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Auguste fehlt

Weihnachtsmarkt in Coswig ist der weitreichendste im Kreis – von Kreyern bis zur Villa Teresa. Nur eine Nachricht betrübt vor allem die Kinder.

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© Arvid Müller

Von Peter Redlich

Coswig. Claus Hering kennt auf dem Coswiger Weihnachtsmarkt fast jeder. Der Gärtnermeister war bisher bei allen Märkten zwischen Wettinplatz und Rathaus dabei. Mindestens 15-mal, sagt er. Und fast immer hatte er ein besonderes Fräulein dabei: Weihnachtsgans Auguste. Dort, wo Auguste oder eine ihrer Flugenten-Schwestern im Gehege neben dem Mittelaltermarkt auftrat, bleiben die Kinder stehen. Nur in diesem Jahr wird es nichts mit Auguste, sagt Meister Hering. Die Vogelgrippengefahr verbietet ihr den Ausgang. Aber Weihnachtssterne, frisch aus der eigenen Gärtnerei und Aronia-Punsch vom Obstbauern Görnitz, das gibt es wieder am Hering-Stand.

Weihnachtsmarkt in Coswig heißt hier Sterneweihnacht. Nicht nur, weil der Name schön klingt. Es leuchtet auch so. Ordnungsamtsleiter Olaf Lier und Marktchefin Elvira Winter zeigen auf den riesigen Baum, der voller Sterne hängt. Nahezu alle Häuser rund um die Sterneweihnacht sind zudem farbig angestrahlt. „Das gibt dem Ganzen am Abend eine besonders schöne Weite“, sagt Lier und freut sich in der Vormittagssonne schon auf die Dämmerung.

Und noch eine freut sich: Frau Holle. In echt wird sie dieses Wochenende mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aktiv. Es soll trocken bleiben, so die Wetterfrösche. Aber an der Adler-Brauerei will die freundliche alte Dame dennoch die Betten aus dem Fenster schütteln, zur Freude der Kinder.

Gleich unter Frau Holle, am Mittelaltermarkt, wird es dagegen handfest. Doreen Lechel vom Verein Eysenkraut aus Senftenberg hat mehr oder weniger finstere Gesellen aus Senftenberg unter die Coswiger Sterne ins Ritterlager mitgebracht. Die wollen ihre Waffen zeigen und die Besucher auch selbst Hand anlegen lassen – etwa überm offenen Feuer in der Schmiede oder beim Kerzen-selber-ziehen.

Die guten Seelen vom Weihnachtsmarkt in Coswig sind in der Truppe von Florence Bendig. Kreativwerkstatt heißt die Gemeinschaft, in der sich Langzeitarbeitslose und Asylbewerber nützlich machen. Wer den Märchenwald mit seinen Steppkes bestaunt oder die Krippenfiguren unterhalb der Kirche, der darf ruhig daran denken, dass die Männer der Kreativwerkstatt das gesägt und bemalt haben. Genauso wie den Schmuck an vielen Hütten auf der Sterneweihnacht.

Zwischen Rathaus, Karrasburg und Wettinplatz ist das Zentrum vom Coswiger Weihnachtsmarkt. Wer dort alles besucht hat, muss aber noch lange nicht fertig sein. Künstlerisches, Märchen, Legenden, Puppenspiel, auch aus dem Böhmischen, verspricht die Villa Teresa im Ortsteil Kötitz an der Kötitzer Straße. 800 Meter weit ist der Weg von der Stadtmitte dorthin, hat Olaf Lier mit Google vermessen.

Weiter ist es zum Forsthaus Kreyern, das auch zu Coswig gehört und wo an diesem Sonnabend, aber eben nur Sonnabend, bis 15 Uhr, die Wildweihnacht stattfindet. Der Coswiger Marktvoigt kommt 10 Uhr zur Marktabnahme – im Kostüm. Zumeist besucht den Markt auch richtiger Adel mit Daniel von Sachsen. Schließlich ist sein Forstbetrieb gleich auf der anderen Straßenseite. Und Wildweihnacht heißt der kleine Markt ja auch deshalb, weil es hier so frisch wie selten Fleisch vom Hirsch und Wildschwein gibt, wie auch Weihnachtsbäume aus dem nahen Forst.

Einer, der auch alle Coswiger Weihnachtsmärkte mit erlebt hat, ist Olaf Püsch-mann. Der Gastwirt vom Forsthaus Coswig kann Geschichten aus den 15 Jahren erzählen. Von den 22 Grad minus, als den Besuchern die Nasen zufroren und der Glühwein schnell getrunken werden musste. Oder der Sturmweihnacht, als es den Schmuck von den Hütten riss. Schaschlik vom sächsischen Fleischer und handgesteckt will er als Besonderheit anbieten. Und vielleicht auch den Kindern von Auguste erzählen, die er all die anderen Jahre auf der Sterneweihnacht getroffen hat.