierung durchaus zulässt, wenn das Geld verfügbar ist.

Als dann 2013 die Anmeldung von Straßenbauprojekten für einen neuen Bundesverkehrswegeplan anstand, schickte Sachsen die Gröditzer Umgehung auch wieder als eins von zig Wunsch-Projekten ans Bundesverkehrsministerium nach Berlin. Mit einem Brief an Minister Alexander Dobrindt (CDU) warben der Gröditzer Bürgermeister und sein Amtskollege aus Elsterwerda 2015 noch einmal dafür, die Umfahrungen ihrer Städte als „vordringlich“ einzustufen. Bei den Elsterwerdaer Projekten hat das geklappt. Beim Gröditzer nicht.

Sachsens Verkehrsministerium findet die Absage des Bundes an die Gröditzer Umgehung und zwölf weitere Straßenbauprojekte im Freistaat unterdessen „akzeptabel“, da „die Zeit über diese Projekte hinweg gegangen ist.“ Was zumindest Stadtchef Reinicke etwas anders sieht. Zwar sei seine Stadt kein Nadelöhr. Aber die schnelle Erreichbarkeit sicherzustellen, sei immer ein Ziel gewesen. „Und Gröditz war auch immer vorn dran.“ Trotz der jüngsten Entscheidung des Bundes wolle er weiter dran bleiben an dem Thema, so Reinicke. Das letzte Wort sei in Sachen Umgehung noch nicht gesprochen.

Aber es gibt auch Gröditzer Stimmen, die von der Bundes-Entscheidung nicht sonderlich überrascht sind. Der Fraktionschef der Linken im Stadtrat, Ulrich Keil, zum Beispiel. Schon als Mitte der 1990er die B 169-Ortsdurchfahrt grundhaft ausgebaut wurde, sei den Gröditzern gesagt worden, dass dadurch die Chancen auf eine Umgehung schwinden würden, meint er. Anders als im engen Strehla (B 182) oder im viel befahrenen Glaubitz (B 98) fehle in Gröditz auch der Leidensdruck, findet der Linke. „Wir haben sicherlich weniger Verkehr und auch Ampeln und Radwege, die für Sicherheit an der Bundesstraße sorgen.“ Keil meint zudem, es sei nach dem jahrelangen Bauen im Osten jetzt wichtiger, Straßen und Brücken in den alten Ländern zu bauen. Dort sei die Infrastruktur teils arg reparaturbedürftig.