Merken

Auge in Auge mit Diana

Der Großenhainer OB lädt an diesem Sonnabend zum Fest 100 Jahre Großenhainer Dianabrunnen auf den Hauptmarkt ein. Danach öffnet im Rathaus eine Bilderausstellung zum Jubiläum.

Teilen
Folgen
© Klaus-Dieter Brühl

Großenhain. Bürgermeister Max Hotop ließ am 24. August 1916 im Großenhainer Tageblatt verkünden: „Wir haben vor einiger Zeit beschlossen, den uns vom Königlichen Kunstfonds geschenkten Marktbrunnen, dessen Enthüllung an und für sich als Feier des Friedensschlusses geplant war, im Hinblick auf die immer noch nicht absehbare Dauer des Krieges noch in diesem Sommer der Öffentlichkeit zu übergeben.“ Die glückliche Heimkehr eines Untersee-Handelsbootes namens Deutschland wurde zum Anlass genommen, „diesen Beschluss endlich zur Ausführung zu bringen.“ Für den 27. August mittags halb 12 war eine „schlichte, den Zeitverhältnissen angepasste Feierlichkeit“ angesetzt.

Großenhains Dianabrunnen

Diana im ersten Entwurf So sah ein Künstler das zukünftige Marktbrunnendenkmal und ließ schon 1903 diese Postkarten herstellen. Das Datum steht jedenfalls auf der Karte, die nach Paris geschickt wurde. Der Großenhainer Bernd Förster fand sie in einem Antiquariat in Wien! Tatsächlich hatte die Großenhainer Bürgerschaft jahrelang den Wunsch, einen Marktbrunnen zu errichten und ihrem Rathausvorplatz damit eine Zierde zu geben. Unter Bürgermeister Max Hotop wurden die Bemühungen ab 1912 konkret. Der sächsische Kunstfonds hatte für einen solchen Brunnen laut Großenhainer Tageblatt eine Beihilfe von 20 000 Mark zugesichert. Um geeignete Entwürfe zu erlangen, wurde ein öffentliches Preisausschreiben veranstaltet. Beim Akademischen Rat in Dresden waren 31 Entwürfe eingegangen und wurden bis 28. Februar 1912 in der Kunstakademie Dresden auf der Brühlschen Terrasse ausgestellt. Doch die abgebildete Jungfrau mit der Spindel hat nicht gewonnen. Den ersten Preis bekam der Entwurf des Bildhauers Oskar Rühm und des Baurates Schleinitz.
Diana im ersten Entwurf So sah ein Künstler das zukünftige Marktbrunnendenkmal und ließ schon 1903 diese Postkarten herstellen. Das Datum steht jedenfalls auf der Karte, die nach Paris geschickt wurde. Der Großenhainer Bernd Förster fand sie in einem Antiquariat in Wien! Tatsächlich hatte die Großenhainer Bürgerschaft jahrelang den Wunsch, einen Marktbrunnen zu errichten und ihrem Rathausvorplatz damit eine Zierde zu geben. Unter Bürgermeister Max Hotop wurden die Bemühungen ab 1912 konkret. Der sächsische Kunstfonds hatte für einen solchen Brunnen laut Großenhainer Tageblatt eine Beihilfe von 20 000 Mark zugesichert. Um geeignete Entwürfe zu erlangen, wurde ein öffentliches Preisausschreiben veranstaltet. Beim Akademischen Rat in Dresden waren 31 Entwürfe eingegangen und wurden bis 28. Februar 1912 in der Kunstakademie Dresden auf der Brühlschen Terrasse ausgestellt. Doch die abgebildete Jungfrau mit der Spindel hat nicht gewonnen. Den ersten Preis bekam der Entwurf des Bildhauers Oskar Rühm und des Baurates Schleinitz.
Die Scheibenschützen feiern Wir schreiben den 30. Juli 1933. Die 350-Jahrfeier der Privilegierten Scheibenschützen-Gesellschaft zu Großenhain 1583 findet auf dem Hauptmarkt, dem damaligen Adolf-Hitler-Platz, vor dem Dianabrunnen statt. Fahnen und Hüte prägen das Bild. Der Redner sieht Walter Ulbricht ähnlich. Damals gab es in Großenhain außerdem noch die Privilegierte Stahlbogenschützengesellschaft 1564 und die Freihandschützengesellschaft.
Die Scheibenschützen feiern Wir schreiben den 30. Juli 1933. Die 350-Jahrfeier der Privilegierten Scheibenschützen-Gesellschaft zu Großenhain 1583 findet auf dem Hauptmarkt, dem damaligen Adolf-Hitler-Platz, vor dem Dianabrunnen statt. Fahnen und Hüte prägen das Bild. Der Redner sieht Walter Ulbricht ähnlich. Damals gab es in Großenhain außerdem noch die Privilegierte Stahlbogenschützengesellschaft 1564 und die Freihandschützengesellschaft.
Stalin „schmückt“ Marktbrunnen Unter dem Straßennamen Marktgasse (r.) steht die Bezeichnung noch mal auf Russisch: Wir befinden uns in der Stalinära von 1945 bis 1953. Die russische Kommandantur regiert die Stadt. Der Dianabrunnen ist eingehaust, ein roter Stern prangt obendrauf. Dazu zwei Zeichen mit Sichel und Hammer. Und zwei rote Fahnen. Statt Jagdgöttin Diana ist der sowjetische Stalin „schmückt“ Marktbrunnen Führer Josef Stalin die bestimmende Figur. Statt der Hirsche liegen links und rechts zwei Kugeln aus Beton, die wohl die Vollendung des Kommunismus symbolisieren sollen. Die Hirschskulpturen konnten eingelagert werden. Zwei lange Zitate von Stalin und Molotow waren zu lesen. Im März 1952 war der Personenkult vorbei, die Hirsche kamen zurück, Diana wieder hervor.
