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Augusts neue Ritterspiele

Der sächsische Kurfürst liebte das Kräftemessen auf dem Turnierplatz. Jetzt berichtet eine Ausstellung im Schloss dazu.

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Von Monika Dänhardt

Was muss für ein Trubel gewesen sein, als der Altmarkt vor über 450 Jahren auch Turnierplatz war. Adel und Volk durfte dabei sein, wenn sich Ritter gegenseitig aus dem Sattel hoben. Ein Gemälde hielt eins dieser Turniere fest: das Rennen des Herzogs August von Sachsen mit Fabian von Schöneich 1545. Dazu steht geschrieben: „Ein Rennen gethan mit Herren Fabian von Schöneich der ist mitsambt den Gaul über einen Haufen gefallen Anno 1545 zu Dresden“. Bei dem Turnier war Herzog August von Sachsen (1526–1586) – nicht zu verwechseln mit August dem Starken (1670–1733) – 19, und sein Bruder Moritz regierte das Land. Die Liebe für Turnierkämpfe behielt August bei, als er 1553 Kurfürst wurde, weil Moritz in der Schlacht bei Sievershausen gefallen war, ohne männliche Erben zu hinterlassen.

Nach dem Gemälde von Heinrich Göding d. Ä. wurde die obige Turnierszene nachgestaltet.Foto: Staatliche Kunstsammlungen
Nach dem Gemälde von Heinrich Göding d. Ä. wurde die obige Turnierszene nachgestaltet.Foto: Staatliche Kunstsammlungen

In „Deutsche Turniere und Plattner“ schreibt der Autor Cornelius Gurlitt 1889: „Kurfürst Auguts rannte 1544 bis 1566, also im Alter von 18 und 40 Jahren 55-mal in feierlichen Turnieren, wobei die nicht öffentlichen vielleicht noch viel zahlreicheren Stechen gar nicht mit gezählt sind.“ Acht Monate lang hat Cornelius Gurlitt für sein Buch im königlich-sächsischen Hauptstaatsarchiv und dem mit diesem verbundenen Finanzarchiv, im königlich-sächsischen Oberhofmarschallamt, im Dresdner Ratsarchiv und im königlich-sächsischen Museum zu Dresden über sächsisches Turnierwesen recherchiert. Er las in Turnierbüchern und Chroniken, betrachtete Turnierbilder.

Cornelius Gurlitt beschreibt nach diesen Studien die Turnierszenen genau. So bekommt auch das Geschehen auf dem Altmarkt ein Bild. Befand sich die Bahn wie hier im Freien, „wurde sie durch einen starken Zaun umschlossen, hinter welchem die Zuschauer standen, die sich auch in den benachbarten Häusern befanden. Namentlich den Frauen wurden bevorzugte Plätze eingeräumt.“ Die Turniere verfolgten Adlige ebenso wie Männer, Frauen und Kinder aus dem Volk. Wachen sorgten dafür, „daß aller muttwilliger Unfugk verhütet werde.“ Sicher ging mancher Aufschrei durch die Massen, wenn, was Zweck des Ganzen war, einer der Ritter zu Boden ging. Manchmal ist er „hinter dem Gaul herabgerutscht“, oder er „that einen Fall“. Dann war der Sturz heftig. Trotzdem, so belegen es die Turnierbücher, blieben meist größere Unfälle aus. Es gab hier und da eine „Omacht“, doch erholten sich die Gestürzten meist schnell wieder. Eine starke Wattierung, ein weicher Boden und die Ritterrüstungen bewahrten sie vor größerem Schaden.

Ein Turnier war zu dieser Zeit kein Duell. Es ging um Geschicklichkeit, Gewandtheit, Stärke, aber niemals darum, den Gegner ernsthaft zu verletzten, gar zu töten. „Zunächst muß festgestellt werden, daß ich keinen Fall kenne, in welchem Turniere als Ernstkampf aufgefasst wurden“, schreibt Gurlitt. „Die Fürsten jener Zeit rannten scharf mit den Gästen ihres Hauses. Man that sich gegenseitig eine Ehre an, indem man zum Turnier gegenseitig aufritt.“ Die Fürsten rannten, um „ihre Übung und Ausdauer in den Waffen, ihre Kraft und ihren Mut zu beweisen.“

Die Zeit der Turniere als „Mittel zum Zweck der besseren Übung zum Kampf“ war Anfang des 16. Jahrhunderts vorbei. Der glorreiche Kampf der Ritter im Kriege war zu Ende, als „in den Schlachten das Feuergewehr krachte“. Turniere wurden nun „mehr und mehr zum ritterlichen Spiel“. Entsprechend prächtig war auch die Ausstattung. So kämpfte Herzog August von Sachsen 1545 auf dem Altmarkt auf einem Pferd mit schwarzer Decke. Auf dieser prangten neben Augusts gespiegelten Initialen Sonne und Mond. August hatte eine Vorliebe für Astrologie. Sein Gegner ließ seine Pferdedecke mit Eichenlaub und Eichen verzieren. Hier stand der Name Pate: von Schöneich.

Ob bei dem Scharfrennen auf dem Altmarkt zwischen Herzog August von Sachsen und Fabian von Schöneich die Pferde durchgegangen sind, ist nicht belegt. Doch sie waren der größte Gefahrenpunkt beim Turnier. Cornelius Gurlitt: „In sein Gelieger gehüllt, belastet vom Gewicht des Reiters und seines gegen 100 Kilo schweren ,Zeuges‘, umgeben von der Menge der anderen Gerüsteten, Beschäftigten, beim Dröhnen der Trompeten, Klingeln des Schellengeläuts an seinem Hals, Klappern der Eisenschaftungen, konnte es nicht fehlen, dass die Gäule ,nit woll zugehen wollen‘.“ Da konnte es schon mal vorkommen, dass ein Turnier abgebrochen werden musste. Kurfürst August erlebte dies beispielsweise bei einem Rennen zur Fastnacht 1553. Es konnte nicht entschieden werden, da Augusts Pferd so tobte, „das sy das rennen ohne trefliche gefahr nit haben volbringen können“.

Eine völlig gefahrfreie Begegnung mit August auf seinem Pferd ist ab nächste Woche möglich. Das Gemälde des Turniers von Herzog August von Sachsen mit Fabian von Schöneich auf dem Altmarkt 1545 diente als Vorlage für die Installation einer Rennergruppe. Die Turnierszene gehört zu den rund 350 Exponaten der Präsentation von Turnierwesen und Prunkwaffen aus der Rüstkammer, die ab dem 19. Februar im Riesensaal des Residenzschlosses Dresden zu sehen ist.

Rüstkammer im Riesensaal, Residenzschloss Dresden, Eröffnung am 19. Februar, dann täglich geöffnet von 10 bis 18 Uhr, dienstags geschlossen.