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Aus der Feilenfabrik wird ein Rot-Kreuz-Zentrum

Das Freitaler DRK investiert in seine Zukunft – mit Möbelhalle, Kurzzeitpflege und Rettungsschule.

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© Andreas Weihs

Von Thomas Morgenroth

Freital. In der Abteilung Bau des Berufsausbildungszentrums in der Feilenfabrik in Deuben herrscht geschäftiges Treiben. „Gibt’s dafür auch Bügel?“, fragt Ilona Kirste und hält eine graue Damenhose in die Höhe. „Ja“, ruft Monika Türke, die an einem Ständer Winterjacken in allen Größen und Farben aufhängt. Obwohl das Schild über der Tür noch anderes verheißt, lernen in der zweigeteilten Halle keine Jugendlichen mehr den fachgerechten Umgang mit Kelle, Mörtel und Ziegelsteinen. Stattdessen sortieren dort Frauen Kleidungsstücke, von der Socke bis zur Weihnachtsmannmütze, und füllen Regale mit Krimis oder Kaffeetassen. Einige Männer tragen Schränke und Elektroherde herein.

Das DRK hat das denkmalgeschützte Ensemble im Sommer nach der Insolvenz des dort seit 1993 ansässigen Berufsausbildungszentrums gekauft.
Das DRK hat das denkmalgeschützte Ensemble im Sommer nach der Insolvenz des dort seit 1993 ansässigen Berufsausbildungszentrums gekauft. © Andreas Weihs

Am Montag wird in der einstigen Härterei das Gebrauchtwarenhaus des DRK eröffnet, das sich noch bis Freitag in gemieteten Räumen in der Egermühle befindet. In der Feilenfabrik muss die Soziale Dienste gGmbH für ihre Möbelhalle keine Miete mehr bezahlen. Das denkmalgeschützte Ensemble, in dem das Berufsausbildungszentrum (BAZ) 23 Jahre lang Jugendliche auf ihrem Weg zu einem Berufsabschluss begleitet hat, gehört seit Sommer dem Kreisverband Freital des Deutschen Roten Kreuzes. „Wir haben es vom Insolvenzverwalter gekauft“, sagt Vorstandsmitglied Ralf Schindler, „mit allem Inventar.“ Zum Preis will er sich nicht äußern. Der 50-Jährige, der aus eigener familiärer Erfahrung weiß, dass manche Kinder besonders gefördert werden müssen, bedauert ausdrücklich, dass es die überbetriebliche Ausbildungsstätte nicht mehr gibt.

Reparaturen stehen an

So schwingt ein wenig Wehmut mit, wenn Schindler bei einem Rundgang die mit Material und Werkzeugen vollgestopfte Tischlerei zeigt, das Computerkabinett, in dem noch zwanzig Rechner mit Bildschirmen stehen, die kreative Werkstatt oder die Floristikabteilung, wo reihenweise Pflanzen ums Überleben kämpfen. In einem Büro liegt noch alles so da, wie es am letzten Arbeitstag vor einem halben Jahr zurückgelassen wurde: Stifte, Notizzettel, Büroklammern, Arbeitssachen – und eine kleine Tüte mit Gummibärchen. „Als wäre jemand gestorben“, sagt Schindler.

Aber jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne. So ist der Erwerb des vom BAZ grundhaft sanierten Anwesens, in dem bis 1991 Feilen hergestellt wurden, für das DRK ein Glücksfall. „Wir brauchen dringend Platz“, sagt Schindler. Den gibt es in der historischen Industrieanlage, die sich auf einem 7 000 Quadratmeter großen Grundstück entlang der Weißeritz ausbreitet und in mehreren Gebäuden über insgesamt rund 3 500 Quadratmeter Nutzfläche verfügt. Mindestens 300 000 Euro, sagt Schindler, will das DRK in das künftige Rot-Kreuz-Zentrum „Alte Feilenfabrik“ investieren. Das Geld fließt in Reparaturen, Umbauten und Technik, geplant vom Freitaler Ingenieurbüro Fischer und ausgeführt von heimischen Handwerkern.

Neben dem Gebrauchtwarenhaus, für das etwa 1 000 Quadratmeter Fläche vorgesehen sind, wird die Feilenfabrik für weitere Geschäftsbereiche des DRK genutzt, das mit insgesamt 800 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber der Region ist. So wird im Obergeschoss der neue Verwaltungssitz für die Seniorenwohnpark gGmbH eingerichtet, die mit ihren Büros bisher in der Burgwartstraße zwei Wohnungen blockierte. „Die werden dann frei und können wieder ihrem Zweck entsprechend genutzt werden“, sagt Schindler.

Sicher vor der Flut

Für die 400 Wohnungen, die das DRK in Freital, Bannewitz, Herzogswalde und Dresden vermietet und betreut, aber auch weitere Objekte des gemeinnützigen Unternehmens, sind insgesamt fünf Hausmeister zuständig. Die Männer bekommen nun in der Feilenfabrik erstmals eine Zentrale, einen Bauhof mit Werkstatt, Garagen, Materiallager, Aufenthaltsraum und Umkleideraum mit Duschen. „Dann haben wir endlich einen Ort, wo wir früh unsere Absprachen treffen können“, freut sich Ulrich Thomas. „Und wir wissen immer, wo wir unsere Technik finden.“

In einem Teil des Haupthauses soll eine Kurzzeitpflege mit 24 Plätzen eingerichtet werden – mit einem extra breiten Fahrstuhl ins Obergeschoss. „Falls mal wieder eine Flut kommt, können wir so Geräte und Mobiliar ins Trockene bringen“, sagt Schindler. Im August 2002 stand die Weißeritz 2,14 Meter hoch im Gebäude, wie auf einer blauen Markierung zu lesen ist.

Die Schulungsräume liegen unter dem Dach und sind eher nicht gefährdet. Dort will Schindler eine sogenannte Sanarena einrichten, eine Rettungsschule zur Ausbildung des eigenen Personals und von Helfern aus Betrieben: „Eine Zertifizierung können wir hier locker erreichen.“

Weniger konkret sind die Pläne für die einstige Lehrküche, die aber zunächst erhalten bleiben soll. „Wir denken über eine Vermietung nach“, sagt Schindler. Aus seiner Sicht könnte sich das lohnen: Er geht von 50 bis 60 Personen aus, die sich künftig täglich im Objekt aufhalten. Ganz abgesehen von den Gästen, die zum Beispiel im Gebrauchtwarenhaus einkaufen gehen.