Stalin „schmückt“ Marktbrunnen Unter dem Straßennamen Marktgasse (r.) steht die Bezeichnung noch mal auf Russisch: Wir befinden uns in der Stalinära von 1945 bis 1953. Die russische Kommandantur regiert die Stadt. Der Dianabrunnen ist eingehaust, ein roter Stern prangt obendrauf. Dazu zwei Zeichen mit Sichel und Hammer. Und zwei rote Fahnen. Statt Jagdgöttin Diana ist der sowjetische Stalin „schmückt“ Marktbrunnen Führer Josef Stalin die bestimmende Figur. Statt der Hirsche liegen links und rechts zwei Kugeln aus Beton, die wohl die Vollendung des Kommunismus symbolisieren sollen. Die Hirschskulpturen konnten eingelagert werden. Zwei lange Zitate von Stalin und Molotow waren zu lesen. Im März 1952 war der Personenkult vorbei, die Hirsche kamen zurück, Diana wieder hervor.
Ja, wo schwebt er hin? Hier hängt kein Fisch an der Angel, sondern ein Hirsch am Kran. Im November 1993 wurden die beiden Brunnenfiguren wieder an ihre Stelle gesetzt. Sie waren von der Firma Aust und Köckritz aus Frauendorf restauriert und poliert worden. Auch eine gestohlene Geweihstange wurde wieder angebracht. Dem Zwölfender soll die Seitenstange des Geweihs schon 1986 gestohlen worden sein. Das Metall ist eine besondere Legierung, es war nicht so einfach, einen neuen Abguss herzustellen. Bis zum Frühjahr 1994 wurde der gesamt Brunnen renoviert.
Ja, wo schwebt er hin? Hier hängt kein Fisch an der Angel, sondern ein Hirsch am Kran. Im November 1993 wurden die beiden Brunnenfiguren wieder an ihre Stelle gesetzt. Sie waren von der Firma Aust und Köckritz aus Frauendorf restauriert und poliert worden. Auch eine gestohlene Geweihstange wurde wieder angebracht. Dem Zwölfender soll die Seitenstange des Geweihs schon 1986 gestohlen worden sein. Das Metall ist eine besondere Legierung, es war nicht so einfach, einen neuen Abguss herzustellen. Bis zum Frühjahr 1994 wurde der gesamt Brunnen renoviert.
Ein Hirsch sitzt verkehrt Man muss schon genau hinschauen, um den „Fehler“ zu finden: Auf dieser Originalaufnahme sitzt der Linke von Dianas Brunnentieren verkehrt herum. Das ist keine Fotomontage, sondern 1984 tatsächlich so gewesen. Soldaten der NVA-Kaserne sollen die Bronzeskulptur verdreht haben, wahrscheinlich im Rausch. Fotograf Jürgen Frömmel hat das damals gesehen und der Stadt gemeldet. Daraufhin wurde der Hirsch wieder richtig herum gedreht. „Das ging ganz leicht“, erinnert sich der Fotograf, der vorher natürlich abdrückte.
Ein Hirsch sitzt verkehrt Man muss schon genau hinschauen, um den „Fehler“ zu finden: Auf dieser Originalaufnahme sitzt der Linke von Dianas Brunnentieren verkehrt herum. Das ist keine Fotomontage, sondern 1984 tatsächlich so gewesen. Soldaten der NVA-Kaserne sollen die Bronzeskulptur verdreht haben, wahrscheinlich im Rausch. Fotograf Jürgen Frömmel hat das damals gesehen und der Stadt gemeldet. Daraufhin wurde der Hirsch wieder richtig herum gedreht. „Das ging ganz leicht“, erinnert sich der Fotograf, der vorher natürlich abdrückte.
Vereidigung mit Panzer Der Großenhainer Brunnen war auch in der DDR-Kulisse für Machtdemonstration. Am 12. Mai 1972 fand eine öffentliche Vereidigung von neu einberufenen Soldaten des 16. Panzerregiments Leo Jogiches auf dem damaligen Karl-Marx-Platz statt. Die Waffen erhielten sie nach dem Schwur von Arbeitern aus der Kampfgruppe des Fortschrittskombinates. Hunderte Werktätige, Jugendliche und Pioniere wurden zu der Veranstaltung hinzuzitiert – es war ein Sonntag. Auf der Tribüne sitzen auch die Parteiveteranen: auf der rechten Seite mit weißem Schnauzbart Paul Schäfer und rechts daneben Richard Zöllner, Wilhelm Senftleben, Alfred Großmann und Paul Heinze. Außerdem Karl-Heinz Jäschke, damaliger Sekretär der SED-Kreisleitung. Die Ansprache hielt Gerhard Schwarzwalder, Parteisekretär im VEB Fortschrittkombinat. Auch ein Panzer war vor den Dianabrunnen gefahren.
Vereidigung mit Panzer Der Großenhainer Brunnen war auch in der DDR-Kulisse für Machtdemonstration. Am 12. Mai 1972 fand eine öffentliche Vereidigung von neu einberufenen Soldaten des 16. Panzerregiments Leo Jogiches auf dem damaligen Karl-Marx-Platz statt. Die Waffen erhielten sie nach dem Schwur von Arbeitern aus der Kampfgruppe des Fortschrittskombinates. Hunderte Werktätige, Jugendliche und Pioniere wurden zu der Veranstaltung hinzuzitiert – es war ein Sonntag. Auf der Tribüne sitzen auch die Parteiveteranen: auf der rechten Seite mit weißem Schnauzbart Paul Schäfer und rechts daneben Richard Zöllner, Wilhelm Senftleben, Alfred Großmann und Paul Heinze. Außerdem Karl-Heinz Jäschke, damaliger Sekretär der SED-Kreisleitung. Die Ansprache hielt Gerhard Schwarzwalder, Parteisekretär im VEB Fortschrittkombinat. Auch ein Panzer war vor den Dianabrunnen gefahren.

Nach dem Gesang eines Liedes sollte der Stadtbaumeister das Denkmal enthüllen und es dem Bürgermeister übergeben, der es „in Obhut und Bewahrung der Stadt übernimmt“. Nach einem weiteren Gesangsvortrag findet Platzmusik statt, hieß es. Die Einwohnerschaft wurde eingeladen und gebeten, „der Bedeutung, die dieses schöne Kunstwerk für unser Stadtbild hat, durch Beflaggen der Gebäude Ausdruck zu geben.“ Besondere Einladungen konnten „mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit“ nicht ergehen. „Wir bitten aber diejenigen hiesigen Vereine, welche an der Feier teilzunehmen beabsichtigen, und welche hiermit herzlichst dazu eingeladen sind, sich wegen Aufstellung auf dem Marktplatz mit Herrn Branddirektor Nitsche ins Einvernehmen setzen zu wollen“.

Von Bürgern der Stadt gestiftet

Wie das Tageblatt dann am 29. und 30. August berichtete, „hatten sich das Rathaus und viele andere Häuser festlich mit Fahnen geschmückt.“ Schon monatelang waren die Figuren des Brunnens von Brettern umgeben. Nun säumten schon in den Vormittagsstunden viele Schaulustige den Marktplatz. Gegen Mittag versammelten sich die Schüler der Bürgerschulen, der Bewerbeschule, der Handelsschule, der Realschule auf dem Hauptmarkt. „Hierzu gesellten sich die Fahnenabteilungen der Militärvereine, der Privilegierten Stahlbogenschützen und der Privilegierten Scheibenschützengesellschaft.“ An der Feier nahmen die Freiwillige Feuerwehr, Kommandos der Flieger-Ersatzabteilungen und des Husarenregiments teil.

Den Grundstock des Marktbrunnens stifteten einige Bürger der Stadt. Geschaffen wurde er aus den Mitteln des Kunstfonds aufgrund eines Preisausschreibens, welches der Königliche Akademische Rat zu Dresden veranstaltete. Das zeigt die Wertigkeit, die Großenhain damals genoss. Professor Rühm schuf die Brunnenfiguren, die Jagdgöttin Diana und ihre zwei Hirsche. Am Sockel des Brunnens befanden sich Bilder vom regierenden König Friedrich August und dessen Vorgänger König Albert. Diese sind nach 1945 entfernt worden. Die Ausführung des Brunnens wurde Baurat Schleinitz übertragen. Tiefbau und Wasserzuführung wurden vom städtischen Bauamt und städtischen Betriebsamt ausgeführt. Mit der Aufstellung des Brunnens wurde bereits am 22. Juni 1914 begonnen. Die Arbeiten wurden am 27. Februar 1915 beendet. Die Gesamtkosten der Stadt beliefen sich laut Tageblatt auf 15 500 Mark. Stadtbaumeister Schwerdtner enthüllte die Brunnenfiguren.

Der Hirsch war der Sage nach Jäger Aktäon. Er wurde von ihr zur Strafe dafür, dass er ihr beim Baden, als sie nackt war, verbotenerweise zugesehen hatte, verwandelt. Seine eigenen Jagdhunde sollen ihn hernach zerfleischt haben. So steht es bei Ovid in „Metamorphosen“ Drittes Buch, Aktäon. „Hier war’s, wo nach der Jagd die ermüdete Göttin der Wälder oft mit lauterem Tau jungfräuliche Glieder besprengte ...“

In Großenhain gab es sicher nicht zwei Jäger des zweiten Hirsches wegen. „Das kann dem Künstler als Bestreben nach Symmetrie und Harmonie in der Gestaltung angerechnet werden“, meint Forscher Klaus Hammerlik. Er hat auch herausgefunden, dass in der Zeit, als Diana und die Hirsche vor der Einweihung noch in einer Holzverkleidung verborgen waren, der wasserspeiende Faun in der Mitte der Konstruktion des Wasserbeckens schon zu sehen war.

Sinnbildlich Auge in Auge mit der Jagdgöttin waren bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges noch die Teilnehmer der Parforcejagden – Adlige und Fabrikanten, auch das sächsische Königshaus. Sie hatten sicher ihren Einfluss, dass eine Jagdgöttin auf den Großenhainer Brunnen kommt. Rund um die Kleinstadt ließ es sich gut jagen. Und die Jagdgesellschaften brachten den Großenhainer Gaststätten guten Umsatz. Unter anderem wurde Hetzwild aus dem Moritzburger Jagdrevier der Wettiner für die Parforcejagden zur Verfügung gestellt. Während seiner Dienstzeit bei den Großenhainer Husaren und auch in folgenden Jahren führte Friedrich August die Jagden des Clubs als „Master“ an.

In aller Welt

Damals nannte man das neue Großenhainer Wahrzeichen noch Marktbrunnen oder Zierbrunnen. Königsbrunnen oder Albertdenkmal. Heute hat sich Dianabrunnen durchgesetzt. Googelt man diesen Begriff, stellt sich heraus, dass mindestens noch in Suhl, Donaueschingen, München, Hildesheim und Wiesbaden Wasserspiele mit dem Namen der griechischen Jagdgöttin existieren. Es gibt in England auch einen Prinzessin-Diana-Gedenkbrunnen als Denkmal für Diana, Prinzessin von Wales. Es befindet sich im südwestlichen Bereich des Londoner Hyde Parks. Mit dem Dianabrunnen am Palazzo Reale im italienischen Caserta kann Großenhain allerdings nicht mithalten: Da wird Diana in hellem Sandstein von fast einem Dutzend anmutigen Jungfrauen in ebenso heller Ausführung umrahmt.

Aber der Wasserspeier auf dem Großenhainer Hauptmarkt hat trotzdem seine Fans. Hier sitzt man, um ein Eis zu schlecken, an heißen Tagen die Füße zu kühlen. Und die Kinder klettern natürlich auf die Hirsche. Deren Patina ist an den Sitzstellen schon blank geschabt. Zahlreiche solcher persönlichen Foto-Aufnahmen sind derzeit in der Großenhain-Information zu sehen – aus Anlass des Geburtstages. Die Stadt hatte dazu aufgerufen, Schnappschüsse einzureichen. Über 40 Aufnahmen hat das Rathaus bekommen, sagt Verantwortlicher Jörg Withulz. Etwa 20 Bilder, darunter auch historische Aufnahmen aus dem Stadtarchiv, sind nun gerahmt zu sehen. Die anderen laufen als Power-Point-Präsentation über den Bildschirm in der Großenhain-Information. Bis 15. November wird diese Schau gezeigt. Und es gibt auch ein kleines Rätsel. Gegebenenfalls wird die Ausstellung noch zum Weihnachtsmarkt zu sehen sein.